Heinrich Schreiber

Heinrich Schreiber
Kreidelithographie 1830

Johann Heinrich Nepomuk Schreiber (* 14. Juli 1793 in Freiburg im Breisgau; † 29. November 1872 ebenda) war Professor an der Universität und erster bedeutender Lokalhistoriker Freiburgs.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die frühen Jahre

Johann Heinrich Schreibers Vater Josef war Kammerdiener bei den Wessenbergs, Mutter Veronika Bedienstete im Palais des Freiherrn von Sickingen, in dem Heinrich Schreiber am 14. Juli 1793 geboren wurde. Als 10-Jähriger besuchte er das Freiburger Gymnasium und der lernwillige und lernbeflissene Schüler glänzte vor allem in Latein und Französisch. Im Jahre 1808 wechselte Heinrich für ein zweijähriges Philosphicum an die Albertina und hörte bei Bernhard Boll, dem späteren ersten Freiburger Erzbischof, Philosophie und bei Karl von Rotteck Geschichte. Während dieser Zeit verschlechterte sich die finanzielle Lage seiner Eltern beträchtlich und so bestimmte er zum Brotstudium die Theologie mit dem Schwerpunkt Kirchengeschichte. Neben dem trockenen Theologiestudium interessierte sich Schreiber weiterhin für Philosophie, Geschichte und Literatur. Dabei lernte er den greisen Johann Georg Jacobi kennen, dessen Tod Anfang Januar 1814 ihn tief berührte. Nach Abschluss des Studiums am Priesterseminar in Meersburg mit der Priesterweihe im September 1815 nahm er eine Lehrerstelle am neugegründeten Freiburger Gymnasium academicum an, wechselte aber 1819 als Kustos an die Universitätsbibliothek. Nach Sichtung des Stadtarchivs, welches damals im nördlichen Hahnenturm des Münsters untergebracht war, veröffentlichte er 1820 rechtzeitig zur 700-Jahrfeier der Pfarrkirche die Geschichte und Beschreibung des Münsters. Im Jahre 1821 promovierte er Über das Ende der letzten Agilofinger in Schwaben. Mit seiner Habilitation im gleichen Jahr über ΑΡΗΣ (Ares) erlangte er für das Wintersemester 1821/22 die Lehrerlaubnis an der philosophischen Fakultät. Er hielt Vorlesungen über die Geschichte der älteren deutschen Literatur und Sprache und las über Ästhetik, die Wissenschaft vom Schönen[1]. Als sich Schreibers Hoffnungen auf eine ordentliche Professur zerschlugen, nahm er die ihm angebotene Stelle eines Präfekten am Gymnasium an, das er während der folgenden vier Jahre leitete.

Der junge Professor

Im Jahre 1826 erhielt Schreiber den Ruf auf den Lehrstuhl für Moraltheologie an der Universität, ohne für die Stelle ausgebildet zu sein. In den folgenden Jahre schrieb er ein Buch über Allgemeine Religionslehre, worauf die Universität ihm den Dr. theol. verlieh. Im Jahre 1831 kam sein Werk Spezifische Moraltheologie heraus, in dem er sich besonders gegen den Zölibat wandte, der ein Unchristliches Institut sei. Das Ideal liege in der Ehe, worin der Geschlechtstrieb seine ebenso natürliche als rechtliche und sittliche Ausgleichung und Befriedigung nach allen Richtungen hin findet.[2]. Der Freiburger Bischof Bernhard Boll kritisierte den Autor wegen seiner Ansichten scharf in einem Hirtenbrief, der auch in Karlsruhe gelesen wurde. Im Ministerium wollte man wegen der studentischen Proteste um die Entlassung Rottecks und Welckers aus ihren Professorenämtern nicht noch weitere Unruhen und versetzte Schreiber 1836 lediglich in die philosophische Fakultät auf den unbedeutenden Lehrstuhl für historische Hilfswissenschaften.

