Wilhelm Höttl

Wilhelm Höttl

Wilhelm Höttl (* 19. März 1915 in Wien; † 27. Juni 1999 in Altaussee) war ein österreichischer SS-Offizier, der während des Zweiten Weltkrieges Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamtes sowie des SD war und nach Kriegsende für alliierte Geheimdienste tätig wurde. Er gründete später ein privates Gymnasium in Bad Aussee.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Vor dem Zweiten Weltkrieg

Seine Eltern waren Maria Höttl, geborene Renner, und Hans Höttl, ein Beamter. Er wechselte während des Studiums von der katholischen Jugendbewegung „Neuland“ zur NSDAP (Mitgliedsnr. 6.309.616) und zur SS (Mitgliedsnr. 309.510). Er promovierte 1938 nach dem „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich zum Doktor der Geschichte an der Universität Wien.

Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg

Ab 1939 war Höttl vom Reichssicherheitshauptamt beschäftigt. Beim SD-Leitabschnitt Wien gehörten zu seinen Aufgaben Kirchenfragen. Später zog er nach Berlin, wo er zum SS-Sturmbannführer (Major) befördert wurde und im Amt VI (SD-Ausland) zunächst in der Abteilung Italien, später Balkan beschäftigt wurde. Dort war er wichtiger Mitarbeiter von Walter Schellenberg.

Höttl war Adjutant von Ernst Kaltenbrunner und wurde 1943 zum SS-Obersturmbannführer (Oberstleutnant) befördert. Während der Besetzung Ungarns ab März 1944 war Höttl in der Botschaft des Deutschen Reichs in Ungarn bei Edmund Veesenmayer. Er gehörte dort dem Stab des Höheren SS- und Polizeiführers für Ungarn Otto Winkelmann in Budapest an. Kaltenbrunner hatte Höttl 1945 für einen Ministerposten in einer NS-separatistischen Regierung Österreichs vorgesehen.

Anfang 1945 erhielt Höttl von Kaltenbrunner eine Sondergenehmigung für den Unternehmer Fritz Westen, eine Lastwagenkolone mit Wertgegenständen aus Kroatien abzutransportieren. Westen kam am 28. Februar 1945 bei Allen Welsh Dulles in Bern an. Höttl wurde von Dulles für den Counter Intelligence Corps (CIC) in Linz rekrutiert, wo er bis 1949 beschäftigt war. Wozu er sich den alliierten Geheimdiensten zur Verfügung stellte, liegt weitgehend im Dunkeln.[1] Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai 1945 sollte Höttl seine Kontakte in Budapest und Bukarest über die SD-Funkstelle Steyring mit Richtstrahler für den CIC aktivieren.

Höttl wurde am 12. Mai 1945 bei Altaussee auf einer Alm verhaftet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Während des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher steht Höttl als Zeuge der Anklage zu Verfügung.[1] Anklagevertreter Major William F. Walsh zitierte am 14. Dezember 1945 eine eidesstattliche Erklärung Höttls vom 26. November 1945. Demnach habe Eichmann ihm Ende August 1944 ein „grosses Reichsgeheimnis“ anvertraut: „In den verschiedenen Vernichtungslagern seien etwa vier Millionen Juden getötet worden, waehrend weitere 2 Millionen auf andere Weise den Tod fanden, wobei der Grossteil davon durch die Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei waehrend des Feldzuges gegen Russland durch Erschiessen getötet wurden.[2]

Im Salzkammergut rekrutierte Höttl eine Gladioorganisation aus ehemaligen Angehörigen des SD, der Waffen-SS, Wehrmachtoffizieren sowie aus Flüchtlingen aus Balkan-Staaten. Auch an einer Kontaktaufnahme früherer Nationalsozialisten mit der Führung der ÖVP, der sogenannten Oberweiser Konferenz, war er führend beteiligt.

Höttl gründete 1952 in Bad Aussee ein privates Gymnasium, das Jugendliche mit Schulschwierigkeiten zur Matura führt.[3] Es wurde unter anderem von Jochen Rindt und André Heller besucht. Letzterer bezeichnete es als „Nazi-Reservat“.[4] Höttl stellte ihn, anspielend auf die in der Familie nicht gelebte jüdische Herkunft, am ersten Schultag 1958 mit folgenden Worten der Klasse vor: „Das ist der Heller, setzt euch nicht neben ihn, der hat böses Blut.“[5]

1953 arbeitete Höttl unter dem Decknamen „Papermill“ wieder für Nachrichtendienste.[6][7]

Während des Eichmann-Prozesses erklärte Höttl: „Eichmann war der Spediteur zum Tode.“[8]

1980 machte Höttls Maturaschule in Bad Aussee Konkurs und wurde vom Land Steiermark übernommen. Höttl erhielt im Sommer 1995 von Landeshauptmann Josef Krainer trotz Protesten der „Lagergemeinschaft Mauthausen“ das Goldene Verdienstkreuz des Landes Steiermark und wurde als Historiker und Ausseer Schulgründer gewürdigt.[5]

Veröffentlichungen

  • (als „Walter Hagen“) Die geheime Front. Organisation, Personen und Aktionen des deutschen Geheimdienstes. Nibelungen-Verlag, Linz 1950
    • gekürzte englische Übersetzung: The Secret Front, Enigma Books, 1954[9]
  • (als „Walter Hagen“) Unternehmen Bernhard. Ein historischer Tatsachenbericht über die größte Geldfälscheraktion aller Zeiten. Welsermühl Verlag, Wels 1955
  • Einsatz für das Reich. S. Bublies, Koblenz 1997

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Artikel In: Berliner Zeitung, 23. April 2005
  2. IMT: Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Nachdruck München 1989, ISBN 3-7735-2524-9, Bd. XXXI, S. 85 (Dokument 2738-PS).
  3. berlinonline.de
  4. Ani Reng: Der österreichische James Dean, Datum, 7/8 2010
  5. a b André Heller „mit dem bösen Blut“. In: Der Standard, 29. April 2005; derstandard.at, 29. Dezember 2005
  6. Im Visier der Nazi-Jäger. In: Der Spiegel. Nr. 36, 2001 (online).
  7. April 2001, Historical Analysis of 20 Name Files from CIA Records
  8. Das Labyrinth. In: Der Spiegel. Nr. 36, 1961 (online).
  9. david-kahn.com

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