- Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
-
Die Genfer Flüchtlingskonvention (Abkürzung GFK; eigentlich „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“) wurde am 28. Juli 1951 auf einer UN-Sonderkonferenz in Genf verabschiedet und trat am 22. April 1954 in Kraft. Ergänzt wurde sie am 31. Januar 1967 durch das „Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, das am 4. Oktober 1967 in Kraft trat. Der Konvention sind 144 Staaten beigetreten, dem Protokoll ebenfalls 144. 141 Staaten sind sowohl der Konvention, als auch dem Protokoll beigetreten. (Stand jeweils 1. September 2007)[1]
Die GFK ist die Rechtsgrundlage für das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR).
Vor dem Inkrafttreten der GFK hatte es keine völkerrechtlich verbindliche Regelung zum Umgang mit Flüchtlingen gegeben. Lediglich in zwischenstaatlichen Verträgen oder in einseitigen Absichtserklärungen einzelner Staaten war festgelegt worden, wie viele Flüchtlinge ein Staat jeweils in einem Einzelfall aufnehmen wollte. Die damit verbundenen humanitären Notlagen waren seit dem Ersten Weltkrieg als Problem erkannt worden. Nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht gekommen waren, verschärfte sich die Lage. 1938 gab es auf Betreiben der USA eine Konferenz im französischen Evian, die Aufnahmekontingente für aus Deutschland flüchtende Juden festlegen sollte. Diese Konferenz blieb ohne Ergebnis und zeigte, dass Flüchtlingsfragen mit zwischenstaatlichen Abkommen nicht zu lösen waren. In den folgenden Jahrzehnten breitete sich die Idee einer internationalen Konvention aus, die Flüchtlingen persönliche Schutzrechte zubilligen sollte. Diese Überlegungen mündeten in die GFK.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt der Konvention von 1951
Flüchtlinge im Sinne der Konvention werden als Personen definiert, die sich aufgrund einer begründeten Furcht vor Verfolgung außerhalb des Staates aufhalten, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, sowie Staatenlose, die sich deshalb außerhalb ihres gewöhnlichen Aufenthaltsstaates befinden.
Anerkannte Flüchtlinge sind solche, die verfolgt werden wegen:
- Rasse
- Religion
- Nationalität
- Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
- politischer Überzeugung
Ziel der Konvention ist ein möglichst einheitlicher Rechtsstatus für Menschen, die keinen diplomatischen Schutz ihres Heimatlandes mehr genießen. Allerdings enthält die Konvention eine zeitliche Einschränkung: So bezieht sie sich lediglich auf Personen, die „infolge von Ereignissen, die vor dem 1. Januar 1951 eingetreten sind” (Art. 1 A Nr. 2) zu Flüchtlingen wurden. Sie enthält damit keine Regelungen für die Rechte von späteren Flüchtlingen.
Die Konvention führt u. a. folgende Rechte eines Flüchtlings auf:
- Schutz vor Diskriminierung wegen Rasse, Religion oder Herkunftsland (Art. 3)
- Religionsfreiheit (Art. 4) – wobei hier nur das sog. Gebot der Inländergleichbehandlung gilt, d. h. Flüchtlinge und Staatsbürger werden in ihrer Religionsfreiheit gleichgestellt; Einschränkungen für Staatsbürger dürfen dann auch für Flüchtlinge gelten.
- freier Zugang zu den Gerichten (Art. 16)
- Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge (Art. 28)
- Schutz vor Ausweisung (Art. 33, Non-Refoulement-Prinzip (Grundsatz der Nichtrückschiebung))
- Insgesamt gewähren die Vertragsstaaten einem Flüchtling weitgehend die gleichen Rechte wie Ausländern im Allgemeinen; ein Flüchtling darf also nicht als „Ausländer 2. Klasse” behandelt werden.
Der Grundsatz der Nichtrückschiebung nach Art. 33 Absatz 1 ist zentraler Bestandteil des Abkommens. Diesem Grundsatz zufolge darf ein Flüchtling nicht „auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten auszuweisen oder zurückzuweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde“. Er darf dabei nicht in ein Land zurückgewiesen werden, ohne dass sein Flüchtlingsstatus vorher geklärt worden ist.
Die Konvention erlaubt es den Vertragsstaaten, hinsichtlich der meisten Artikel Vorbehalte geltend zu machen. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass ein Staat, der eine einzelne, womöglich nebensächliche Regelung der Konvention ablehnt, ihr trotzdem beitreten kann und sich damit verbindlich zu den anderen Regelungen bekennen kann.
Im April 1954 trat die Konvention in Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland gehörte zu den ersten sechs Unterzeichnern.
