Joseph Stapf

Joseph Stapf
Hl. Joseph am Hochaltar in der Pfarrkirche Munderkingen

Joseph Stapf (* 12. August 1711 in Pfronten-Dorf; † 26. November 1785 ebenda) war ein süddeutscher Bildhauer und Bausachverständiger. Er entstammte einer „zentralen Pfrontener Künstlerfamilie“, die in drei Generationen fünf Maler und drei Bildhauer hervorbrachte. Verwandtschaft bestand auch zu den ebenfalls künstlerisch tätigen Familien der Hitzelberger und Geisenhof.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Joseph Stapf war ein Enkel des Baders und Chirurgen Nikolaus Stapf und der jüngste Sohn des früh verstorbenen Michael Stapf († 1712) und dessen Ehefrau Ursula Wetzer. Wie schon sein zehn Jahre älterer Bruder Mang Anton Stapf absolvierte Joseph eine Bildhauerlehre bei Christoph Bammer in Augsburg, und zwar von 1726 bis 1729.

Auszug des Hochaltars der Pfarrkirche St. Martin in Marktoberdorf

Über seine Gesellenzeit gibt es keinerlei Nachrichten. Rund zwei Jahrzehnte lang war der Pfrontener Bildhauer im benachbarten Tirol und sogar in Südtirol tätig, meist als Mitarbeiter und Berater des „Priesterarchitekten“ Franz de Paula Penz.

1743 erwarb Joseph von seinem Bruder Mang Anton das Elternhaus. Weil er keine Nachkommen hatte, verkaufte er es 1765 an einen Schwager, behielt aber das Wohnrecht im Haus für sich allein. Im Gegensatz zu den meisten Bildhauern seiner Zeit war Joseph Stapf finanziell sehr gut gestellt; er konnte Geld verleihen und mit Grundstücken Handel treiben. Erst 1772, im Seniorenalter von 61 Jahren, heiratete er. Am 25. November 1785, einen Tag vor seinem Tod, änderte Joseph Stapf noch einmal sein Testament zugunsten der Heimatkirche seiner Frau, St. Martin in Pfronten-Kappel. Zuvor schon hatte er diese Kirche zum Selbstkostenpreis mit Altären ausgestattet.

Werk

Bildhauer

Maria Immakulata an der Fassade der Basilika in Wilten

Das bildhauerische Werk von Joseph Stapf konnte bislang nur unvollständig erfasst werden. Zwei Gründe seien dafür genannt: Wohl wegen desselben Lehrmeisters lassen sich die Arbeiten der Brüder Stapf und ihres Cousins Maximilian Hitzelberger in manchen Fällen nur sehr schwer unterscheiden. Außerdem sind die Tiroler Arbeiten von Joseph Stapf weit verstreut, teilweise nicht mehr erhalten und auch noch nicht gründlich genug erforscht.

Bemerkenswert ist, dass Joseph Stapf – wie auch sein Bruder Mang Anton – ebenso gut in Holz wie auch in Stein arbeitete: „Er führte das Schnitzmesser durch Lindenholz wie durch weiches Wachs.“[2] Für seine Meisterschaft in der Bearbeitung von Marmor sprechen z. B. mehrere Figuren in der Wiltener Basilika.

Altarbauer

Joseph Stapf hat nachweislich mehrere prachtvolle Altäre und Kanzeln geplant. Die reinen Kistlerarbeiten überließ er wohl jeweils einem entsprechenden Kunsthandwerker, während er selbst die Bildhauerarbeiten ausführte.

Bausachverständiger

Wo und wie sich Joseph Stapf sein architektonisches Wissen aneignete, ist nicht bekannt. Dass er jedoch auch als Architekt zu hervorragenden Leistungen fähig war, beweist die Basilika in Innsbruck-Wilten, deren Planzeichnungen er fertigte. Stilistisch ist Stapf der sog. „Füssener Schule“ Johann Jakob Herkomers zuzuordnen. Joseph Stapfs Rolle als Berater und Begleiter des geistlichen Architekten Franz de Paula Penz wechselte wohl von Fall zu Fall und lässt sich im Nachhinein kaum noch in allen Einzelheiten ermitteln.

Werkverzeichnis

Engel am Choraltar der Stiftskirche in Wilten

Das Werkverzeichnis ist aus den bereits genannten Gründen lückenhaft.

