Individualbesteuerung

Individualbesteuerung

Individualbesteuerung bezeichnet eine Besteuerungsmethode, bei der das Einkommen jeder natürlichen Person einzeln besteuert wird.

Bei einem Modell der Individualbesteuerung wird die Höhe der Steuer nach dem Einkommen des Individuums, nicht nach dem zusammengerechneten Einkommen einer Veranlagungsgemeinschaft wie z.B. eines Ehepaares, festgesetzt. Die Einkommensteuerlast von Ehegatten ist bei einer Individualbesteuerung unabhängig davon, ob beide Partner Einkommen erzielen oder nur einer. Es besteht kein Unterschied zwischen Personen, die in einem Einpersonenhaushalt oder in einer Lebenspartnerschaft leben oder verheiratet sind.

Verschiedene Modelle einer Individualbesteuerung sehen zusätzlich einen übertragbaren Grundfreibetrag vor, die insbesondere eine Nichtanrechenbarkeit des Existenzminimums des nicht-erwerbstätigen Ehegatten sicherstellen soll.

Insgesamt betrachtet entsteht bei der Individualbesteuerung nur ein kleiner oder kein steuerlicher Vor- oder Nachteil durch den Familienstand der Ehe, je nach Ausprägung des Systems.

Inhaltsverzeichnis

Nationale Besonderheiten

Die Methode der Besteuerung in Schweden ist eine reine Individualbesteuerung.

Die Einkommensteuer in Österreich wird seit 1973 nach dem Prinzip der Individualbesteuerung erhoben, wobei zusätzlich familienbezogene Absetzbeträge (Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag, Kinderabsetzbeträge) zur Geltung kommen.[1]

Geschlechterpolitische Konsequenzen

Eine Individualbesteuerung verringert, selbst wenn ein Alleinverdienerabzug vorgesehen ist, im Vergleich zu Zusammenveranlagungs- oder Splittingsystemen die Anreize für die Rollenteilung im Haushalt. Im Gegensatz hierzu bieten Ehegattensplitting und Familiensplitting ähnliche Anreize für eine Rollenteilung.[2] Dies trifft insbesondere auf Paare zu, in denen der Hauptverdiener pro zusätzlicher Zeiteinheit mehr verdient als der Zweitverdiener mit geringerem Einkommen. Im Vergleich stützt die Individualbesteuerung Doppelversorgermodelle mit egalitärer Arbeitsteilung.

Befürworter der Individualbesteuerung in Österreich weisen darauf hin, dass die Individualbesteuerung im Rahmen des Zuverdienermodells verhindert, dass das Einstiegseinkommen des geringer verdienenden Ehepartners der Steuerprogression unterliegt. Somit würden Negativanreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit des Ehepartners vermieden. Statistisch betrachtet würde so im Vergleich zu Modellen des Ehegatten- oder Familiensplittings die Erwerbsintegration von Frauen gefördert.[3]

Individualbesteuerung wird aufgrund der Anreize für eine Erwerbstätigkeit beider Partner als Mittel angesehen, um durch Vorgaben im Steuer- und Sozialsystem präventiv finanzielle (Übergangs-)Probleme bei Trennung und Scheidung zu entschärfen.[4]

Kritik

Kritiker weisen darauf hin, dass eine Individualbesteuerung ohne Familienleistungs- oder -lastenausgleich die finanziellen Belastungen einer Familie nicht genügend berücksichtigen würden. Zudem würden Ehepaare benachteiligt, bei denen ein Alleinernährer für das Familieneinkommen aufkomme. Ehepaare, bei denen sich ein Partner ganz oder großteils aus dem Arbeitsleben zurückzieht, würden bei gleichem Gesamteinkommen steuerlich stärker belastet als Ehepaare, bei denen beide ungefähr in gleicher Höhe zum Familieneinkommen beitragen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Familienförderung und Familienbesteuerung. Analyse und Bewertung der derzeit in Diskussion stehenden Modelle. Arbeiterkammer Oberösterreich, März 2008, abgerufen am 10. Oktober 2009 (PDF).
  2. Miriam Beblo: Geschlechterpolitische Bewertung von Individualbesteuerung. 18. Februar 2009, abgerufen am 10. Oktober 2009 (PDF).
  3. Familienbesteuerung: Wahlfreiheit der Frau gefährdet. Sozialrechtler Binder plädiert für die Beibehaltung der Individualbesteuerung. Österreichisches Institut für Familienforschung, Universität Wien, abgerufen am 10. Oktober 2009.
  4. Hans-Jürgen Andreß, Barbara Borgloh, Miriam Güllner, Katja Wilking: Wenn aus Liebe rote Zahlen werden – Über wirtschaftliche Folgen von Trennung und Scheidung. Abgerufen am 11. Oktober 2009. S. 4

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