Arendsee (See)

Arendsee (See)
Arendsee
Blick durch das Röhricht am Nordwestufer
Blick durch das Röhricht am Nordwestufer
Geographische Lage Norden von Sachsen Anhalt
Orte am Ufer Arendsee (Altmark)
Daten
Koordinaten 52° 53′ 21″ N, 11° 28′ 27″ O52.88916666666711.474166666667Koordinaten: 52° 53′ 21″ N, 11° 28′ 27″ O
Arendsee (Sachsen-Anhalt)
Arendsee

Der Arendsee ist ein rundlich-ovaler, buchtenloser See in der Region Altmark im Norden Sachsen-Anhalts. Mit über fünf Quadratkilometern Wasserfläche handelt es sich um den größten natürlichen See des Bundeslandes und mit rund 50 Metern zugleich um einen der tiefsten Seen Norddeutschlands (siehe auch: Liste der Gewässer in Sachsen-Anhalt). Seine Entstehung geht auf mehrere Einbrüche des Untergrundes, zuletzt noch im 17. Jahrhundert, zurück.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Lage und Ausmaße

Direkt am Südufer liegt die Stadt Arendsee; am Nordwestufer die Ortschaft Schrampe. Im weiteren Umkreis befinden sich unter anderem die Städte Salzwedel und Lüchow (Wendland). Das Gewässer hat eine Fläche von knapp 514 Hektar[1] bei einer West-Ost-Ausdehnung von bis zu 3,3 Kilometern und einer Nord-Süd-Breite von zwei Kilometern. Die mittlere Tiefe beträgt etwa 29 Meter, im Maximum sind es rund 50 (51) Meter Tiefe. Das Profil ist als wannenartig zu charakterisieren – mit relativ steilen Randböschungen und einer sehr ausgedehnten, mehr oder weniger ebenen Tiefenzone (Profundal) im Bereich zwischen 40 und 50 Metern.[2][3] Der Wasserspiegel befindet sich auf 23,3 m ü. NN; der tiefste Punkt des Grundes wird somit rund 27 Meter unter dem Meeresspiegel verortet.[4]

Entstehung

Hinweisschild am Südostufer

Der Arendsee unterscheidet sich in seiner Entstehungsgeschichte von der Mehrzahl der Naturseen des norddeutschen Tieflandes, die vorwiegend eiszeitlichen bzw. periglazialen Ursprungs sind. Er liegt direkt über dem „Dom“ (Diapir) eines Salzstockes. Durch das Grundwasser kam es zur Ablaugung der Salze und nachfolgend zu mehreren Einbrüchen der Steinsalzformationen und des auf dem Salz liegenden Deckgebirges. Zuletzt geschah dies noch in historischer Zeit, nachweislich in den Jahren 822 und 1685. Das Gewässer ist somit als wassergefüllter Erdfall („Seefall“) bzw. Einsturzdoline, Subrosionssee oder auch Einbruchsee einzuordnen (vergleiche beispielsweise: Rudower See) und gilt dabei neben dem Zwischenahner Meer als größtes seiner Art in Norddeutschland. Bereits vor 822 war wohl nördlich ein kleinerer und flacherer See vorhanden, der „Wendischer See“ hieß. Beim vorläufig letzten Einsturz im Jahr 1685 versank die Mühle des Ortes im Wasser und die Fläche des Sees soll sich schlagartig um 20 Hektar vergrößert haben. Nach dem betroffenen Müller Arend wurden See und Ort umbenannt, so behauptet es eine Sage.

Weitere Beschreibung

Am West-, Süd- und Ostufer fällt das Untergrundprofil seewärts recht steil ab und erreicht schon bald die Tiefenlinie von 20 Metern. Nur an der Nordseite bestehen ausgedehntere Flachwasserbereiche, so dass sich hier großflächige Röhrichte aus Schilfrohr, Schmalblättrigem Rohrkolben und Teichbinsen etablieren konnten. Die Sedimente am Seegrund setzen sich aus sogenannter Seekreide, Schlamm und Sand zusammen. Vier oberflächliche Zuflüsse sollen vorhanden sein;[5] diese sind ggf. aber nur sehr klein in Relation zum Seevolumen. Der einzige erkennbare Abfluss ist ein schmaler, nur temporär wasserführender Stichgraben am Nordwestufer, der zum „Landgraben“ (dem späteren „Lüchower Landgraben“) führt. Auf diese – künstliche – Weise ist der eigentlich abflusslose Arendsee über die Jeetzel indirekt mit der Elbe verbunden. An die Ufer schließen sich vorwiegend Waldflächen aus Schwarzerlen, Eichen und Kiefern an, außerdem Siedlungsbereiche einschließlich zahlreicher Wochenendhausgrundstücke, im Norden auch einige landwirtschaftliche Flächen. Eine Umrundung des Sees auf einem zumeist recht ufernahen Wander- und Radweg umfasst gut zehn Kilometer Strecke.