Das Protokoll von 1967
Hauptkritikpunkt an der Konvention war ihre zeitliche Einschränkung auf Fluchtgründe, die vor 1951 eintraten. Auch konnten sich die Vertragsstaaten darauf beschränken, nur europäischen Flüchtlingen die entsprechenden Rechte einzuräumen. Mit dem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge wurde jegliche zeitliche und räumliche Einschränkung aufgehoben. Die Genfer Flüchtlingskonvention gilt nun für Staaten, die sowohl die Konvention als auch das Protokoll ratifiziert haben, uneingeschränkt gegenüber allen Flüchtlingen. Auch die Möglichkeit, Vorbehalte gegen einzelne Artikel der Konvention geltend zu machen, wurde reduziert.
Siehe auch
Literatur
- Gerda Heck: ›Illegale Einwanderung‹: Eine umkämpfte Konstruktion in Deutschland und den USA. Münster: Unrast, 2008. ISBN 978-3-89771-746-6 (Interview heiseonline 10. November 2008).
- Sergo Mananashvili: Möglichkeiten und Grenzen zur völker- und europarechtlichen Durchsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention. Baden-Baden: Nomos, 2009. ISBN 978-3-8329-4833-7.
- Seline Trevisanut: The Principle of Non-Refoulement at Sea and the Effectiveness of Asylum Protection. In: Max Planck Yearbook of United Nations Law 12 (2008) S. 205–246. (PDF; 274.7 KB).
Weblinks
- Die Genfer Flüchtlingskonvention nebst Zusatzprotokoll im Wortlaut (PDF, 133 KiB)
- Wortlaut Flüchtlingskonvention in der aktuell für die Schweiz gültigen Fassung
- Fragen und Antworten zur Genfer Flüchtlingskonvention des UNHCR
- Leitfaden für Flüchtlinge
Einzelnachweise
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte | UN-Sozialpakt | UN-Zivilpakt
Genozidkonvention | Flüchtlingskonvention | Rassendiskriminierungskonvention | Frauenrechtskonvention | Folterkonvention | Kinderrechtskonvention | Wanderarbeiterkonvention | Behindertenrechtskonvention
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
UN-Konvention für die Rechte der Kinder — Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz UN Kinderrechtskonvention, (engl. Convention on the Rights of the Child, CRC) wurde am 20. November 1989 von der UN Generalversammlung angenommen und trat am 20. September 1990, dreißig Tage nach … Deutsch Wikipedia
Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes — Staaten die die Völkermordkonvention unterzeichnet (gelb), ratifiziert (hellgrün) und ganz beigetreten sind (dunkelgrün) Die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (auch Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des… … Deutsch Wikipedia
Flüchtlinge — Flüchtlinge, unpräziser und umstrittener Sammelbegriff für Personen, die durch politische (Zwangs )Maßnahmen, Kriege und existenzgefährdende Notlagen veranlasst wurden, ihre Heimat vorübergehend oder auf Dauer zu verlassen. Dieser Begriff… … Universal-Lexikon
Deklaration der Menschenrechte — Die Flagge der Vereinten Nationen Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (A/RES/217, UN Doc. 217/A (III)), auch: Deklaration der Menschenrechte oder UN Menschenrechtscharta, ist das ausdrückliche Bekenntnis der Vereinten Nationen zu den… … Deutsch Wikipedia
Menschenrechte der Vereinten Nationen — Die Flagge der Vereinten Nationen Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (A/RES/217, UN Doc. 217/A (III)), auch: Deklaration der Menschenrechte oder UN Menschenrechtscharta, ist das ausdrückliche Bekenntnis der Vereinten Nationen zu den… … Deutsch Wikipedia
De-facto-Flüchtlinge — Konventionsflüchtlinge sind Menschen, welchen aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) der rechtliche Status eines Flüchtlings zuerkannt wurde. Flüchtling im UNHCR Logo Österreichischer … Deutsch Wikipedia
Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familien — Karte der Ratifiziererstaaten (grün) und Unterzeichnerstaaten (rot) Die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen (engl. International Convention on the Protection of the Rights … Deutsch Wikipedia
Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen — Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, englisch United Nations High Commissioner for Refugees [juː naitɪd neɪʃnz haɪ kə mɪʃnə fɔ refjə dʒiːz], Abkürzung UNHCR [juːeneɪtʃsiːaː], 1951 errichtete UN Hilfsorganisation zum Schutz der… … Universal-Lexikon
Konvention über Kinderrechte — Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz UN Kinderrechtskonvention, (engl. Convention on the Rights of the Child, CRC) wurde am 20. November 1989 von der UN Generalversammlung angenommen und trat am 20. September 1990, dreißig Tage nach … Deutsch Wikipedia
Internationaler Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte — Kurztitel: UN Zivilpakt; Schweiz: UNO Pakt II Titel (engl.): International Covenant on Civil and Political Rights Abkürzung: ICCPR oder IPbpR Datum: 16. Dez. 1966 Inkrafttreten: 1976 Fundstelle … Deutsch Wikipedia