- Schloss Harbke
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Das Schloss Harbke ist ein auf den Grundmauern einer mittelalterlichen Rundburg entstandener Herrschaftssitz in der sachsen-anhaltischen Gemeinde Harbke, der heute nur noch als Ruine erhalten ist. Das Schloss und dessen Vorgängerbau wurden von dem Adelsgeschlecht Veltheim im 14. Jahrhundert errichtet. Das Anwesen verblieb bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Familienbesitz.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Bereits im Jahr 1308 ging die Grundherrschaft über den Ort Harbke an Bertram und Ludolf von Veltheim über[1], die daraufhin in einer wasserreichen Senke am Ortsrand die Wasserburg „Hertbike“ errichteten, die mit einem doppelten Wasser- und Grabensystem geschützt war. Zwischen 1572 und 1586 wurde auf den Grundmauern dieser Rundburg durch Achaz von Veltheim ein Schlosskomplex im Baustil der Renaissance erbaut. Geprägt wurde der Schlossneubau von zwei dreigeschossigen, im Winkel zueinander stehenden Flügelbauten, die durch einen polygonalen Treppenturm mit Spitzdach im südöstlichen Schlossareal verbunden sind. Das Wappen der Familie Veltheim und von Saldern, aus der die Gattin stammte, zieren noch heute die Überreste der Schlossfassade.
Am 26. Oktober 1731 wurde der Bau bis auf das Hauptgebäude des Schlosses durch einen Brand erheblich zerstört, sodass ab 1733 größere Wiederherstellungsarbeiten an den Wirtschaftsgebäuden eingeleitet werden mussten. Zwischen 1751 und 1759 erfolgten umfassende Umbauten durch den herzoglichen Landbaumeister des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel Martin Peltier de Belfort. Der nordwestliche Teil des Hofes wurde im Baustil des Barock geschlossen und im Innenhof ein ovales Bassin angelegt. Seit dieser Zeit bestand eine geschlossene Vierflügelanlage.
Unter Friedrich August von Veltheim wurde ab 1740 der Schlosspark in eine barocke Gartenanlage umgestaltet, die mit Skulpturen und einer Nischenwand, die sogenannte „Chinesische Mauer“, ergänzt wurde. Der Botaniker Johann Philipp Du Roi arbeitete mehrere Jahre auf dem Anwesen und veröffentlichte 1771 seine bedeutende dendrologische Abhandlung unter dem Titel „Harbkesche wilde Baumzucht“. Diese wissenschaftliche Arbeit bewegten u.a. den pflanzenkundlich interessierten Dichter Johann Wolfgang von Goethe in Begleitung des Helmstedter Universitätsprofessors und Veltheimschen Hausarztes Gottfried Christoph Beireis im August 1805 zu einem mehrtägigen Besuch auf dem Schloss.
Im Jahr 1825 wurde dem Schlossensemble noch ein neugotischer Bibliotheksbau hinzugefügt.
Mit Ende des Zweiten Weltkrieges und nach dem Einmarsch der Roten Armee wurde die letzte Besitzerin des Schlosses, Karin von Veltheim, enteignet. Damit endete eine rund 637 Jahre währende Grundherrschaft der Veltheims in Harbke.
Zu Zeiten der DDR wurde das Schloss bis 1955 als Kinderheim genutzt und stand anschließend leer. Die angrenzenden Wirtschaftsgebäude wurden von einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) verwendet. Das Hauptgebäude des Schlosses wurde allerdings stark vernachlässigt, sodass es zunehmend verfiel und heute nur noch als Ruine erhalten geblieben ist.
Schlosspark
Der an das Schloss angrenzende Park wurde im 18. Jahrhundert von Friedrich August von Veltheim mit barocken Elementen angelegt. Der im Jahr 1758 angepflanzte Ginkgobaum gilt als einer der ältesten in Deutschland.[2] Erste Umwandlungsmaßnahmen zu einem englischen Landschaftsgarten begannen bereits ab 1760 durch den Gärtner Daniel August Schwarzkopf, der diese Gestaltungsform während einer Englandreise kennengelernt hatte. Diese Gartenumgestaltung wurde 1803 durch Rüttger von Veltheim im Wesentlichen abgeschlossen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Kultivierung ausländischer Baumarten. Harbke entwickelte sich zu der Zeit zum wichtigsten Pflanzlieferanten Deutschlands.[3] Der Park beherbergte früher rund 300 seltene Gehölzarten, von denen noch ca. 100 Arten im Park vorhanden sind.[4]
Der „Lustwald“ wurde als Erweiterung des Schlossparks in der Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt und sollte Elemente der wirtschaftlichen Nutzung durch die Forstwirtschaft und die Gartenkunst verbinden. In diesem Lustwald wurden überwiegend fremde Gehölze angepflanzt. Der Herkunft der Pflanzen entsprechend wurden die Bereiche dieses Waldes u.a. „Florida“, „Libanon“ oder „Ukraine“ genannt.
