Grafschaftsdenkmal

Grafschaftsdenkmal
52.09638.5215
Das Grafschaftsdenkmal in Jöllenbeck.

Das Grafschaftsdenkmal (im Volksmund Adlerdenkmal) ist ein Denkmal im Bielefelder Stadtteil Jöllenbeck. Es wurde am 16. Juli 1909 enthüllt und sollte an die 300jährige Zugehörigkeit der Grafschaft Ravensberg zu Brandenburg-Preußen und zum Haus Hohenzollern erinnern. Noch heute gilt es als Wahrzeichen von Jöllenbeck.

Das Denkmal liegt zentral an einem Verkehrsknotenpunkt (Kreisverkehr) in Jöllenbeck. Die benachbarte Bushaltestelle heißt Adlerdenkmal, ein Nachbarhaus beherbergte früher die Adler-Apotheke.

Die Errichtung des Denkmals 1909 wird als Ausdruck des Zeitgeistes („Mit Gott für König und Vaterland“) und eines „aktiven Jöllenbecker Konservatismus“ gesehen.[1]

Geschichte

Die Grafschaft Ravensberg gehörte seit 1609 zu Brandenburg-Preußen.

Der Jöllenbecker Bauer Gustav Meyer zu Jöllenbeck setzte sich ab 1897 dagegen ein, den Tieplatz in Niederjöllenbeck – von dem man annahm, dass dort die Stände dem Landesherren gehuldigt hätten und Versammlungen des Landtags durchgeführt worden wären – zu verkaufen. Zu Fragen der würdigen Gestaltung des Tieplatzes stand er mit seinem Vetter, dem Künstler Heinrich Wefing, in Verbindung. Wefing wurde später die Gestaltung von Tiestein und Grafschaftsdenkmal aufgetragen. Mit Unterstützung des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg initiierte Meyer zu Jöllenbeck im Juni 1908 eine Bürgerversammlung, auf der die Errichtung eines Denkmals zur Erinnerung an die 300jährige Zugehörigkeit zu Brandenburg-Preußen beschlossen wurde. Bei einer Ortsbegehung mit dem Regierungspräsidenten Francis Kruse wurde Ende Juli 1908 festgelegt, wie der Tieplatz zu gestalten sei und dass das eigentliche Denkmal im ehemaligen Kantorgarten, an dem sich die Kreisstraßen nach Herford, Schildesche und Spenge trafen, zu errichten sei.

Die Baukosten wurden auf 6.000 Mark geschätzt. Jöllenbecker Bürger führten Sammlungen durch und der Regierungspräsident Kruse schrieb die Bürgermeister, Landräte und Amtmänner der Grafschaft an und forderte zur Beteiligung an den Kosten auf. Sogar ein ehemaliger Jöllenbecker, der in Deutsch-Südwestafrika eine Farm betrieb, spendete. Die Gemeinde Jöllenbeck kaufte den Kantorgarten, der als Bauplatz eingeebnet wurde. Auf das eineinhalb Meter tiefe Fundament wurde ein 245 Zentner schwerer Granitblock gesetzt, auf diesen der siebeneinhalb Zentner schwere Adler. Der Apotheker Carl Upmann schrieb in seiner Festschrift zur Einweihung des Denkmals: „Fertig steht das Denkmal nunmehr da, einfach in seiner Ausführung und Form, wirksam durch seine wuchtige Masse.“[2]

In der Vorbereitung der festlichen Eröffnung wurde erheblicher Aufwand betrieben. Ganz Jöllenbeck wurde mit Girlanden und Flaggen geschmückt. In vielen Hecken steckten kleine Fähnchen, zahlreiche Schilder mit Wappen (Ravensberger Sparren, Westfälisches Pferd oder Preußischer Adler) wurden aufgestellt. Neben dem Festbuch des Apothekers Upmann erschien Minden-Ravensberg unter der Herrschaft der Hohenzollern; Festschrift zur Erinnerung an die dreihundertjährige Zugehörigkeit der Grafschaft Ravensberg zum brandenburg-preußischen Staate des Minden-Ravensbergischen Hauptvereins für Heimatschutz und Denkmalpflege. Die Bielefelder Kreisbahnen legten einen Sonderfahrplan auf, um die vielen auswärtigen Besucher nach Jöllenbeck zu bringen.

Schätzungen der Zahl der Besucher des Festtages am 16. Juli 1909 liegen zwischen 15.000 und 60.000 Personen. Von der Zahl der Teilnehmer her war dies das größte gesellschaftliche Ereignis in der 800jährigen Geschichte Jöllenbecks.[3] Bei der Weihe des Denkmals hielt der Landrat Karl Eduard Friedrich Wilhelm von Ditfurth eine Rede, in der er die Entwicklung Ravensberg in den zurückliegenden 300 Jahren beschrieb. Wegen sehr schlechten Wetters mussten die weiteren Feierlichkeiten auf den 24. Juli 1909, an dem es ebenfalls Regengüsse gab, verschoben werden. Auf dem Hof Upmeier zu Belzen wurde ein Volksfest gefeiert, bei dem erstmals in Jöllenbeck ein Platz mit elektrischem Licht ausgeleuchtet wurde. Es gab historische Darstellungen, Darbietungen der Turnkunst durch Turnvereine und Schülergruppen, Gesangseinlagen der Gesangsvereine und geistliche Musik des Posaunenchors. Der Hof war auch Start- und Zielpunkt[4] des historischen Festzuges, für den wochenlang geprobt worden war. Insgesamt 43 Gruppen stellten Szenen aus der Vergangenheit Ravensbergs, der Heimarbeit und der Gegenwart dar.

Literatur

  • Horst Ulrich Fuhrmann: Jöllenbeck. Heimat im Wandel der Zeit. Bielefeld 1991 ISBN 3-928232-02-9 S. 373–377

Einzelnachweise

  1. Horst Ulrich Fuhrmann: Jöllenbeck. Heimat im Wandel der Zeit. Bielefeld 1991 ISBN 3-928232-02-9 S. 373 u. 374
  2. Carl Upmann: Festschrift zur Einweihung des Landesdenkmals. Jöllenbeck 1909, S. 26; zitiert nach Horst Ulrich Fuhrmann: Jöllenbeck. Heimat im Wandel der Zeit. Bielefeld 1991 ISBN 3-928232-02-9 S. 375
  3. Horst Ulrich Fuhrmann: Jöllenbeck. Heimat im Wandel der Zeit. Bielefeld 1991 ISBN 3-928232-02-9 S. 373
  4. Geschichte des Hofes Upmeier zu Belzen bei uphof.de; abgerufen am 11. September 2011

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