Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Die Flagge der Vereinten Nationen
Sonderbriefmarke von 1998 zum 50. Jahrestag der Erklärung

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (A/RES/217, UN-Doc. 217/A-(III)), auch: Deklaration der Menschenrechte oder UN-Menschenrechtscharta, ist das ausdrückliche Bekenntnis der Vereinten Nationen zu den allgemeinen Grundsätzen der Menschenrechte. Es wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Palais de Chaillot in Paris genehmigt und verkündet.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte[1]

Der 10. Dezember als Tag der Verkündung wird seit 1948 als Internationaler Tag der Menschenrechte begangen.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Die Menschenrechtserklärung besteht aus 30 Artikeln. Diese enthält grundlegende Ansichten über die Rechte, die jedem Menschen zustehen, „ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.“[2] und unabhängig davon, in welchem rechtlichen Verhältnis er zu dem Land steht, in dem er sich aufhält. Mit Übersetzungen in nach Angaben des Office of the High Commissioner for Human Rights mehr als 300 Sprachen ist sie einer der am meist übersetzten Texte.

Schon die Präambel erklärt als grundsätzliche Absicht „Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt“, und Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an „die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau“.[3]

Obwohl sie als Erklärung keinen völkerrechtlich verbindlichen Charakter besitzt, wird sie im Allgemeinen als Bestandteil des Rechts der Vereinten Nationen und als Völkergewohnheitsrecht angesehen. Sie wird auch nicht ausdrücklich unterzeichnet, sondern von neuen UNO-Mitgliedsstaaten automatisch mit dem Beitritt zu den Vereinten Nationen anerkannt. Viele Bestimmungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte finden sich in den beiden internationalen Pakten über Bürgerliche und Politische Rechte („Zivilpakt“, BPR), sowie über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte („Sozialpakt“, WSKR), beide 1966, 1976 ratifiziert und haben dadurch den Rang internationaler Abkommen. Zusammen bilden diese Dokumente das Fundament des internationalen Menschenrechtsschutzes (engl. "International Bill of Human Rights").

Im Juli 2010 erklärte die UN-Vollversammlung mehrheitlich das Recht auf Wasser zum Menschenrecht.[4]

Vorläufer

Eleanor Roosevelt mit der spanischen Sprachversion (Declaración Universal de los Derechos del Hombre)

„Allgemeine Menschenrechte“ wurden erstmals in der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von 1776 postuliert:

„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit sind.“

Dort sind sie bereits als „unveräußerliche“ Rechte definiert. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Nationalversammlung vom 26. August 1789 greift diese Ideen auf und führt sie weiter aus, basierend auf den zu der Zeit aktuellen philosophischen Ideen der Aufklärung. Die Allgemeine Menschenrechterklärung nimmt mit den Worten „im Geist der Brüderlichkeit“[1] und „Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied“[2] auf diese Rechtstradition Bezug. Einer der ersten Versuche, den Gültigkeitsanspruch der Menschen- und Bürgerrechte über Europa und Amerika hinaus zu erweitern, war die vom African National Congress (ANC) am 16. Dezember 1943 verabschiedete Erklärung Africans’ Claims in South Africa.

Geschichte

Die Erklärung der Menschenrechte durch die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen ist eine direkte Reaktion auf die schrecklichen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs, in dem die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben. Gemäß Artikel 68 der Charta der Vereinten Nationen[5] wurde 1946 die UN-Menschenrechtskommission als eine Fachkommission des UN-Wirtschafts- und Sozialrates gegründet. Im Bewusstsein der inhaltlichen Defizite der Charta hinsichtlich der Menschenrechte, war somit die erste große Aufgabe der neu gegründeten Kommission die Erarbeitung eines internationalen Menschenrechtskodex ("International Bill of Rights" ).[6] Ende Januar 1947 nahm die aus 18 Experten bestehende Kommission unter der Leitung Eleanor Roosevelts ihre Arbeit auf.

Wesentlichen Anteil an der Abfassung hatten der kanadische Jurist John Humphrey, der libanesische Politiker und Philosoph Charles Malik, der französische Jurist René Cassin, der chinesische Philosoph Peng-chun Chang, Eleanor Roosevelt, die Witwe des vormaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt sowie Jacques Maritain.