Deutsch-Katholizismus

Einen erneuten Konflikt mit der Amtskirche löste die Ausstellung des Heiligen Rocks in Trier im Jahre 1844 aus, denn Schreiber befand: der Götzendienst, der damit getrieben wurde, hatte bekanntlich in vielen gebildeten Katholiken einen tiefe Entrüstung hervorgebracht[3]. Der Theologe Ignaz Heinrich von Wessenberg hatte sich auf dem Wiener Kongress vergeblich um die Einrichtung eines nationalen Kirchenwesens bemüht. Auch Schreiber neigte diesem Deutsch-Katholizismus zu, in dem das Vaterland gegenüber Rom in den Vordergrund rücken sollte, und zeigte Ostern 1845 dem Erzbischof seinen Übertritt zur Deutsch-Katholischen Kirche an. Daraufhin ließ die Universität zum Sommersemester Schreibers Vorlesungsankündigungen entfernen und verbot auch die in seine Privatwohnung verlegten Vorträge über Ethik. Im Oktober entzog ihm Großherzog Leopold den Titel eines Geistlichen Rates. Am 18. Januar 1846 wurde er durch seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand von der Universität verwiesen. Mit dem Übertritt zur Deutsch-Katholischen Kirche war Schreiber exkommuniziert. Er heiratete 1846 seine Haushälterin Anna Fuchs und erwarb 1850 ein Haus in der Straße, die seit 1879 seinen Namen trägt.

Die Jahre nach der Universität

Büste Heinrich Schreibers an der Ecke Europabrücke/­Schreiberstraße in Freiburg.

Schreiber wird wie Wessenberg unter die Spätaufklärer gezählt, wobei dieser als Ziel ausgab: Jemanden in den Stand setzen, dass er erkennbare Dinge erkennen kann.[2] Diese Einstellung scheint auch in den nun folgenden lokalhistorischen Untersuchungen und Veröffentlichungen Schreibers durch. Sein Lebenswerk ist die erste umfassende Geschichte der Stadt Freiburg, die 1857 gleichzeitig mit der Geschichte der Universität erschien.

Heinrich Schreiber starb 1872 hochangesehen von seinen Historikerkollegen, wie seine vielen Ehrenmitgliedschaften in historischen und archäologischen Gesellschaften in ganz Europa bezeugen. Zu seinem 100. Geburtstag wurde vom Freiburger Bildhauer Gustav Adolf Knittel (1852–1909) ein Denkmal für Schreiber errichtet. Das ursprünglich in Marmor ausgeführte Werk wurde bereits vor Beginn des 20. Jahrhunderts durch eine Variante aus Galvanobronze ersetzt.[4] Später wurde auch das Postament ausgetauscht.

Werke

  • Urkundenbuch der Stadt Freiburg in zwei Bänden 1828/29
  • Freiburg und seinen Umgebungen, 3. Auflage 1840
  • Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau in 4 Bänden 1857/58
  • Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg in 3 Bänden 1857/60
  • Der deutsche Bauernkrieg, Urkunden und Erläuterungen in drei Lieferungen 1863/66

Einzelnachweise

  1. Helmut Bender, Seite 409
  2. a b Vortrag Karl-Heinz Braun: Heinrich Schreiber und Ignaz Heinrich von Wessenberg – Spätaufklärer
  3. Helmut Bender, Seite 410
  4. Friedrich Kempf: Oeffentliche Brunnen und Denkmäler in: Badischer Architekten- und Ingenieur-Verband: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten, 1898, S. 495 und 496

Literatur

  • Friedrich von WeechSchreiber, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 32, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 473.
  • Helmut Bender: Heinrich Schreiber. Der Freiburger Historiker des 19. Jahrhunderts, Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins Schau-ins-Land, 94/95, 408, 1976/77
  • Peter Kalchthaler und Walter Preker (Hsgb): Freiburger Biographien, Promo-Verlag Moritz GmbH, Freiburg 2002. ISBN 3-923288-33-6
  • Hans Schadeck: Vielleicht der beste Lokalhistoriker Deutschlands. In: H. Haumann, H. Schadeck (Hrsg.): Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, Band 3, Theiss Verlag, Freiburg 1992, S. 57–60

Weblinks

 Commons: Heinrich Schreiber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Heinrich Schreiber – Quellen und Volltexte



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