Johannes Rau

Johannes Rau
Johannes Rau (1986)
Johannes Rau (2004)

Johannes Rau (* 16. Januar 1931 in Wuppertal; † 27. Januar 2006 in Berlin) war ein deutscher Politiker und von 1999 bis 2004 der achte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.

Zuvor war er Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker der SPD. Von 1969 bis 1970 war er Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal, 1977 bis 1998 Landesvorsitzender der SPD in Nordrhein-Westfalen und 1978 bis 1998 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Damit hatte er dieses Amt bis heute am längsten in NRW inne. Bei der Bundestagswahl 1987 war er Kanzlerkandidat der SPD. Im Jahre 1993 führte er nach dem Rücktritt von Björn Engholm kommissarisch den Vorsitz der SPD-Bundespartei.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend und Beruf

Rau war Sohn des Kaufmanns und Blaukreuzpredigers Ewald Rau (* 1. April 1898; † 15. Dezember 1953) und Helene Rau geb. Hartmann (* 27. März 1901; † 1. August 1988). Von der Volksschule Schützenstraße in Wuppertal Barmen aus trat er 1942 in das Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium in Elberfeld ein, das allerdings bereits im Juni 1943 bei der Bombardierung Elberfelds zerstört wurde.[1] Später besuchte Rau das damalige Humanistische Gymnasium in Barmen, das heutige Ganztagsgymnasium Johannes Rau. Nachdem er zum Verdruss seines Vaters dem Unterricht mehrfach ferngeblieben war, musste auf dessen Drängen im September 1948 die Schule nach der Obertertia abbrechen und begann am 5. Oktober 1948 eine Lehre als Verlagsbuchhändler beim Wuppertaler Verlagshaus Emil Müller. Nebenher war er ab 1949 freier Mitarbeiter der Westdeutschen Rundschau in Wuppertal.

Nach beendeter Lehre arbeitete er zunächst ab Juni 1952 als Verlagsgehilfe in Wuppertal und wurde dann 1953 Lektor bei einem kleineren Verlag in Witten. Ab 1954 arbeitete er als Geschäftsführer des Jugenddienst-Verlages; 1962 wurde er Mitglied des Vorstandes und 1965 Direktor dieses Verlages.

Privates

Johannes Rau war seit dem 9. August 1982 mit Christina Delius (* 1956) verheiratet, einer Enkelin des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Aus der Ehe gingen drei Kinder, Anna Christina (* 19. Dezember 1983), Philip Immanuel (* 28. Januar 1985) und Laura Helene (* 10. November 1986), hervor. Die standesamtliche Hochzeit fand in London statt, die kirchliche Feier hingegen am 22. August 1982 in der Neuen Evangelischen Inselkirche zu Spiekeroog. Auf der Insel wurden auch die Kinder der Familie getauft. Die Nordseeinsel Spiekeroog war jahrzehntelang das Urlaubsziel der Familie Rau, die dort ein Ferienhaus besitzt. Im Sommer 2000 wurde Rau hier Ehrenbürger.

Rau kam sein Leben lang mit drei Wohnsitzen aus: Er wuchs auf zwischen Barmer Nordpark und Klingelholl in der Wohnung seiner Eltern und blieb dort bis Ende der siebziger Jahre. Zu seiner Ministerpräsidenten-Zeit bewohnte er ein Eigenheim im Stadtteil Elberfeld. Erst mit dem Amtsantritt als Bundespräsident „verschlug“ es ihn nach Berlin ins Schloss Bellevue und wegen Umbaumaßnahmen dort in die „Dienstwohnung des Bundestagspräsidenten“, die dieser selbst nicht nutzte.

Das Grab von Johannes Rau am Tag nach der Beisetzung

Seine Art, den protestantisch-christlichen Glauben öffentlich zu leben, trug Rau die Bezeichnung „Bruder Johannes“ ein, aber auch von Wiglaf Droste eine satirische Wertung als „gefürchteter Kirchentagsschwätzer“.[2]

Seit 1995 wusste Rau von seinem gefährlichen Aneurysma in der Bauchschlagader, lehnte aber aus Rücksicht auf seine Ämter und die bevorstehende Wahl zum Bundespräsidenten eine Operation immer ab, bis er sich am 23. Juli 2000 in der Universitätsklinik Essen operieren ließ. Am 18. August 2004 musste er sich einer schweren Herzoperation unterziehen, bei der ihm eine künstliche Herzklappe eingesetzt wurde. Nur zwei Monate später (19. Oktober 2004) musste ein Bluterguss im Bauchraum in der Universitätsklinik Essen operativ entfernt werden.

