Ghāzī (Titel)

Ghāzī (Titel)

Ghāzī, manchmal auch Ghasi[1] (arabisch ‏غازي‎, DMG ġāzī ‚wer einen Kriegszug unternimmt, Angreifer, Eroberer‘) ist ursprünglich die Bezeichnung für einen muslimischen Krieger, der „auf dem Wege Gottes im Dschihad kämpft“: al-ġāzī fī sabīli ʾllāh und an einer Ghazwa (daher: Razzia) teilnimmt.

Es gilt im Islam als besonders verdienstvoll, als Ghāzī an Feldzügen gegen die Ungläubigen teilzunehmen; der Begriff wird in diesem Sinne allerdings nicht im Koran, sondern erst im Hadith, die in den kanonischen Traditionssammlungen vor allem in den Kapiteln über die Vorzüge des Dschihad erhalten sind, verwendet.[2] An den Grenzmarken zum byzantinischen Reich entstanden im späten 8. Jahrhundert die militärischen Festungen der Muslime: der Aufenthalt dort als Murābiṭ galt unter Gelehrten als eine tugendhafte Tat. Sie selbst werden im islamischen Schrifttum auch als Ghāzī bezeichnet: Al-Auzāʿī, sein Schüler Abū Ishāq al-Fazārī, die sich mit der Rechtthematik des Dschihad und der Siyar auseinandersetzten, waren nicht nur Theoretiker, sondern auch Kämpfer. Der Historiker Muhammad ibn Sa'd widmete in seinem Klassenbuch einen besonderen Abschnitt für diejenigen Gelehrten, die als Kämpfer an den Grenzmarken des islamischen Reiches (thaġr / thuġūr / ribāṭ) gewirkt haben.[3]

An der anatolischen Grenzlinie zwischen der christlichen und muslimischen Welt war Gazi ein Gegenbegriff zum byzantinischen Akritai.[4][5]

Später benutzte man den Begriff als islamischen Titel für Eroberer, Ritter, Herrscher. Die Begriffe gazi und ghazwa stammen aus Zeiten der türkischen Fürstentümer in Anatolien und spielten eine entscheidende Rolle bei der Gründung des osmanischen Reichs. Die mongolische Belagerung Anatoliens ab 1243 nach dem Sieg über die Rum-Seldschuken bei der Schlacht vom Köse Dağ sowie die christlichen Kreuzzüge hatten die islamische Welt in eine Existenzkrise gestürzt. Ein Äquivalent zum Gazi-Begriff war Alp.

Die damaligen byzantinischen Gegner der Gazi wurden akritai (Sing. akritas) genannt. Beide rekrutierten sich aus Söldnergruppen, welche häufig die Seiten wechselten. Die Überläufer wurden garib (Fremdlinge) genannt.

Der Titel Gazi wurde in der Regel wegen der Verdienste in einer Schlacht vergeben. Viele osmanische Sultane hatten den Beinamen Gazi.[6] Das Wort Gazi findet in der Türkei noch heute vielfache Verwendung um einen kulturell osmanischen Zusammenhang herzustellen, auch Kemal Atatürk bekam nach seinem Sieg über die Griechen den Ehrentitel Gazi verliehen.

Die Stadt Antep erhielt den Namenszusatz Gazi. Damit wurde ihre Rolle im Türkischen Befreiungskrieg gewürdigt. Häufig wird es auch im Sinne von Veteranen verwendet.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Der Grosse Brockhaus. 16. Ausgabe, Band 4, Eintrag Ghasa. F.A. Brockhaus, Wiesbaden 1963.
  2. A. J. Wensinck, J. P. Mensing et alii: Concordance et Indices de la Tradition Musulmane. Brill, Leiden. 1962. Band 4, S. 488-489 (s. n. ġāzin)
  3. Ibn Saad: Biographien... Bd. VII/2. (Hrsg. Eduard Sachau). Brill, Leiden 1918. S. 185. S. XLIX: Zusammenfassung auf Deutsch)
  4. I. Mélikoff Ghāzī in The Encyclopaedia of Islam. New Edition - In this zone where the Ghazis were fighting against the akritai, guardians of the Byzantine frontiers who were themselves often recruited from among Turkish mercenaries [...]
  5. Elizabeth A. Zachariadou Udj in The Encyclopaedia of Islam. New Edition - In mediaeval Eastern Anatolia, those entrusted with the defence of the marches, in which they were established, were called ékrḪtai on the Byzantine side and ghāzīs [q.v.] on the Muslim one.
  6. Halil İnalcık Devlet-i Aliyye - Osmanlı İmparatorluğu Üzerine Araştırmalar 1 - Klasik Dönem (1302-1606), S.25 - Osmanlı sultanları son padişaha kadar gazi ünvanını en başta tercih ettikleri bir ünvan olarak kullanmışlardır.

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