Landschaftsschutz

Blick durch das westliche Ufergehölz
Am flacheren Nordufer konnten sich größere Röhrichte, insbesondere aus Rohrkolben, entwickeln

Der Arendsee liegt im Landschaftsschutzgebiet (LSG) Arendsee. Dabei entspricht der See mit 514 Hektar etwa 77,5 Prozent der Fläche des LSG. Die restlichen 22,5 Prozent bildet ein schmaler Uferstreifen rund um das Gewässer. Die südlich angrenzende Stadt Arendsee (Altmark) gehört nicht zum LSG.

Wasserqualität

Das Bundesumweltministerium gibt ein Gesamtvolumen von 147 Mio. Kubikmetern (umgerechnet: 147 Mrd. Litern) Wasser an und qualifiziert den Arendsee dabei als nährstoffreich bzw. -belastet (eutrophiert), insbesondere mit einem wesentlich zu hohen Gesamtphosphorgehalt. (Genannt werden rund 88 µg/l als Jahresmittelwert für 2005[1] oder auch etwa 200 µgP/l bei zuletzt eher noch ansteigender Tendenz.[6]) Die Aussage einer außerordentlich guten Wasserqualität, für die der Arendsee noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gerühmt wurde („Perle der Altmark“, „Blaues Auge der Altmark“), ist also seit mehreren Jahrzehnten zu relativieren. Je nach Jahreszeit ist zwar recht klares Wasser mit Sichttiefen von teils über vier Metern anzutreffen; es kann aber auch zu starker Wassertrübung bzw. einem schlieren- bis flockenartigen grünlichen Oberflächenfilm infolge von Blaualgenblüten kommen, die durch den hohen Phosphor- und Stickstoffgehalt gefördert werden. Als Ursache für die Nährstoffbelastung gelten unter anderem Einleitungen ungeklärter Abwässer der Kommunen sowie einer Molkerei in den 1950er- und 1960er-Jahren – eine Praxis, die erst 1970 aufgegeben worden sein soll.[2] Weitere Einträge gehen auf Datschen- bzw. Ferienhausbewohner und Badegäste zurück. Ebenso wird in diesem Zusammenhang aber die hohe Zahl von Gastvögeln bzw. rastenden Zugvögeln erwähnt. So sollen bis zu 35.000 nordische Wildgänse am Arendsee überwintern und dort mehrere Tonnen Kot hinterlassen.[7] Auch ein Überbesatz mit Speisefischen, namentlich Kleinen Maränen, welche das wasserreinigende Zooplankton übermäßig dezimieren, wird diskutiert.[8][2] Neueste Untersuchungen weisen hingegen eher auf den Grundwasserzufluss sowie auf das Kanalsystem der Stadt Arendsee als Hauptphosphatquelle hin.[7]

Unter anderem Mitte der 1970er- und Mitte der 1990er-Jahre gab es groß angelegte Versuche einer Seesanierung. 1976 wurde eine Tiefenwasserableitung installiert, und 1995 wurden Umlagerungen von im Nordteil befindlichen Seekreide-Sedimenten vorgenommen, um Schlamm und Biomasse an anderen Stellen zu überdecken. Spätere Untersuchungen ergaben jedoch, dass damit der Phosphor-Kreislauf entgegen den Erwartungen nicht nachhaltig positiv, das heißt P-senkend, beeinflusst werden konnte.[9][10]

Dass der hydrologisch relativ „isolierte“ Arendsee mit über 60 (100) Jahren eine extrem lange Austauschzeit seines Wasserkörpers hat, erschwert eine kurzfristige Verbesserung der Nährstoffsituation besonders. Die Stoffumsätze im See werden in erster Linie durch interne Prozesse bestimmt. Die während der Frühjahrszirkulation besonders hohen Phosphorgehalte werden im Frühsommer durch zunehmendes Phytoplankton (Algen) verbraucht, bis deren Population zusammenbricht, eine kurze Klarwasserphase eintritt und anschließend stickstoffbindende Cyanobakterien („Blaualgen“) zur Entwicklung kommen. Gegen Ende der Sommerstagnation ist die Tiefenzone unterhalb von 40 Metern nahezu sauerstofffrei. Im Sommerhalbjahr werden zudem besonders hohe (basische, alkalische) pH-Werte von phasenweise bis über pH 10 festgestellt.[2][11]

Vor allem auch unter dem Druck der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die die Herstellung eines ökologisch guten Zustandes für alle größeren Gewässer bis zum Jahr 2015 verlangt, wird aktuell wieder verstärkt über Sanierungsmöglichkeiten diskutiert. Favorisiert wird offenbar die Einleitung von 6500 Tonnen Polyaluminiumchlorid, welches eine chemische Nährstoffausfällung bewirken soll. Wegen der möglichen ökologischen Auswirkungen ist diese Maßnahme allerdings nicht unumstritten.[7] Jagdfunktionäre fordern zudem eine Lockerung des Abschussverbotes für Wildgänse, die von manchen sogar als „Hauptverursacher“ des Blaualgenproblems bezeichnet werden.[12] (Vergleiche hierzu jedoch die obige Aufzählung wahrscheinlicherer anderer Kausalfaktoren!) Auch nach dem natürlichen Wegbleiben zahlreicher Gänse in den letzten Jahren – diese frequentieren inzwischen viele neu entstandene Bergbauseen – hat sich die Situation allerdings nicht erkennbar gebessert. In Vorbereitung auf eine mögliche Seesanierung in den kommenden Jahren werden zurzeit (2010, 2011) vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie wasserchemische Untersuchungen durchgeführt, wobei besonders auch einige möglicherweise mit Gülle und Kunstdünger belastete Zuflüsse im Blickpunkt stehen.[5]