In dem Park befindet sich heute noch eine barocke Nischenwand aus dem Jahr 1745, die sogenannte „Chinesische Mauer“, mit der Darstellung der Pomona.
Die evangelische Pfarr- und Schlosskirche Kirche St. Levin befindet sich im südwestlichen Parkgelände und wurde im Jahr 1572 auf dem Wall der Burganlage als Schlosskirche und als Ersatz für den romanischen Vorgängerbau errichtet. Die Kirche befand sich ebenso wie das Schloss bis 1945 im Eigentum der Veltheims und diente auch als Gruftkirche der Familie. Das Kirchengebäude erhielt erst 1719 einen quadratischen Westquerturm mit geschweifter Haube. An der Kirchenfassade befindet sich eine hölzerne Sonnenuhr aus dem Jahr 1640. Die Kirche verfügt über eine spätbarocke Orgel von Christoph Treutmann aus dem Jahr 1727/28, deren Pfeifenwerk zum Teil noch von der Vororgel von Gottfried Fritzsche aus dem Jahr 1621/22 stammt. Die Kirche und die Orgel wurden in den letzten Jahren vollständig saniert und stehen heute dem kirchlichen Gemeindeleben wieder zur Verfügung.[5]
In den Jahren 1830/31 wurde an der Stelle eines alten Gewächshauses eine Orangerie im neugotischen Stil erbaut. Das Orangeriegebäude des Parks wurde in der Form eines angedeuteten Kreuzes errichtet und wurde für die Aufzucht tropischer Pflanzen konzipiert. Die drei großen Räume der Orangerie waren unterschiedlich beheizbar. Die Giebelseiten des Daches sind mit vier großen gotischen Tulpen versehen. Über dem Eingangsportal wurde das Wappen der Familie von Bülow angebracht, aus der die Gattin Friederike des Erbauers Röttger von Veltheim stammte. In den letzten Jahren wurde das Gebäude umfassend saniert und beherbergt heute in den Sommermonaten ein Café.
Der Schlosspark ist Teil des Projektes Gartenträume Sachsen-Anhalt.
Literatur
- Ludwig Schumann; Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Gartenträume - Historische Parks in Sachsen-Anhalt e.V. (Hrsg.): Gartenträume Sachsen-Anhalt: Zwischen Harz, Elbe und Saale. L & H Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-939629-10-8.
- Johann Philipp Du Roi: Harbkesche Wilde Baumzucht Theils Nordamerikanischer Und Anderer Fremder, Theils Einheimischer Bäume, Sträucher Und Strauchartiger Pflanzen. Nach Den Kennzeichen, der Anzucht, den Eigenschaften und der Benutzung beschrieben. [Reprint] Nabu Press 2010, Volume 1, ISBN 978-1-14-441291-1.
- Evangelische Kirchengemeinde Harbke, Kirchspiel Hötensleben (Hrsg.): Die Königin von St. Levin. Die Fritzsche-Treutmann-Orgel zu St. Levin in Harbke. [Festschrift]. Ziethen, Oschersleben 2008, ISBN 978-3-938380-73-4.
Weblinks
Commons: Schloss Harbke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Schloss und Schlosspark Harbke
- Schlossbeschreibung bei newsclick.de
- Harbker Schloss und Schlosspark auf braunschweig-touren.de
- Schloss Harbke in der Sammlung Alexander Duncker (PDF, 289 KiB)
- Schloss und Schlosspark Harbke auf gartentraeume-sachsen-anhalt.de
Einzelnachweise
- ↑ feierabend.de: Harbke - ein Dorf an der ehem. innerdeutschen Grenze
- ↑ Geschichte des Schlosses und Schlossparks Harbke auf gartentraeume-sachsen-anhalt.de
- ↑ Schloss- und Parkbeschreibung auf foerderverein-schloss-parchen.de
- ↑ Harbke auf www.obere-aller.de
- ↑ St. Levin Kirche zu Harbke und die Fritzsche-Treutmann-Orgel
52.19115411.047482Koordinaten: 52° 11′ 28″ N, 11° 2′ 51″ OKategorien:- Schloss in Sachsen-Anhalt
- Bauwerk im Landkreis Börde
- Parkanlage in Sachsen-Anhalt
- Schlossruine
- Harbke
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