Hohes Gericht am Lechlumer Holz

Hohes Gericht am Lechlumer Holz
Ausschnitt einer Karte von 1615: Nordöstlich der Festung Wolfenbüttel befindet sich „Das Lechel Holtz“. Deutlich sichtbar am nordwestlichen Waldrand das „Hohe Gericht“, mit mehreren Galgen, Pfählen und Rädern.
Ansicht Wolfenbüttels von Norden (aus Theatrum Europaeum). Deutlich zu erkennen: Die über ihre Ufer getretene Oker und der Schwedendamm (Ziffer „10“). Bei dem Waldstück in der Mitte links ist deutlich das „Hohe Gericht“ erkennbar.
Das „Hohe Gericht“ 2010, rechts der Gedenkstein
Gedenkstein von 1986

Das Hohe Gericht am Lechlumer Holz diente vom 16. Jahrhundert bis Mitte 1759 als Hauptrichtstätte des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Anlage befindet sich auf einer Hügelkuppe (Galgenberg) oberhalb der Oker am nordwestlichen Rand des Lechlumer Holzes, einem kleinen Waldstück an der alten Heerstraße, die von Wolfenbüttel über Stöckheim und Melverode nach Braunschweig verlief. Die Überreste des Hinrichtungsplatzes sind noch heute erkennbar.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erstmals erwähnt wurde das Hohe Gericht am „Lecheln Holze“ (damaliger Name) 1603 als „Herzogliches Hauptgericht“. Zu dem Zeitpunkt dürfte es aber bereits seit längerer Zeit bestanden haben. Seine Benennung leitet sich vom wüst gefallenen Dorf Lechede ab. Ursprünglich war der Ort als „Stöckheimer Streithorn“ bekannt, der, seit er bewaldet ist, dann „Stöckheimer Streithorst“ genannt wurde.[1]

Die Richtstätte bestand aus zwei nebeneinander liegenden Plattformen, die von Gräben und Wällen umgeben waren. Sie maßen ca. 48 × 18,5 m und hatten jeweils mehrere Galgen, Hexenpfähle und Räder. Im Laufe von mehr als 160 Jahren wurden dort die Todesurteile für Delinquenten aus dem Fürstentum und der Stadt Braunschweig vollstreckt. Zur Zeit der Welfenherzöge Heinrich Julius (1589–1613) und August dem Jüngeren (1579–1666) fanden hier auch zahlreiche „Hexen“ und „Zauberinnen“ den Tod auf dem Scheiterhaufen oder durch Enthaupten. Die Rehtmeyersche Chronik von 1590 vermerkte dazu: „In den Fasten dieses Jahres ließ der Herzog viele Hexenmeister und Zauberinnen zu Wolfenbüttel verbrennen, als wohin aus dem Lande Braunschweig, Göttingen und Cahlenbergischen Theils, alle Maleficanten zusammengebracht und gerichtet wurden … Wie dann zu Wolfenbüttel öfters an einem Tag 10, 12 und mehr gebrant, und der Orts des Lecheln Holzes von den Zauberpfählen als ein kleiner Wald anzusehen gewesen.“[2] Erhängte ließ man zur Abschreckung am Galgen hängend verwesen.

Der wohl bekannteste Delinquent, an dem hier wahrscheinlich das Todesurteil vollstreckt wurde, war der Lübecker Bürgermeister Jürgen Wullenwever, er wurde im September 1537 mit dem Schwert gerichtet. Zwar gibt es keine Dokumente, die den Ort bestätigen, doch liegt die Vermutung sehr nahe. Mitte 1759 wurde das Hohe Gericht am Lecheln Holtze aufgegeben und die Richtstätte auf den Wendesser Berg, wenige Kilometer südöstlich von Wolfenbüttel, verlegt.[3]

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts verfiel und überwucherte die Anlage; 1964 wurde sie von Wilhelm Bornstedt, dem damaligen Braunschweiger Stadtheimatpfleger, wiederentdeckt.[1] Ab 1981 wurde das Gelände behutsam wieder hergestellt und 1986 ein Gedenkstein aufgestellt.

Literatur

  • Wilhelm Bornstedt: Das herzogliche „Hohe Gericht“ im Stöckheimer Streithorn am Lecheln Holze, vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (Diebstahl, Mord, Raub und Hexenverbrennung). Stadtheimatpfleger, Braunschweig 1982 (Denkmalpflege und Geschichte NF 2, ISSN 0175-3029).
  • Joachim Lehrmann: Hexen- und Dämonenglaube im Lande Braunschweig. Die Geschichte einer Verfolgung unter regionalem Aspekt. Stark erweiterte und überarbeitete 2. Auflage. Lehrmann, Lehrte 2009, ISBN 978-3-9803642-8-7.

Einzelnachweise

  1. a b Joachim Lehrmann: Hexen- und Dämonenglaube im Lande Braunschweig. Die Geschichte einer Verfolgung unter regionalem Aspekt, S. 117
  2. Alte Richtstätte im Lechlumer Holz
  3. Ortsgeschichte Wendessen

Weblinks

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