Hildegard von Gierke

Hildegard von Gierke

Hildegard von Gierke[1] (* 30. September 1880 in Breslau; † 14. April 1966 in Osterode am Harz) war eine deutsche Sozialpädagogin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Hildegard Valeska Magarete, genannt Hilga, war das jüngste von sechs Kindern des bekannten Rechtswissenschaftlers und -historikers Otto von Gierke und dessen Ehefrau Lili von Gierke, geb. Loening, die aus einer jüdischen Verlegerfamilie aus Frankfurt am Main stammte. Ihre sechs Jahre ältere Schwester ist die Sozialpädagogin Anna von Gierke, ihr 1875 geborener Bruder der Jurist Julius von Gierke und ihr 1877 geborener Bruder der Pathologe Edgar von Gierke. Nach Privatunterricht, dem Besuch einer Höheren Töchterschule arbeitete sie ehrenamtlich im Verein Jugendheim in Berlin-Charlottenburg. Von 1900 bis 1902 absolvierte sie die Ausbildung zur Kindergärtnerin am Kindergärtnerinnenseminar des Petalozzi-Fröbel-Hauses in Berlin. Anschließend war Hildegard von Gierke in einem Berliner Kindergarten tätig und besuchte ergänzend noch einen Lehrerinnenkurs.

Ab 1905 unterrichtete sie am Pestalozzi-Fröbel-Haus die zukünftigen Kindergärtnerinnen und leitete dort die Elementarklassen. In dieser Funktion hatte sie entscheidend an der Neuordnung der Kindergärtnerinnenausbildung in Preußen mitgewirkt. Eine Folge davon war, daß 1912 in Preußen die ersten staatlichen Kindergärtnerinnenprüfungen durchgeführt wurden[2].

Oktober 1914 bis Februar 1917 zeichnte sie als Leiterin der Freiwilligen Kriegshilfe in Berlin-Schöneberg verantwortlich. Anschließend leitete sie bis Kriegsende das Frauenreferat der Kriegsamtstelle in Magdeburg und übernahm dann kurzfrsitig die Leitung der Abteilung Jugendschutz in Berlin-Schöneberg. In ihrer verantwortlichen Position setzte sie sich für eine Bereitstellung einer größeren Anzahl an Tageseinrichtungen ein, ebenso für eine Verbesserung ihrer Qualität, um den arbeitenden Müttern das Gefühl der Sicherheit zu geben, dass ihre Kinder gut versorgt sind:

Vor allem muß in ganz anderem Maße für die Kinder der arbeitenden Frauen gesorgt werden. Nur dann können sie arbeitsfreudig und arbeitsfähig bleiben, wenn sie wissen, daß die Kinder während der vollen Arbeitszeit versorgt und liebevoll gepflegt sind. Also liegt ein starkes Interesse der Kriegsamtsstellen an der Kinderfürsorge vor. Sie muß sich den veränderten Verhältnissen anpassen und in hygienischer und erziehlicher Hinsicht in viel weiterem Maße jedem einzelnen Kind den durch das Fehlen der Mutter entstehenden Mangel zu ersetzen suchen wie im Frieden[3].

Von 1919 bis 1921 war sie, in Nachfolge von Marie Baum, Dozentin und Leiterin der praktischen Ausbildung am Sozialpädagogischen Institut in Hamburg. Danach kehrte Hildegard von Gierke wieder an ihre alte Wirkungsstätte, dem Pestalozzi-Fröbel-Hauses als zweite Leiterin neben Lili Droescher zurück. Daneben engagierte sie sich noch in verantwortlicher Position in der Berliner Sektion der Berufsorganisation der Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen sowie im Deutschen Fröbelverband. Dabei wirkte sie bei der Erstellung neuer Prüfungsverodnungen und Zulassungsvoraussetzungen für die verschiedenen sozialen Ausbildungsstätten mit... Als Ergebnis ihrer Bemühungen um eine Intensivierung der Ausbildungssituation wurde die Ausbildung der Hortnerin mit derjenigen der Kindergärtnerin vereinigt[4]. Des Weiteren war sie unter anderem seit 1925 Mitglied im Vorstand der Deutschen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit, seit 1928 Mitglied der Fachgruppe Soziale Arbeit des Bundes deutscher Frauenvereine, ferner übernahm sie 1932 noch das Amt der Vorsitzenden des Berliner Vereins für Volkserziehung, war Schriftführerin für den Bund der Berusorganisation des sozialen Dienstes und unterrichtete für kurze Zeit an der Deutschen Gesundheitsfürsorgeschule in Berlin-Charlottenburg.

Als die Nazis an die Macht kamen, mußte sie wegen ihrer jüdischen Versippung alle ihre Ämter aufgeben. Hildegard von Gierke übersiedelte mit ihrer Freundin Gretel Magnus nach Osterode am Harz, um dort unterzutauchen. Der damalige Bürgermeister Fritz Fiedler sen. sowie die Bürger der Ortschaft halfen ihr, sich vor den Nazis zu verstecken[5]. Nach den Zusammenbruch der Nazi-Diktatur baute Hildegard von Gireke, inzwischen 65 Jahre alt, eine Fachschule für Kindergärtnerinnen im Landheim Hundert Eichen (damals noch im Besitz des Pestalozzi-Fröbel-Hauses) auf, die sie bis 1950 leitete. Zu ihrem Bedauern wurde die Fachschule 1952 aufgelöst (u. a. mitbedingt durch Enteignung des Besitzes) und dafür ein Institut für Lehrerbildung errichtet.

Werke (Auswahl)

  • Allerlei Papparbeiten, Berlin 1912
  • Welche Forderungen ergeben sich für die Kleinkinderfürsorge aus der zunehmenden Erwerbstätigkeit der Frau?, in: Deutscher Ausschuß für Kleinkindererziehung (Hrsg.): Kleinkinderfürsorge und Bevölkerungspolitik, Frankfurt/Main 1918, S. 144-153
  • Die erzieherische Beeinflussung der Kinder in Krankenanstalten, in: Zeitschrift für das gesamte Krankenhauswesen 1929/H. 16, S. 444-447
  • Die neue Prüfungsordnung, in: Kindergarten 1930/H. 5, S. 63-67
  • Unser Elternhaus, 1960 (Privatdruck)
  • Die Natur im Jahreslauf, beobachtet mit Kindern, Ravensburg 1961 (5. Auflage)

Literatur

  • Erika Hoffmann: Zwei Wegbereiterinnen sozialer Arbeit: Hildegard von Gierke, in: Nädchenbildung und Frauenschaffen, 1961/H. 5, S. 11-16
  • Hugo Maier: Who is who der Sozialen Arbeit, Freiburg/Breisgau 1999, S. 201-202
  • Gudrun von der Recke: Anna und Hildegard von Gierke - Zwei Wegbereiterinnen der sozialpädagogischen Arbeit, München 2005 (unveröffentlichte Diplomarbeit)

Weblink

Einzelnachweis

  1. zur Familiengenealogie: http://www.von-gierke.de/vgp_1910.htm
  2. Recke 2005, S. 56
  3. Gierke 1918, S. 146
  4. Recke 2005, S. 127
  5. Recke 2005, S. 176

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