Herbert Müller-Roschach

Herbert Müller-Roschach

Herbert Müller-Roschach (bis 1955: Herbert Müller, * 5. März 1910 in Schwerin; † 14. Mai 1988 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Diplomat.

Beamtenlaufbahn

Am 1. Mai 1933 war er der NSDAP beigetreten. Von 1936 bis 1938 war Müller im Reichswirtschaftsministerium als Referent der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung sowie der Hauptabteilung Außenhandel beschäftigt. 1938 trat Müller in den Auswärtigen Dienst. Von 1939 bis 1940 war Müller im Außenministerium in der Wirtschaftspolitische Abteilung beschäftigt. Von 1940 bis 1941 war Müller an der Gesandtschaft des Deutschen Reichs in Teheran akkreditiert. Von 1941 bis 1942 war Müller im Außenministerium in der Abteilung Deutsches Reich beschäftigt.

Am 29. Januar 1942 nahm Müller an einer Konferenz in Ostministerium in der Rauchstraße 17 in Berlin an. Dort ging es darum, wer in den okkupierten Gebiete im Osten als „Jude“ zu gelten habe und gemäß den Beschlüssen der wenige Tage zuvor abgehaltenen Wannseekonferenz zu vernichten war.[1]

Ab 1943 betätigte er sich als persönlicher Referent von Otto Abetz, damals deutscher Botschafter des Deutschen Reichs beim Vichy-Regime. 1944 ging er an die Ausweichstelle des Auswärtigen Amtes in Sigmaringen. Bis 1946 war Müller in der französischen Besatzungszone interniert. Über seine Entnazifizierung ist nichts bekannt. Von 1946 bis 1949 arbeitete Müller auf einem schwarzwälder Bauernhof. 1949 war Müller Berater in der Economic Cooperation Administration für die französische Zone in Baden-Baden. Von 1950 bis 1951 war Müller Angestellter der deutschen Delegation bei der Internationalen Ruhrbehörde.

Am 1. November 1951, nach dessen Neu- bzw. Wiedergründung, wurde Müller im Außenministerium in Bonn Referent in der handelspolitischen Abteilung. Von 1952 bis 1953 leitete er das Referats II 5. 1953 leitete er das Referat 214 Montangemeinschaft. Von 1954 bis 1956 leitete er das Referat 210, Grundsatzfragen der zwischen- und überstaatlichen Organisationen. Von 1956 bis 1957 war er an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Jugoslawien in Belgrad tätig, von 1957 bis 1960 war er stellvertretender Leiter der Abteilung 2 West I, in Bonn. Von 1962 bis 1966 leitete er die Abteilung 3, West II in Bonn. Von 1963 bis 1966 leitete er den neu eingerichteten Planungsstab. Ab 1966 war er Botschafter der Bundesrepublik in Portugal.[2]

Abberufung als Botschafter in Portugal

Im Zusammenhang mit dem Schwurgerichtsprozess gegen den einstigen Legationssekretär Fritz von Hahn, dem die Mittäterschaft bei der Ermordung von 30.000 Juden vorgeworfen wurde, tauchten 1968 belastende Dokumente mit seiner Paraphe auf. Aus ihnen ergab sich der Verdacht, Müller-Roschach habe Kenntnis von den Holocaust-Planungen gehabt. Dieser Vorgang wurde öffentlich bekannt. Im Außenministerium der Großen Koalition unter Willy Brandt wurde diskutiert, was mit Müller-Roschach geschehen solle. Trotz des ministeriellen Versprechens, ihn nicht der Staatsräson zu opfern, wurde Müller-Roschach schließlich in den Ruhestand versetzt. [3] Das Bundespräsidialamt lehnte anschließend den Vorschlag des Auswärtigen Amts ab, Müller-Roschach in seiner Entlassungsurkunde für die „dem Deutschen Volke geleisteten treuen Dienste“ Dank auszusprechen. Es schickte den entsprechenden Entwurf mit der Bitte um Überarbeitung zurück ins Außenamt. Dort reagierte man darauf mit Unverständnis, obgleich Müller-Roschach unter Verdacht stand, am Holocaust beteiligt gewesen zu sein.[4]

Von 1969 bis 1972 war er Vorsitzender des Ausschusses für Internationale Angelegenheiten der Deutschen Kommission für Ozeanographie. Auch das Auswärtige Amt beauftragte den Ruheständler immer wieder mit Gutachten.[5]


Vorgänger Amt Nachfolger
Hansjoachim von der Esch Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Rabat
1960-1962
Walter Hess
Herbert Schaffarczyk Botschafter der Bundesrepublik Lissabon
1966-1969
Hans Schmidt-Horix

Einzelnachweise

  1. Der Spiegel, 22. Juli 1968, DIPLOMATIE pdf
  2. http://www.bundesarchiv.de/cocoon/barch/0000/z/z1961z/kap1_1/para2_139.html
  3. Ulrich Keitel: Das Auswärtige Amt im Zwielicht – oder – Wieviel Angriffsfläche bietet das Auswärtige Amt? Kommentar im Hessischen Rundfunk vom 17. Juli 1968.
  4. Aus der Erinnerung, Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom 22. Juli 1968; siehe ferner Frank Schirrmacher: Die Täter vom Amt, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, vom 24. Oktober 2010.
  5. Frank Schirrmacher: Die Täter vom Amt, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, vom 24. Oktober 2010.

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