Die Qualität als Badegewässer wird derweil mit „sehr gut“ bewertet, wobei als Kriterium die Einhaltung der Leitwerte mikrobieller Parameter im Vorjahr herangezogen wurde. Untersucht wurde dabei die Belastung mit Darmbakterien wie intestinalen Enterokokken und Escherichia coli.[13] Mögliche Unverträglichkeitsreaktionen durch den Kontakt und das Verschlucken von „Blaualgen“ sind in diese Bewertung nicht eingeflossen.

Nutzung

Bootssteg und Schilf
Blick vom Südufer aus auf den See
„Queen Arendsee“, das einzige Ausflugsschiff auf dem Arendsee

Der Arendsee wird vor allem touristisch genutzt. Er dient als Badegewässer für Feriengäste und Tagesurlauber. Besonders zur Zeit der DDR war der Urlaub am Arendsee als Ersatz für einen Urlaub am Meer beliebt.

Am Nordost-Rand der Stadt Arendsee liegt ein großes Strandbad mit Seetribüne, auf der zum Beispiel Kinofilme gezeigt werden. Der See kann mit Segeljollen und anderen nichtmotorisierten Booten befahren werden. Seit 1991[14] verkehrt der Schaufelraddampfer Queen Arendsee im Sommerhalbjahr als Ausflugsschiff auf dem See. Dabei finden die planmäßigen Fahrten ab Arendsee kreisförmig gegen den Uhrzeigersinn statt. Die Nutzung des Sees mit weiteren Motorbooten ist seit 1969 verboten. Ferner wird der See zum Windsurfen und Angeln genutzt. Unweit der Stadt Arendsee wurde am 7. Oktober 2006 ein elf Meter langes ehemaliges Patrouillenboot der NVA im Arendsee versenkt.[15] Es liegt in etwa 16 Metern Tiefe und dient Tauchern als Ziel.

Fischer fangen neben anderen Süßwasserfischarten die Kleine Maräne.

Sonstiges

Der Arendsee gehört zur Naturräumlichen HaupteinheitengruppeWendland und Altmark“ und bildet hierbei den südöstlichen Abschluss der Untereinheit „Lüchower Niederung“. Naturkundlich hat er eine regionale Bedeutung unter anderem als Vogelbrut- und -rastgebiet.

Kulturhistorisch sind verschiedene unterwasserarchäologische Funde erwähnenswert, insbesondere ein jungsteinzeitlicher Fischzaun und ein mittelalterlicher Eichenprahm, eine Art Lastkahn (vergleiche Weblinks).

Einzelnachweise

  1. a b Bericht des Bundesumweltministeriums
  2. a b c d Brigitte Nixdorf, Mike Hemm, Anja Hoffmann & Peggy Richter: Dokumentation von Zustand und Entwicklung der wichtigsten Seen Deutschlands. Teil 7: Sachsen-Anhalt. Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Abschlussbericht F&E Vorhaben FKZ 299 24 274, Cottbus 2003 (PDF online)
  3. Tiefenkarte des Arendsees bei www.arendsee.de
  4. Landesamt für Landesvermessung und Datenverarbeitung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Topographische Karte 1:50.000, Normalausgabe, L 3134 Arendsee (Altmark), 1. Aufl. 1995.
  5. a b Elbe-Jeetzel-Zeitung: Chemische Keule gegen Algen. Zeitungsartikel vom 10. Mai 2010; Seite 24
  6. Projektseite IGB Berlin
  7. a b c Elbe-Jeetzel-Zeitung: Europäische Union macht Dampf. Zeitungsartikel vom 7. Mai 2011; Seite 12
  8. Artikel der Berliner Zeitung vom 24. August 1994
  9. Zusammenfassung einer wissenschaftlichen Arbeit (PDF online, Englisch)
  10. Wissenschaftliche Arbeit zur Methodik der Seesanierung durch Kalzitaufspülung - mit weiterführender Literatur zur Behandlung des Arendsees (PDF online)
  11. Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB): Tagesaktuelle Messdaten (pH-Wert 10,20 – abgerufen am 16. Juni 2011)
  12. Artikel in der Elbe-Jeetzel-Zeitung vom 9. Juni 2007
  13. Badeseen in Sachsen-Anhalt: Strandbad Arendsee
  14. Tourismus in Arendsee (PDF-Datei), abgerufen am 17. September 2011
  15. Website des THW Salzwedel, abgerufen am 17. September 2011

Weblinks


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