Die letzten öffentlichen Auftritte von Johannes Rau waren die Preisverleihung des deutsch-türkischen Freundschaftspreises in Solingen (29. Mai 2005) und die Einweihung der Frauenkirche in Dresden (30. Oktober 2005). An einem Empfang des Bundespräsidenten zu seinem 75. Geburtstag am 16. Januar 2006 im Schloss Bellevue in Berlin konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr teilnehmen.

Johannes Rau verstarb am 27. Januar 2006 gegen 8.30 Uhr in Berlin im Kreis seiner Familie. Die Beisetzung erfolgte am 7. Februar im Anschluss eines Trauerstaatsaktes[3] auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof zu Berlin im engsten Familien- und Freundeskreis.[4]

Politische Karriere

Gesamtdeutsche Volkspartei

1950 trat der erste Bundesinnenminister Gustav Heinemann aus Protest gegen die geplante Wiederbewaffnung von seinem Amt zurück und zwei Jahre später auch aus der CDU aus, die er mitgegründet hatte. Heinemann gründete die Gesamtdeutsche Volkspartei (GVP), Rau wurde Mitglied und sogleich deren Kreisvorsitzender in Wuppertal. Bereits fünf Jahre später, 1957, löste sich die GVP wieder auf und Rau wurde zusammen mit Heinemann und anderen Mitglied der SPD.

Oberbürgermeister in Wuppertal

Von 1969 bis 1970 war Johannes Rau Oberbürgermeister in seiner Heimatstadt Wuppertal.

SPD-Parlamentarier

Von 1958 bis 1962 war er Vorsitzender der Jungsozialisten in Wuppertal. 1958 wurde er erstmals in den Landtag Nordrhein-Westfalen gewählt, dem er bis 1999 angehörte. 1962 wurde er Mitglied im Vorstand der SPD-Fraktion und 1967 deren Vorsitzender. Von 1964 bis 1978 gehörte er außerdem dem Stadtrat von Wuppertal an, wo er zwischen 1969 und 1970 auch Oberbürgermeister war.

1968 wurde Rau in den Bundesvorstand der SPD gewählt. Ab 1973 war er Mitglied des Landesvorstandes in Nordrhein-Westfalen, von 1977 bis 1998 auch deren Vorsitzender. Ab 1978 war er Mitglied des Präsidiums der SPD und ab 1982 Stellvertretender Bundesvorsitzender.

Minister in Nordrhein-Westfalen

1970 berief Ministerpräsident Heinz Kühn Rau ins Kabinett und übertrug ihm das Ressort Wissenschaft und Forschung.

Während Raus Amtszeit als Wissenschaftsminister in NRW von 1970 bis 1978 wurden 1972 in Nordrhein-Westfalen fünf Gesamthochschulen in Duisburg, Essen, Paderborn, Siegen und Wuppertal gegründet, die später in Universitäten umbenannt wurden. Rau, der als Vater der hochschulpolitischen Regionalisierung in Nordrhein-Westfalen gilt, gründete außerdem 1974 die Fernuniversität in Hagen als erste Staatliche Fernhochschule und wandelte die früheren Ingenieurschulen in Fachhochschulen um.

Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

Johannes Rau (Bildmitte)

