Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Karte der Ratifizierer- (dunkelgrün) und Unterzeichnerstaaten (hellgrün)

Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, ICESCR), kurz UN-Sozialpakt oder IPwskR, in der Schweiz auch UNO-Pakt I genannt, ist ein multilateraler völkerrechtlicher Vertrag. Er wurde am 16. Dezember 1966 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen einstimmig verabschiedet (vgl. General Assembly Resolution 2200 A (XXI) ) und liegt seither zur Unterschrift auf.

Er wurde inzwischen von 160 Staaten ratifiziert (Stand 5. Januar 2010), unter anderem von der Bundesrepublik Deutschland (17. Dezember 1973), Österreich (10. September 1978), der Schweiz (18. September 1992) und Luxemburg (18. November 1983), und ist am 3. Januar 1976 gemäß Artikel 27 des Paktes drei Monate nach Hinterlegung der 35. Ratifikations- oder Beitrittsurkunde (Jamaica, Ratifikation am 3. Oktober 1975) beim Generalsekretär der Vereinten Nationen in Kraft getreten.

Seine Einhaltung wird durch den UN-Ausschuss über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte überwacht. Ein Zusatzprotokoll für die Einrichtung einer Individualbeschwerdemöglichkeit wurde 2008 verabschiedet. Bevor es in Kraft treten kann, muss eine ausreichende Anzahl von Staaten es noch ratifizieren.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Als Ausgangspunkt der internationalen Normierung von Menschenrechten wird die "Four Freedoms Address" des US-amerikanischen Präsidenten F. D. Roosevelt vom 6. Januar 1941 angesehen. Vier fundamentale Freiheiten sollten nach seiner Vision einer neuen Weltordnung grundlegend sein: Die Freiheit der Meinung und der Religion sowie die Freiheit von Mangel und Furcht.

Hierauf aufbauend wurde in der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 der Gedanke des Menschenrechtsschutzes allgemein als Zielbestimmung in der Definition der Zwecke der Vereinten Nationen aufgenommen.

Erst mit der am 10. Dezember 1948 feierlich proklamierten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) erhielt der völkerrechtliche Menschenrechtsgedanke seinen ersten fassbaren Ausdruck, wenngleich auch keinen völkerrechtlich verbindlichen.

Die AEMR enthält einen umfassenden Katalog bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte, der später in den beiden gleichzeitig am 16. Dezember 1966 von der Generalversammlung der UN verabschiedeten internationalen Pakten über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR oder IPbpR) bzw. über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) aufging.

Aufbau und Inhalt des Paktes

Übersicht

Der IPwskR umfasst 31 Artikel, die neben der Präambel in fünf Teile gegliedert sind. Teil I (Artikel 1) betont das Recht der Völker auf Selbstbestimmung als Grundlage für den Genuss aller weiteren Menschenrechte. Teil II (Artikel 2 bis 5) enthält einige allgemeine Regelungen zum Pakt. Kernstück des Paktes bildet Teil III (Artikel 6 bis 15), der die materielle Grundlage für konkrete Menschenrechtsgewährleistungen enthält.

Die einzelnen Paktrechte

Der Pakt definiert wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte eines jeden einzelnen, dazu gehören unter anderem:

Recht Quelle
die Gleichberechtigung von Mann und Frau Artikel 3
das Recht auf Arbeit Artikel 6.1
das Recht auf Berufsfreiheit
das Recht auf berufliche Beratung
das Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen Artikel 7
das Recht auf angemessenenen Lohn Artikel 7 a)i)
das Recht auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit Artikel 7 a)i)
das Recht auf angemessenen Lebensunterhalt (durch Arbeit) Artikel 7 a) ii)
das Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen Artikel 7 b)
das Recht auf Arbeitspausen, das Recht auf regelmäßigen bezahlten Urlaub,
das Recht auf Vergütung gesetzlicher Feiertage
Artikel 7 d)
das Recht zur Bildung von Gewerkschaften Artikel 8.1
das Recht zur Bildung von Gewerkschaftsverbänden Artikel 8.2
das Recht auf Streik Artikel 8.4
das Recht auf soziale Sicherheit und das Recht auf Sozialversicherung Artikel 9
das Recht auf größtmöglichen Schutz und Beistand für die Familie Artikel 10.1
das Verbot von Zwangsehen Artikel 10.1
das Recht auf Mutterschutz Artikel 10.2
das Recht auf bezahlten Mutterurlaub Artikel 10.2
das Recht auf Gleichbehandlung und Diskriminierungsfreiheit (insbesondere aufgrund der Abstammung)
bei Sondermaßnahmen zum Schutz und Beistand für alle Kinder und Jugendlichen
Artikel 10.3
das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sozialer Ausbeutung für Kinder und Jugendliche Artikel 10.3
das Recht auf ein Mindestarbeitsalter für Kinder Artikel 10.3
das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard einschließlich Recht auf Wohnen Artikel 11.1
das Recht vor Hunger geschützt zu sein,
zusammen mit Artikel 11.1 Satz 1 das Recht auf angemessene Ernährung
Artikel 11.2
das Recht auf höchstmögliche körperliche und geistige Gesundheit Artikel 12.1
das Recht auf medizinische Versorgung für jedermann Artikel 12.2.d
das Recht auf Bildung Artikel 13.1
die allgemeine Grundschulpflicht und das Recht auf unentgeltliche Grundschule Artikel 13.2.a
das Recht auf allgemeinen Zugang zum höheren Schulwesen Artikel 13.2.b
das Recht auf allgemeinen Zugang zu Hochschulen für gleichermaßen für jedermann Artikel 13.2.c
das Recht auf Unentgeltlichkeit des Studiums, insbesondere ein Verbot der Einführung von Studiengebühren
(a.A. Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 26. März 2007 - Az.: 9 K 3614/06)
Artikel 13.2.c
die allgemeine Schulpflicht und das Recht auf unentgeltliche Schule Artikel 14
das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben Artikel 15.1
das Recht auf Teilhabe am wissenschaftlichen Fortschritt und seiner Anwendungen Artikel 15.2
das Urheberrecht Artikel 15.3
das Recht auf Freiheit der Forschung Artikel 15.4

