Juniorwahl

Juniorwahl

Als Juniorwahl wird die unterrichtliche Vorbereitung mit abschließender Wahlsimulation an Schulen parallel zu Landtagswahlen, Bundestagswahlen und Europawahlen bezeichnet. Das seit 1999 bestehende Projekt zur politischen Bildung, bei dem sich die Schüler ca. einen Monat intensiv mit dem Thema "Demokratie und Wahlen" auseinandersetzen, umfasst alle Schulformen – ausgenommen Grundschulen – ab Klassenstufe 7 und zählt zu den größten Schulprojekten in der Bundesrepublik Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Ziele

Ziele der Juniorwahl sind die Förderung eines fundierten Meinungsbildungsprozesses in Form einer demokratischen Willensbildung, die Vorbereitung auf die Partizipation innerhalb des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, sowie die Überwindung von Politikverdrossenheit unter Jugendlichen. Der Schwerpunkt liegt auf dem didaktischen Charakter des Projekts, auf seiner Einbindung in den Unterricht und auf seinem Lernerfolg. Die realitätsnahe Wahl bildet den Abschluss und den Höhepunkt in der Konzeption eines handlungsorientierten Unterrichts. Hier können die Schüler außerdem als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer die Wahlprozedur selbst organisieren, bilden einen Wahlvorstand und erhalten hierfür Wahlbenachrichtigungen, Wählerverzeichnisse, Wahlkabinen und eine Wahlniederschrift. Die Wahlergebnisse, deren Konsequenzen sowie die persönlichen Erfahrungen und Eindrücke der Schüler werden im Anschluss mit den Lehrerinnen und Lehrern im Unterricht nachbereitet.

Durchführung

Unterricht

Teilnehmende Schulen erhalten zunächst ein Unterrichtspaket, welches auf die methodische und inhaltliche Herangehensweise der Bildungs- und Lehrpläne abzielt. Die Unterrichtsmaterialien werden für die jeweilige Wahl aktuell entwickelt und sind in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden konzipiert, so dass sie spezifisch entsprechend dem Kenntnisstand der Lerngruppen in der Sekundarstufe I und Sekundarstufe II eingesetzt werden können. Durchschnittlich 6 bis 8 Unterrichtsstunden werden dabei für den Themenkomplex „Demokratie und Wahlen“ verwendet.

Wahlakt

Gewählt wird entweder als Online-Wahl mit einem elektronischen Wahlsystem, welches auch bei regulären und rechtsverbindlichen Wahlen zum Einsatz kommt, oder klassisch als Papierwahl. Über 90 Prozent der Schulen nutzen dabei die Online-Wahl, da sie die Schüler altersgerecht anspricht, zeitsparend ist und einfach in der Anwendung. Besonders vorteilhaft ist vor allem das Auszählverfahren per Knopfdruck, was die Durchführung des Wahlaktes erleichtert. Das Verfahren ist dabei dem vom Online-Banking bekannten PIN/TAN-Verfahren nachempfunden.

Wissenschaftliche Untersuchungen

Das Projekt Juniorwahl wurde in Anlehnung an die amerikanische Initiative „KidsVoting“ entwickelt. Zu beiden Programmen wurden wissenschaftliche Begleitforschungen in Deutschland (Universität Stuttgart) und in den USA (Stanford University) durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass sich Schüler mit höherem und niedrigerem sozioökonomischen Status in Wahlbeteiligung und Interesse angleichen. Hinzu kommt, dass sich die Zahl der jungen Zeitungsleserinnen und -leser verdreifachte. Auch zu Hause thematisieren die Schüler politische Geschehnisse intensiver, was zum einen zur Präsenz der angehenden Wahlen innerhalb der Familie führt, zum anderen zur Weitergabe von erlangtem Wissen der Schüler. Damit wurden vor allem sozial schwache Familien erreicht, die ansonsten aus dem politischen Geschehen weitestgehend ausgestiegen waren. So wird eine zweite Chance der politischen Sozialisation für sozial schwache Familien geschaffen. Insgesamt führt der Ansatz der Juniorwahl als Konzept der politischen Bildung unter den beteiligten Jugendlichen zu einer erhöhten Meinungsbildungsfähigkeit, mehr Partizipation und Interesse am politischen Geschehen auf allen Ebenen (auch der schulischen).

