Flüchtling

Flüchtling
Kriegsflüchtlinge aus Nord-Korea

Als Flüchtling wird eine ausländische Person anerkannt, die im Gegensatz zum Migranten aufgrund der Tatsache, dass sie im eigenen Herkunftsland aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Gründen verfolgt wird und einen effektiven Schutz in ihrem eigenen Heimatstaat nicht beanspruchen kann oder aus Furcht, dort verfolgt zu werden, diesen nicht beanspruchen will. Der Flüchtlingsbegriff setzt voraus, dass die Person ihre Heimat vorübergehend oder auf Dauer verlassen musste und Schutz in einem fremden Land ersuchte. Weltweit federführende Institution in den Belangen von Flüchtlingen und bei der Koordination von Maßnahmen ist das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge, dessen Mandat in der Genfer Flüchtlingskonvention definiert ist. Dasselbe zählte 2006 weltweit 8,4 Millionen Flüchtlinge.[1]

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Parteien des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge:
  • Parteien des Abkommens von 1951
  • Parteien des Protokolls von 1967
  • Parteien beider Verträge
  • Parteien keiner der beiden Verträge

Ein engerer Begriff als in der Alltagssprache üblich wird im internationalen Flüchtlingsrecht durch die Genfer Flüchtlingskonvention zur Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 begründet. Danach gilt als Flüchtling, wer

„ […] aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder der sich als staatenlos infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“

Genfer Flüchtlingskonvention[2]

Übliche, erweiterte Flüchtlingsbegriffe schließen im Gegensatz dazu

Die beiden letzteren Gruppen werden von vielen Staaten nicht als Flüchtlinge anerkannt, erhalten kein Asyl und werden dort als „illegale Einwanderer“ bezeichnet.

Dem deutschen Asylrecht ist darüber hinaus der Begriff der Kontingentflüchtlinge eigen. Ferner sind von diesen „natürlichen Flüchtlingen“ die Steuerflüchtlinge zu unterscheiden.

Häufige Probleme von Flüchtlingen

Flüchtlinge aus Ostpreußen,
Februar 1945 in Berlin

Flüchtlinge haben ihre Heimat verlassen, weil sie dort verfolgt, oft auch misshandelt und gefoltert wurden. Die Flucht verläuft oft unter dramatischen und strapaziösen Umständen. Neben akuten Wunden oder Hunger entwickelt ein erheblicher Anteil von Flüchtlingen eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) oder Depressionen. Flüchtlinge haben eine erheblich erhöhte Suizid-Inzidenz.[3] 2005 wurde PTBS bei 34 Prozent aus einer Gruppe von eintausend palästinensischen Schulkindern zwischen zwölf und sechzehn Jahren festgestellt.[4] Eine weitere Studie an weiblichen bosnischen Flüchtlingen konnte das Ergebnis mit einem ähnlichen Resultat reproduzieren.[5] Insbesondere Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern sind verstärkt Opfer von Vergewaltigung oder durch ihre Not motivierte Prostitution und verstärkt von Geschlechtskrankheiten betroffen.[6]

Durch die Asylrechtsnovelle (Grundgesetzänderung) und veränderte Entscheidungspraxis des BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und der Gerichte ist der Anteil der Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte nach Art. 16a GG anerkannt werden, stark gesunken. Schutz bietet oft nur noch die Anerkennung von Abschiebehindernissen aus gesundheitlichen Gründen, vor allem wegen traumatischer Verfolgungserfahrungen.

Weltflüchtlingstag

Der Welttag der Migranten und Flüchtlinge ist ein erstmals 1914 von Papst Benedikt XV. mit dem Dekret Ethnografica studia unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges ausgerufener Gedenktag, der seither jährlich abgehalten wird.[7]

Seit 2001 wird der 20. Juni als Weltflüchtlingstag begangen. Zuvor hatten viele Länder ihre eigenen nationalen Flüchtlingstage begangen, so auch Papst Benedikt XV. erstmals 1914 den Welttag des Migranten und Flüchtlings (kurz ebenfalls als Weltflüchtlingstag bezeichnet) ausgerufen, der seither jährlich abgehalten wird.[8] Die einzelnen Bischofskonferenzen haben zum Teil andere Tage festgelegt, so in Lateinamerika den 12. Oktober, dem Tag der Entdeckung Amerikas. Am 4. Dezember 2000 erklärte die UN-Generalversammlung mit der Resolution 55/76 zum bevorstehenden 50. Jahrestag der Gründung des UNHCR den 20. Juni zum Weltflüchtlingstag. Die Wahl fiel auf dieses Datum, da der 20. Juni zuvor in etlichen Ländern bereits Afrika-Flüchtlingstag gewesen war.[9][10]

Rechtliche Aspekte

Bis Flüchtlinge einen offiziellen Flüchtlingsstatus erhalten haben, gelten sie als Asyl Suchende oder Asylbewerber. Wird ihr Status als Flüchtling anerkannt, erhalten sie politisches Asyl und haben Anspruch auf einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Manche Staaten sind relativ tolerant und akzeptieren häufig Asylansprüche; andere lehnen sie nahezu rigoros ab.

Länder, die der Flüchtlingskonvention von 1951 und dem Protokoll 1967 beigetreten sind, sind zum Schutz der Flüchtlinge verpflichtet und können nicht willkürlich Flüchtlinge in ihr Herkunftsland abschieben. Flüchtlinge können sich auch an den UN-Hochkommissar für Flüchtlingsfragen (UNHCR) wenden. Nicht alle Nationen der Welt sind der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten – einige ignorieren gegenwärtig diesen internationalen Standard.

