Heinrich Henkel (Rechtswissenschaftler)

Heinrich Henkel (Rechtswissenschaftler)

Heinrich Henkel (* 12. September 1903 in Braunsfeld, Lindenthal; † 28. Februar1981 in Stockdorf) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und letzter Rektor der 1945 geschlossenen deutschsprachigen Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Professuren und Ansichten in der Zeit des Nationalsozialismus

Nach dem Abitur studierte Henkel Rechtswissenschaften und nahm nach erfolgter Promotion und Habilitation zunächst den Ruf auf eine Professur für Straf- und Strafverfahrensrecht an der Philipps-Universität Marburg an.

In dieser Funktion nahm er während der Zeit des Nationalsozialismus an einer Vortragsreihe des im Rahmen der Kieler Schule von Karl August Eckhardt an der Dozentenakademie im Kitzeberger Lager teil. In diesem Gemeinschaftslager an der Kieler Bucht kamen 1933 nationalsozialistische Juristen zusammen, um über die völkische Rechtserneuerung zu referieren. Die im Kitzeberger Lager gehaltenen Referate wurden ein Jahr später im ersten Band der neu erschienen Zeitschrift „Deutsche Rechtswissenschaft“ veröffentlicht.

Noch 1933 wechselte er im Rahmen der nationalsozialistischen Umstrukturierung als Professor an die deutschsprachige Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität[1] und war von 1943 bis zu deren Schließung 1945 deren letzter Rektor.

In seinem 1934 erschienenen Buch Strafrichter und Gesetz im neuen Staat : Die geistigen Grundlagen forderte er die „freie Hingabe des Richtertums an die Ziele der Staatsführung“. [2] In seinem ebenfalls 1934 erschienenen Buch Die Unabhängigkeit des Richters in ihrem neuen Sinngehalt meinte er „die richterliche Unabhängigkeit bleibt als Einrichtung bestehen, aber sie bildet als solche lediglich das Gefäß für einen neuen Inhalt, nämlich die nationalsozialistische Rechts- und Staatsauffassung“[3] und führte ferner aus: „Die Unabhängigkeit des Richters im nationalsozialistischen Staat ist kein Frei-im-Raum-Schweben, sondern Selbständigkeit in der Bindung an die leitenden Grundsätze des völkischen Führerstaates“.[4]

Professorentätigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm er den Ruf auf eine Professur für Strafrecht, Strafverfahrensrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg an.

Als solcher übte er 1956 Kritik am Eröffnungsbeschluss im sogenannten „Zahnarzt-Müller-Prozess“, in dem der Zahnarzt Dr. Richard Müller aus Otterberg angeklagt war, seine Frau ermordet zu haben, indem er sie in seinem Auto verbrennen ließ.[5] Des Weiteren hielt er auch Vorträge wie zum Beispiel 1959 vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin zum Thema Der Strafschutz des Privatlebens gegen Indiskretion.[6]

Anlässlich seines siebzigsten Geburtstages erschien 1974 die von seinem ehemaligen Assistenten Claus Roxin herausgegebene Festschrift Grundfragen der gesamten Strafrechtswissenschaft : Festschrift f. Heinrich Henkel z. 70. Geburtstag am 12. Sept. 1973, die unter anderem Beiträge von Hans-Jürgen Bruns, Karl Engisch und Wolfgang Frisch enthielt.[7]

Veröffentlichungen

  • Der Notstand nach gegenwärtigem und künftigem Recht, München 1932
  • Das deutsche Strafverfahren, Hamburg 1943
  • Strafgesetzbuch : Textausgabe mit den 21 wichtigsten strafrechtlichen Nebengesetzen und Gesetzen des Kontrollrats und der Militärregierung, Mitherausgeber Lothar Dombrowski, 2. Auflage, Stuttgart 1950
  • Strafverfahrensrecht : Ein Grundriss, Salzgitter 1950
  • Anleitung zur Bearbeitung strafrechtlicher Fälle, Salzgitter 1950
  • Strafverfahrensrecht : Ein Lehrbuch, Stuttgart 1953
  • Recht und Individualität : Erweiterter Vortrag, Berlin 1958
  • Einführung in die Rechtsphilosophie : Grundlagen des Rechts, München 1964
  • Die richtige Strafe : Gedanken zur richterlichen Strafzumessung, Tübingen 1969
  • Ideologie und Recht, Tübingen 1973, ISBN 3-16-635041-1[8]
  • Einführung in die Rechtsphilosophie : Grundlagen d. Rechts, 2. Auflage, München 1977, ISBN 3-406-06558-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Thomas Ditt: „Stoßtruppfakultät Breslau“: Rechtswissenschaft im „Grenzland Schlesien“ 1933-1945, Tübingen 2011, ISBN 978-3-16-150374-0 (Buchrezension von Sebastian Felz)
  2. Gerhard Wolf: Befreiung des Strafrechts vom nationalsozialistischem Denken?. In: HFR 1996, S.1
  3. Giorgio Decker: Das Leitbild des Richters im Nationalsozialismus
  4. Monika Frommel: Die nationalsozialistische Machtergreifung im Spiegel der deutschen Rechts- und Sozialphilosophie, S. 213
  5. DER SPIEGEL: JUSTIZ / ZAHNARZT-MÜLLER-PROZESS. Ist zweimal zwei vier? (Titelgeschichte Nr. 30/1956)
  6. Juristische Gesellschaft (Vorträge 1959 bis 2008)
  7. Schriftenverzeichnis Wolfgang Frisch (Institut für Straf und Strafprozessrecht der Universität Freiburg)
  8. Ideologie und Recht (Google Books)

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