Chronik der Juniorwahlen

Die Juniorwahl wird seit 1999 bundesweit in allen 16 Bundesländern durchgeführt und zählt zu den größten Schulprojekten in der Bundesrepublik Deutschland. Über 500.000 Jugendliche (Stand August 2009) haben sich seither beteiligt. Träger ist der gemeinnützige und überparteiliche Kumulus.e.V. aus Berlin.

Bisher durchgeführte Juniorwahlen:

  • Berlin 1999: Juniorwahl parallel zur Abgeordnetenhauswahl
  • Nordrhein-Westfalen 2000: Juniorwahlen parallel zur Landtagswahl
  • Baden-Württemberg 2001: Juniorwahlen parallel zur Landtagswahl
  • Berlin 2001: Juniorwahlen parallel zur Abgeordnetenhauswahl
  • Bundestagswahl 2002,: Juniorwahlen parallel zur Bundestagswahl Schirmherr Bundespräsident Johannes Rau
  • Hessen 2003: Juniorwahlen parallel zur Landtagswahl
  • Bremen 2003: Juniorwahlen parallel zur Bürgerschaftswahl
  • Europawahl 2004: Juniorwahl parallel zur Europawahl
  • Thüringen 2004: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherrin Landtagspräsidentin Christine Lieberknecht
  • Europawahl 2004 in Österreich: Juniorwahl parallel zur Europawahl
  • Europawahl 2004 in Polen: Juniorwahl parallel zur Europawahl
  • Brandenburg 2004: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherr Landtagspräsident Harald Knoblich
  • Schleswig-Holstein 2005: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherr Landtagspräsident Werner Arens
  • Nordrhein-Westfalen 2005: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherr Landtagspräsident Ulrich Schmidt
  • Bundestagswahl 2005: Juniorwahl parallel zur Bundestagswahl, Schirmherr Bundespräsident Horst Köhler
  • Rheinland-Pfalz 2006: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherr Christoph Grimm
  • Sachsen-Anhalt 2006: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherr Adolf Spotka
  • Berlin 2006: Juniorwahl parallel zur Abgeordnetenhauswahl, Schirmherr Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Walter Momper
  • Mecklenburg-Vorpommern 2006: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherrin Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider
  • Bremen 2007: Juniorwahl parallel zur Bürgerschaftswahl
  • Hessen 2008: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl
  • Niedersachsen 2008: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl, Schirmherr Präsident des Niedersächsischen Landtages Jürgen Gansäuer
  • Hamburg 2008: Juniorwahl parallel zur Bürgerschaftswahl, Schirmherr Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft Berndt Röder
  • Europawahl 2009: Juniorwahl parallel zur Europawahl
  • Thüringen 2009: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl
  • Saarland 2009: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl
  • Sachsen 2009: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl
  • Brandenburg 2009: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl
  • Bundestagswahl 2009: Juniorwahl parallel zur Bundestagswahl
  • Schleswig-Holstein 2009: Juniorwahl parallel zur Landtagswahl

Europaweites Netzwerk

Im Juni 2008 wurde in Straßburg im Europäischen Parlament das europaweite Netzwerk für Schülerwahlen „JuniorVoting“ gegründet. Neben dem didaktischen Charakter des JuniorVotings für Schüler in der ganzen europäischen Union, hat das Netzwerk die Zusammenarbeit ausführender Institutionen und Organisationen zum Ziel. Hierbei liegt der Fokus auf einem internationalen Erfahrungsaustausch und einer engen grenzüberschreitenden Kooperation. Außerdem sollen so weitere Mitgliedsstaaten dazu animiert werden, sich an dem Netzwerk zu beteiligen. An der Europawahl 2009 nahmen 1,3 Millionen Jugendliche in den Niederlanden, Polen, Finnland, Deutschland teil.

Weblinks


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