  • um 1732 (oder später?): Pinswang (Tirol), Pfarrkirche zum hl. Ulrich: Teile der Rokoko-Ausstattung[3]
  • 1736: Obermarchtal, ehem. Prämonstratenser-Abteikirche St. Peter und Paul: Agatha-Altar[4]
  • 1738: Munderkingen, Pfarrkirche St. Dionysius: Hochaltarplastik (Zuschreibung)
  • 1742: Pfronten-Ösch, Kapelle St. Coloman: Altar (zwar archivalisch, aber nicht erhalten)
  • 1745: Marktoberdorf, Pfarrkirche St. Martin: prächtiger Choraltar (Entwurf und Altarplastik)
  • 1746/47: Fulpmes (Tirol): Pfarrkirche zum hl. Veit: Bauplan (?), 4 Hochaltarfiguren
  • um 1750 (?): Reutte (Tirol), Kapelle Christus am Stein bei der Ehrenberger Klause: Fall Christi unter dem Kreuz (bemerkenswerte Figur, Zuschreibung)
  • 1750/51: Gossensass (Südtirol): Pfarrkirche zur Unbefleckten Empfängnis: Hochaltarfiguren
  • 1751 bis 1755: Innsbruck-Wilten, Pfarrkirche und Basilika zur Unbefleckten Empfängnis Mariä (bedeutendster sakraler Rokokobau Nordtirols): Baupläne, Entwurf des Hochaltars, prächtige Kanzel, Marmorstatuen
  • um 1752: Brixen (Südtirol), Dom: Entwurf der Chororatorien
  • 1753/56: Anras (Osttirol), Pfarrkirche zum hl. Stephanus: Entwürfe, Altäre, Statuen
  • 1761 (?): Sachsenried, Pfarrkirche St. Martin: Zum bereits bestehenden Hochaltar die Figur hl. Afra (Zuschreibung) - das Gegenstück hl. Ulrich wohl von Maximilan Hitzelberger
  • 1767/68: Innsbruck-Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift: prunkvolle Rokokokanzel, Figuren für den Hochaltar und die Seitenaltäre
    Kanzel in der Pfarrkirche Wiggensbach
  • 1772: Wiggensbach, Pfarrkirche St. Pankratius: prächtige Kanzel (Zuschreibung)
  • um 1775: Elbigenalp (Tirol), Pfarrkirche zum hl. Nikolaus: Skulptur des hl. Nikolaus" (Bozzetto in Privatbesitz), Seitenaltäre (basierend auf der rechten Halbseite eines Altarmodells aus Holz) mit sämtlichen Skulpturen unter der Mitarbeit von Maximilian Hitzelberger (gänzlich von Hitzelberger der hl. Ulrich)
  • 1776/78/80: Pfronten-Kappel, Filialkirche St. Martin: 2 Seitenaltäre, Choraltar, Tabernakel
  • 1778: Pfronten-Heitlern, Filialkirche St. Leonhard: Kanzel (ehem. in Kappel)
  • 1780: Pfronten-Berg, Pfarrkirche St. Nikolaus: Entwurf des Hochaltars (basierend auf der linken Halbseite eines Altarmodells aus Holz)

Literatur

  • Florian Norbert Schomers OPraem: Prämonstratenser-Chorherrenstift Wilten Innsbruck. Patrozinium: Hl. Laurentius (10. August), Hl. Stephan (26. Dezember), Diözese Innsbruck – Bundesland Tirol. Kunstverlag Peda, Passau 2009, ISBN 978-3-89643-735-8 (Peda-Kunstführer 735).
  • Maximilian Müller: Die ehemalige Prämonstratenserabtei St. Peter und Paul Marchtal. Neubearbeitete und erweiterte Auflage. Katholische Kirchengemeinde St. Peter und Paul – Obermarchtal, Rottenburg am Neckar 1994.
  • Karl Bayer: Franz de Paula Penz. Sein Leben und sein Werk. Tyrolia-Verlag, Innsbruck u. a. 1991, ISBN 3-7022-1744-4.
  • Gert Ammann u. a.: Tirol. Schroll, Wien 1980, ISBN 3-7031-0488-0 (Dehio-Handbuch 6, Die Kunstdenkmäler Österreichs 5).
  • Josef Mair, in: Der Bezirk Reutte - Das Außerfern "Kunstgeschichte", Höfen 2010

Weblinks

 Commons: Joseph Stapf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Annemarie Schröppel, Begegnung mit der Pfrontner Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts, Begleitheft zur Ausstellung der Sparkasse Ostallgäu, 1981
  2. Annemarie Schröppel in einem Schreiben vom 11. Juni 1962 an Professor Dr. Ringler in Innsbruck. Offenbar gibt es für dieses Zitat eine archivalische Quelle.
  3. Beim Kauf des Elternhauses überließ Joseph seinem Bruder Mang Anton ein Guthaben von 400 Gulden „bei St. Bruder Ulrichs Filialkapelle zu Pinswang“. Staatsarchiv Augsburg, Briefprotokolle des Amtmannamtes Pfronten Nr. 254, S. 157
  4. Am 23. Dezember 1736 schloss das Reichsgotteshaus Marchtal einen Accord zur Herstellung des St. Agatha-Altars und des St. Antonius-Altars mit dem Riedlinger Bildhauer Johann Joseph Christian (Wortlaut bei: Winfried Aßfalg, Christian, Vater und Sohn, Bildhauer von Riedlingen, Ostfildern 1998, Seite 28/29). Den Auftrag für beide Altäre führten jedoch die Gebrüder Stapf aus, mit denen vier Wochen zuvor ein fast gleich lautender Vertrag abgeschlossen worden war. Der Vertrag wurde mit Joseph Stapf abgeschlossen, die Zahlung nahm jedoch Mang Anton Stapf entgegen (Aßfalg, Seite 75).

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