Hans Schädel

Hans Schädel

Hans Schädel (* 14. Februar 1910 in Randersacker; † 31. Dezember 1996 in Randersacker) war der Diözesan- und Dombaumeister des Bistums Würzburg und Leitfigur des Sakralbaus der Nachkriegszeit in Deutschland. Zwischen 1948 und 1973 baute er 56 Kirchen in seiner Diözese und anderen Diözesen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Würzburger Dom

Der Sohn eines Steinmetzes erlernte das Handwerk seines Vaters. Er heiratete die Tochter eines Winzers. Von 1928 bis 1933 besuchte er die höhere technische Lehranstalt in Nürnberg. Dort entwarf er als Einziger von zweiundneunzig Kandidaten eine Kirche als Abschlussarbeit. Er wollte eigentlich Theologie im Kloster Münsterschwarzach studieren, was der Vater verhinderte. 1931 legt er die Meisterprüfung im Steinmetzhandwerk ab. 1934 bekam er eine Anstellung im städtischen Hochbauamt von Würzburg. 1938 wurde er Mitarbeiter von Hubert Groß, dem Leiter des Stadtplanungsamtes von Würzburg. 1939 war er entscheidend an der Planung für die Neugestaltung der Gauhauptstadt Würzburg entsprechend dem "Führererlass" vom 4. Oktober 1937 tätig [1]. Allerdings wurde, bedingt durch den beginnenden Zweiten Weltkrieg, keine seiner Ideen zur städtebaulichen Umwandlung von Würzburg verwirklicht. 1945 beteiligte er sich an der Planung des Wiederaufbaus der Verkehrs- und Außenentwicklung für die im Zweiten Weltkrieg schwer zerstörte Stadt Würzburg. Seine Pläne wurden nicht umgesetzt.

1945 erteilte ihm das Domkapitel von Würzburg einen Auftrag, den zerstörten Dom sowie das Kollegiatstift Haug zu überdecken. 1946 wechselt er vom städtischen Hochbauamt in das neugeschaffene Bischöfliche Bauamt. 1956 wurde er zum Dombaumeister, 1971 zum Diözesanbaumeister ernannt. Insgesamt waren es 87 Kirchen, die er wiederaufbaute, umgestaltete oder neu baute. Der größte Teil in der Diözese Würzburg, aber auch in den Bistümern in Augsburg, Bamberg, Berlin, Fulda, Limburg, Mainz, Paderborn, Trier sowie in Diözesen in Afrika und Indien. 1974 schied er aus dem kirchlichen Dienst aus.

Er bezeichnete sich selbst als sehr gläubigen Christen und seine Werke als Versuch, den Schöpfer der Welt zu preisen. Er war über fünfzig Jahre mit seiner Frau verheiratet. Seine Frau schenkte ihm fünf Kinder, drei Töchter und zwei Söhne. Er starb am 31. Dezember 1996 in seinem Heimatort Randersacker, wo er auch begraben liegt.

Anerkennungen

Werk

Im Mittelpunkt von Hans Schädels Arbeit stand der Wiederaufbau des Würzburger Doms. Nach ersten Sanierungsarbeiten am Dach 1945, stürzte in einer Sturmnacht 1946 die nördliche Langhauswand ein und riss einen großen Teil des Tonnengewölbes mit sich. Über den Wiederaufbau des Würzburger Doms wurde in den fünfziger und sechziger Jahren heftig debattiert. Besonders umstritten waren damals die romanisierende Westfront und die asketische Neugestaltung des Langhauses, für die auf einen Wiederaufbau der reichhaltigen Rokokostuckierung von Pfeilern und Gewölben verzichtet wurde.

Von den rund 50.000 christlichen Kirchen und Kapellen in der Bundesrepublik Deutschland kamen allein in der Zeit ab 1945 ungefähr 15.000 neue Sakralbauten in den Bestand. Das alles überstrahlende Vorbild des nachkrieglichen Kirchenbaus war Le Corbusiers Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau von der Höhe in Ronchamp. Große Kastenräume aber nicht mehr des strengen Zuschnitts, sondern gemildert durch Schrägführung der Wände und Decken. Schrägbinder, Querrauten, Y-Träger, schräg ansteigende Decken, gefaltete Dächer, Hinführung auf das abschließende Wandgemälde mit expressionistisch schreienden Motiven. Die 1950er Jahre waren eine Zeit des Experimentierens im Kirchenbau. Dach- und Tragwerkskonstruktionen, Schalen und Faltwerk, Hängedächer, Membrandecken und Zeltstrukturen wechselten sich ab.[2] Neubau kam vor Wiederaufbau. Der selbstgewählten Askese des Nachkriegskirchenprogramms folgte bald im Rahmen des Aufschwungs aufwendige Großbauten. Kardinal Julius Döpfner prägte den Satz Kirchenbau ist Wohnungsbau. Die Purifizierung, das Ungeschehenmachen der Baugeschichte der letzten Jahrhunderte war angesagt. Das unwerteste und unbeliebteste in den Augen der Architekten und Denkmalpfleger des letzten Jahrhunderts waren die so genannten Neo-Stile Neorenaissance und Neogotik des 19. Jahrhunderts. Es herrschte ein Vorliebe für die geschlossene, angeblich heile und ursprüngliche romanische Form. Parallel zu Schädel werkelten die protestantischen Baumeister ihr selbsternanntes Notkirchenprogramm unter Otto Bartling ab. Beispiel ist die Martin-Luther-Kirche in Würzburg. Sie ist ein Typ B des protestantischen Notkirchenprogramms mit polygonalem Altarraum.

Zu den Kuriositäten in Schädels Wirken gehört, dass die Steine der Heidingsfelder Laurentiuskirche für Nazi-Bauten vorgesehen waren. Schädels Gegenspieler im Felde des Kirchenneubaus war Albert Boßlet, der dem Vernehmen von Schädels Töchtern sich weigerte, Schädels Hauptbau St. Alfons in Würzburg jemals zu betreten. In der Gedenkstätte Plötzensee versammelte Schädel große Künstler in seinem Sakralraumkonzept wie Fritz Koenig (zuständig für die Pieta), Otto Herbert Hajek (Erschaffer des Kreuzwegs) und immer wieder im zentralen Altarbereich Glasfenster von Georg Meistermann. Schädel setzte in seinen Kirchenräumen die Anforderungen und Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils um.

Bauten

Einzelnachweise

  1. Niels Gutschow, Barbara Klein "Vernichtung und Utopie - Warschau 1939 - 1945", Hamburg 1994, ISBN 3-88506-223-2, S. 180, Fußn. 53
  2. Barbara Kahle, Kirchenbauten im Bistum Würzburg in der Nachkriegszeit: Architektur als Ausdruck von Kontinuität und Neuanfang in Zur Debatte, 5/2009

Weblinks


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