gustaf-nagel-Areal

gustaf-nagel-Areal
Pforte und Aufgang zur Kurhalle
gustaf nagel, um 1902

Als gustaf-nagel-Areal wird ein Gebiet am Südufer des Arendsees in Sachsen-Anhalt bezeichnet. Das zur Stadt Arendsee gehörende Gelände war langjährig die Wirkungsstätte des Lebensreformers gustaf nagel (1874–1952). Einige der von ihm errichteten Bauwerke sind in Resten vorhanden. gustaf nagel wirkte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von hier aus als Wanderprediger. Er trat für ein naturnaheres Leben ein, war überzeugter Vegetarier und propagierte auch eine veränderte Orthographie.

Inhaltsverzeichnis

Bauwerke

Gänzlich erhalten ist die sogenannte Kurhalle, die um 1930 auf dem Steilufer des Sees entstanden war. Die polygonale Halle wurde aus Backstein errichtet. Die Kantensäulen sind expressionistisch gestaltet und aus Beton gefertigt. Zur Kurhalle führt ein Aufstieg durch eine kleine Pforte, die gleichfalls auf die Zeit nagels zurückgeht.

Lediglich in geringen Resten ist der zwischen 1917 und 1930 entstandene, unmittelbar am Ufer des Sees gelegene Seetempel erhalten. Hierzu gehörte auch die sogenannte Tempelgrotte. Besser erhalten ist die 1928 für die Mutter gustav nagels, Luise, angelegte Gedenknische.

Architektonisch gilt das Ensemble als interessantes frühes Beispiel organischer Kleinarchitektur.[1]

Geschichte

gustav nagel pachtete im Sommer 1903 zunächst unweit der Gärtnerei Pengel zwei Morgen Sandland, um dort ein Kneippbad einzurichten. Umgeben von einem Bretterzaun entstanden so ein Sonnen- und Brausebad, eine Liegewiese, eine Holzbaracke, mehrere Zelte, ein Taubenschlag, ein Reck und mehrere Schaukeln. In einem der Zelte stand ein Billardtisch. Es kam häufig zu Auseinandersetzungen mit der örtlichen Bevölkerung, die nagel wegen einer als unmoralisch kritisierten Lebensweise anzeigten. Mehrmals kam es zu einer Zerstörung der Anlage.

1907 verließ nagel Arendsee und siedelte sich in Mardorf am Steinhuder Meer an, kehrte jedoch 1910 nach Arendsee zurück. Am 10. Juli 1910 fand für das Seegrundstück eine Einweihungsfeier statt. Zunächst hatte er ein sogenanntes Seemannsgrab errichtet. Es war von einem Zaun aus Birkenstämmen umgeben und bestand aus Kreuz, Herz und Anker als Symbole für Glaube, Liebe und Hoffnung. nagel kaufte das Seegrundstück von der Stadt Arendsee und gestaltete das Gelände nach seinen Vorstellungen zu einem Paradiesgarten. Er errichtete ein Harmoniumhaus, in dem das Harmonium gespielt wurde. Ein weiteres Gebäude dicht am Seeufer war das Schwanenhäuschen. Der Seetempel ruhte auf sieben Phallussäulen. Die Fenster waren mit unterschiedlich gefärbten Gläsern verglast. Die Eintritt bezahlenden Besucher sollten in mehreren Farben auf den See blicken können. Unter dem Tempel befand sich die Tempelgrotte. Gebaut worden war sie aus Beton, Schlacke, Muschelkalk und Felsbrocken. Rechts in der Grotte befand sich eine Darstellung des Kopfes von Bismarck. Darüber befand sich die Inschrift fürchtet got. Links war das ewige Feuer mit roten gezackten, von Holzkohlestücken umgebenen Blechstreifen dargestellt. Darüber waren mehrere Engelsköpfe angebracht, darunter stand die Inschrift sei deutsch.

1929 begann er mit dem Bau der Kurhalle. Bei einem behördlicherseits verhängten Baustopp wandten sich die Arendseer Bürger an die Verwaltung und forderten die sofortige Genehmigung und baldige Fertigstellung. Im von 115 Arendseern unterzeichnetem Brief wurden die positiven Auswirkungen des Wirkens nagels auf die Stadt und den Fremdenverkehr gewürdigt. Tatsächlich erfolgte die Einweihung dann zu Weihnachten 1930.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Anlage 1935 dann erstmals von den Behörden geschlossen. nagel erhielt ein Redeverbot und wurde von der Gestapo überwacht. 1942 wurden nagels Bauten, der Garten und aufgestellte Plastiken wiederholt von HJ-Marineschülern zerstört. nagel selbst saß ab Juli 1943 aus politischen Gründen im KZ Dachau, wurde dann jedoch in die Nervenheilanstalt Uchtspringe eingewiesen und überlebte die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Ab dem 7. Mai 1945 lebte er wieder auf dem Seegrundstück und richtete seinen Garten wieder ein. 1950 wurde er jedoch erneut in die Nervenheilanstalt eingewiesen, in der er 1952 verstarb.

Im Jahr 1999 wurde der gustav nagel-Förderverein Arendsee/Altmark e.V. gegründet, der sich um den Erhalt und die Instandsetzung der Anlage bemüht.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Andreas Cante, Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt I, Regierungsbezirk Magdeburg, Deutscher Kunstverlag München Berlin 2002, ISBN 3-422-03069-7, Seite 35
52.88435311.490299

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