Die Verhandlungen

Das Verhandlungsklima war bereits so stark geprägt von dem Konflikt zwischen Ost und West, dessen Ausmaße bald den ganzen Globus umspannten und Hunderte von Kriegen und Konflikte mit massivsten Menschenrechtsverletzungen auslösen sollten, dass Eleanor Roosevelt bald den Plan eines völkerrechtlich bindenden Menschenrechtspaktes verwerfen musste und angesichts der sich stetig verhärtenden Fronten entschloss, mehrstufig vorzugehen und sich zunächst nur auf den Entwurf einer unverbindlichen Erklärung der Menschenrechte zu konzentrieren. Die Einigung auf die rechtlich bindende Form eines völkerrechtlichen Vertrages wurde auf später verschoben, denn sie schien zu diesem Zeitpunkt nicht nur sehr zeitaufwendig, sondern vor allem sehr unsicher im Vergleich zu einer allgemeinen Erklärung, die im Grunde nur eine bloße Empfehlung darstellen würde. Was man aber zunächst erreichen wollte, war eine Definition des zu schützenden Bestandes an Menschenrechten, um so eine universale Rechtsauffassung zum Ausdruck zu bringen.[7] Doch auch dies sollte, wie sich bald zeigte, komplizierter als zuvor vermutet werden. Während die westlichen Staaten ausschließlich politische und bürgerliche Freiheitsrechte in die Erklärung aufnehmen wollten, bestanden die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten auf demselben Stellenwert wirtschaftlicher und sozialer Rechte. Vor dem Hintergrund all dieser Meinungsverschiedenheiten, offenbarte sich die letztendlich am 10. Dezember 1948 verabschiedete Fassung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte als das Resultat eines schwierigen Kompromisses und war allgemein genug gehalten, damit er unterschiedlich akzentuierte Auslegungen der Menschenrechte zuließ.[8]

Am 10. Dezember 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte mit 48 Ja-Stimmen, 0 Gegenstimmen und 6 Enthaltungen verabschiedet. Die Enthaltungen kamen von der Sowjetunion, Polen, ČSSR, Jugoslawien, Saudi-Arabien und Südafrika.

Weiterführendes

Die erste Weltmenschenrechtskonferenz fand 1968 in Teheran statt. Die zweite Weltmenschenrechtskonferenz wurde von den Vereinten Nationen vom 14. bis 25. Juni 1993 in Wien abgehalten, wenige Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges und der Blockkonfrontation. In der Abschlusserklärung bekannten sich die fast vollzählig versammelten 171 Staaten einmütig zu ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen.

Im Jahr 1990 beschloss die Organisation der Islamischen Konferenz die Kairoer Erklärung der Menschenrechte, die inhaltlich erheblich von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte abweicht, obwohl sie im Wortlaut ähnlich gehalten ist. Sie garantiert z. B. keine Gleichberechtigung von Männern und Frauen und kein Recht auf freie Wahl der Religion oder des Ehepartners. Weiter stellt sie alle dargestellten Rechte unter den Vorbehalt der islamischen Schari'a.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Art. 1. In: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. 10. Dezember 1948 (un.org, abgerufen am 13. Oktober 2011).
  2. a b Art. 2. In: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. 10. Dezember 1948 (un.org, abgerufen am 13. Oktober 2011).
  3. Präambel der Erklärung. In: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. 10. Dezember 1948 (ONHCR, abgerufen am 10. Dezember 2008).
  4. Webseite der Vereinten Nationen: General Assembly Adopts Resolution Recognizing Access to Clean Water, Sanitation (28. Juli 2010), Protokoll zu den Positionen und Voten der Mitgliedsländer, zuletzt abgerufen am 21. März 2011
  5. Die Resolution der UN-Generalversammlung UN-Doc. 217/A-(III), 12. Dezember 1948. In: INFORMATIONEN DER GfpA. Nr. 58, September 1998 (PDF; 0,8 MB, abgerufen am 10. Dezember 2008).
  6. Christian Tomuschat: Globale Menschenrechtspolitik, In: Karl KAISER, Karl/Hans-Peter SCHWARZ: Weltpolitik im neuen Jahrhundert, Baden-Baden, 2000, S. 431-441.
  7. Sven Bernhard Gareis/Johannes Varwick: Die Vereinten Nationen: Aufgaben, Instrumente und Reformen, 4. Aufl., Opladen/Farmington Hills, 2006, S. 176
  8. Peter J. Opitz: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, In: VOLGER, Helmut (Hg.): Lexikon der Vereinten Nationen, München/Wien, 2000, S. 331-336

Weblinks

 Commons: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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