Diese Rechte gelten gleichermaßen für alle. Sie gelten also diskriminierungsfrei (Artikel 2.2), insbesondere hinsichtlich

Verhältnis des Paktes zur Rechtsordnung der BRD

Völkerrechtliche Bindung der BRD

Die Bundesrepublik Deutschland hat den Vertrag am 9. Oktober 1968 unterzeichnet (vgl. Bundesgesetzblatt 1973 II, Seite 1569) und am 17. Dezember 1973 die Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt (vgl. BGBl. 1976 II, S. 428). Mit Inkrafttreten des Paktes am 3. Januar 1976 (vgl. Bundesgesetzblatt 1976 II, Seite 428) ist die BRD völkerrechtlich an den Pakt gebunden.

Innerstaatliche Geltung

Das Zustimmungsgesetz (auch Vertragsgesetz genannt), auf dessen Grundlage die völkerrechtliche Ratifikation am 17. Dezember 1973 durch den Bundespräsidenten erfolgte, wurde am 23. November 1973 vom Deutschen Bundestag beschlossen (vgl. Bundesgesetzblatt 1973 II, Seite 1569). Zuvor haben auch alle Bundesländer dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Pakt zugestimmt (vgl. Beschluss laut Bundesrat, Drucksache 305/73 vom 25. Mai 1973 sowie Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses, Drucksache 7/1093 vom 17. Oktober 1973, Seite 4).

In der Bundesrepublik Deutschland ist der Vertrag somit durch das Vertragsgesetz vom 23. November 1973 in den Rang eines formellen Bundesgesetzes erhoben worden, welches zeitgleich mit dem Pakt selbst am 3. Januar 1976 in Kraft getreten ist. Bisher wurde das Gesetz nicht wieder aufgehoben oder anderweitig in seiner Geltung beschränkt.

Folgen der innerstaatlichen Geltung

Insbesondere Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe c) des IPwskR erlangte in den letzten Jahren eine größere Aufmerksamkeit im Rahmen der Diskussionen über die Frage der Erhebung allgemeiner Studiengebühren.[1]

In der Rechtswissenschaft ist noch nicht abschließend geklärt, ob überhaupt und wenn ja welche konkreten Rechtsfolgen sich aus Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe c) ergeben.

Grundsätzlich sind gemäß Artikel 2 Absatz 1 IPwskR nur die Vertragsstaaten unmittelbar an den Pakt gebunden, im Falle der BRD also nur der Bund als Gebietskörperschaft. Nach Artikel 28 IPwskR sollen die Paktbestimmungen gerade in föderalistischen Staaten auch für die einzelnen Gliedstaaten Geltung haben.


Gemäß Art. 19 Abs. 4 GG steht jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Dies gilt nicht nur für Verletzungen der Grundrechte, sondern für alle in der deutschen Rechtsordnung geschützten Rechte. Somit erfasst die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auch Fälle, in denen der Staat unmittelbar wirksame internationale Menschenrechtsnormen verletzt, die gemäß Art. 59 Abs. 2 bzw. Art. 25 GG Bestandteil des innerstaatlichen Rechts sind. Der deutsche Rechtsanwender ist über Art. 20 Abs. 3 GG („die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden“) an die transformierten Vorschriften des Völkerrechts gebunden. Aus der Vorschrift folgt auch die Pflicht, sich mit Inhalt und Auslegung dieser Vorschriften vertraut zu machen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [vgl. http://www.gew.de/Binaries/Binary29691/sozialpakt_innenteil_web-1.pdf Die Einführung von Studiengebühren und der internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt). Stellungnahme der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften(fzs)

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