Die Palästinensischen Flüchtlinge infolge des Palästinakriegs von 1948 und ihre Nachkommen fallen nicht unter die 1951 abgeschlossene Konvention bzw. den UNHCR, jedoch unter die zuvor beschlossene UNRWA-Agenda. Somit unterliegen sie einem Sonderstatus; siehe: Palästinensisches Flüchtlingsproblem.

Siehe auch

Literatur

  • Sergo Mananashvili: Möglichkeiten und Grenzen zur völker- und europarechtlichen Durchsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention. Schriften des Europa-Instituts der Universität des Saarlandes – Rechtswissenschaft, Band 78, Nomos, 2009, ISBN 978-3-8329-4833-7
  • Madjiguène Cissé: Papiere für alle. Die Bewegung der Sans Papiers in Frankreich, Berlin: Assoziation A, 2002, ISBN 3-935936-14-1
  • Gerda Heck: Illegale Einwanderung. Eine umkämpfte Konstruktion in Deutschland und den USA. Edition DISS Band 17. Münster 2008. ISBN 978-3-89771-746-6 (Interview heiseonline 10. November 2008)
  • Heike Herzog, Eva Wälde: Sie suchten das Leben …. Suizide als Folge deutscher Flüchtlingspolitik, UNRAST-Verlag, 2002, ISBN 3-89771-810-3
  • Bernhard Mann: Politische Flüchtlinge. Sozialberatung in Sammelunterkünften und Fragen zur gesellschaftlichen Integration. Mit einem Vorwort eines Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR). Haag+Herchen. Frankfurt am Main. 1983 ISBN 3-88129-725-1
  • Michael R. Marrus: Die Unerwünschten, Assoziation A, 1999
  • Peter J. Opitz: Das Weltflüchtlingsproblem. Ursachen und Folgen. Beck'sche Reihe 367. C.H. Beck. München 1988 ISBN 3-406-33123-8
  • Unabhängige Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg. Projektleitung Gregor Spuhler: Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus, Bern, 1999
  • Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (Bergier-Bericht); Bern: BBL/EDMZ, 2002
  • Katja Schikorra: Flüchtlingskinder im Niemandsland. Ihre Situation in Deutschland, Logophon Verlag, 2004 [1]

Weblinks

Russische Flüchtlinge bei Stalingrad, 1942
 Commons: Flüchtlinge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Refugees by Numbers 2009 edition, UNHCR
  2. Konvention im Wortlaut
  3. Detainee children 'in suicide pact' CNN.com – 28. Januar 2002
  4. Khamis, V. Post-traumatic stress disorder among school age Palestinian children. Child Abuse Negl. 2005 Seite:81–95.
  5. Sundquist K, Johansson LM, DeMarinis V, Johansson SE, Sundquist J. Posttraumatic stress disorder and psychiatric co-morbidity: symptoms in a random sample of female Bosnian refugees. Eur Psychiatry. 2005 Seite 158–164.
  6. Aggrawal A. (2005) Refugee Medicine in : Payne-James JJ, Byard RW, Corey TS, Henderson C (Eds.) Encyclopedia of Forensic and Legal Medicine, Elsevier Academic Press: London, Vol. 3, Pp. 514–525.
  7. Päpstliche Grußbotschaften zum Weltflüchtlingstag:
    • Dokumentation der Welttage unter Papst Johannes Paul II.
      • 1991: (77) [Titel?], 21. August 1991
      • 1992: (78) [Titel?]
      • 1993: (79) [Titel?], 6. August 1993
      • 1994: (80) [Titel?], 6. August 1993
      • 1995: (81) [Titel?], 10. August 1994
      • 1996: (82) Migranten ohne Aufenthaltsstatus, 25. Juli 1995
      • 1997: (83) [Titel?], Castel Gandolfo, 21. August 1996
      • 1998: (84) [Titel?], 9. November 1997
      • 1999: (85) Pfarrgemeinden Stätten der Seelsorge und Mitverantwortung für Migranten, 2. Februar 1999
      • 2000: (86) Befreiung und Beginn einer neuen Zeit der Brüderlichkeit und Solidarität, 21. November 1999
      • 2001: (87) Seelsorge für die Migranten – Ein Weg zur Erfüllung der Sendung der Kirche in unserer Zeit, 2. Februar 2001
      • 2002: (88) Migration und interreligiöser Dialog, Castel Gandolfo, 25. Juli 2001
      • 2003: (89) Für einen Einsatz zur Überwindung jeder Art von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und übertriebenem Nationalismus, 24. Oktober 2002
      • 2004: (90) Migrationen im Blick auf den Frieden, 15. Dezember 2003
      • 2005: (91) Integration zwischen den Kulturen, 24. November 2004
    • Dokumentation der Welttage unter Papst Benedikt XVI.
      • 2006: (92) Migration: ein Zeichen der Zeit, 18. Oktober 2006
      • 2007: (93) Die Migrantenfamilie, 18. Oktober 2006
      • 2008: (94) Der junge Migrant, 18. Oktober 2007
      • 2009: (95) Der Heilige Paulus Migrant, Völker-Apostel, 24. August 2008
  8. Radio Vatikan: Papst: Sorgt für die Flüchtlingsfamilien! 14. Januar 2007
  9. UN.org: World Refugee Day
  10. UNHCR: Special events: World Refugee Day 2007

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