1978 wurde Rau Nachfolger von Heinz Kühn als Ministerpräsident. Unter seiner Führung konnte die SPD bei den Landtagswahlen 1980, 1985 und 1990 die absolute Mehrheit der Mandate erreichen beziehungsweise verteidigen. Dabei scheiterten mit den CDU-Herausforderern Kurt Biedenkopf 1980, Bernhard Worms 1985, Norbert Blüm 1990 und Helmut Linssen 1995 bekannte Vertreter der NRW-CDU, die in den gänzlich auf Raus Person zugeschnittenen Wahlkämpfen der SPD unterlegen waren. 1985 erzielte die SPD in NRW unter Rau mit 52,1 % das beste Ergebnis ihrer Geschichte, was auch auf die Kampagne „Wir in Nordrhein-Westfalen“ zurückgeht. 1995 verlor die SPD mit 46 % der Stimmen die absolute Mehrheit und bildete eine Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen. Nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident wurde am 27. Mai 1998 Wolfgang Clement sein Nachfolger. Während seiner Amtszeit übte er 1980 kurzzeitig und 1990 bis 1995 auch das Amt des Minister für Bundesangelegenheiten aus. Vom 1. November 1982 bis zum 31. Oktober 1983 und vom 1. November 1994 bis zum 31. Oktober 1995 war Rau darüber hinaus Bundesratspräsident.

Stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender

Johannes Rau war unter den Parteichefs Willy Brandt, Hans-Jochen Vogel, Björn Engholm, Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender. Nach dem Rücktritt von Björn Engholm übernahm Johannes Rau von 5. Mai bis zur Wahl von Rudolf Scharping am 23. Juni 1993 kommissarisch den SPD-Bundesvorsitz.

Kanzlerkandidat

Bei der Bundestagswahl 1987 war er Kanzlerkandidat der SPD, unterlag aber dem amtierenden Bundeskanzler Helmut Kohl. Die SPD erreichte 37 % der Stimmen und verlor somit 1,2 %-Punkte gegenüber 1983.

Rücktritt

1998 trat er von seinen Ämtern als Landesvorsitzender der SPD und als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen zurück. Sein Nachfolger im Parteiamt wurde Franz Müntefering, zum Ministerpräsidenten wurde der bis zu diesem Zeitpunkt amtierende Wirtschaftsminister Wolfgang Clement gewählt.

Bundespräsident

Bundespräsident Rau mit Siegfried Englert in Ludwigshafen (1999)
Bundespräsident Rau am Tag der Deutschen Einheit 2002 in Berlin

1994 wurde Johannes Rau erstmals Kandidat der SPD für das Amt des Bundespräsidenten (siehe Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1994). Er unterlag aber im dritten Wahlgang dem Kandidaten der CDU Roman Herzog.

1999 wurde Rau erneut Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten. Am 23. Mai 1999 wurde Johannes Rau im zweiten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählt (siehe Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1999). Seine Gegenkandidaten waren für die CDU die spätere thüringische Wissenschaftsministerin Dagmar Schipanski und für die PDS die Tante seiner Ehefrau, die parteilose Theologin Uta Ranke-Heinemann. Am 1. Juli 1999 wurde Rau als Bundespräsident vereidigt.

Die von seinem Amtsvorgänger Roman Herzog 1997 begonnene Reihe der Berliner Reden setzte Johannes Rau fort. Anders als unter Herzog hielt er die im jährlichen Turnus stattfindenden Reden alle selbst und begründete damit eine neue Tradition. In seiner 2000 gehaltenen ersten Rede „Ohne Angst und ohne Träumereien: Gemeinsam in Deutschland leben“[5] benannte er die mit der Zuwanderung nach Deutschland verbundenen Aufgaben. 2001 lautete seine Rede „Wird alles gut? Für einen Fortschritt nach menschlichem Maß“.[5] Er sprach darin die durch den Fortschritt, beispielsweise in der Fortpflanzungsmedizin, aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen an. In der 2002 gehaltenen Rede „Chance, nicht Schicksal – die Globalisierung politisch gestalten“[5] sprach Johannes Rau darüber, wie sehr das Leben der Menschen durch internationale Entwicklungen beeinflusst wird und welche Chancen und Probleme das mit sich bringt. „Gemeinsam handeln – Deutschlands Verantwortung in der Welt“[5] war der Titel der Berliner Rede im Jahr 2003. Rau sprach darin an, dass seit dem Mauerfall 1989 und der darauffolgenden Deutschen Wiedervereinigung 1990 eine Vielzahl an internationalen Aufgaben auf Deutschland hinzukamen und mitgestaltet werden mussten. Seine letzte Berliner Rede hielt Johannes Rau im Mai 2004 zum Thema „Vertrauen in Deutschland – eine Ermutigung“.[5] Darin forderte er in für ihn ungewöhnlich direkter Weise Politiker und Unternehmer in Deutschland zu mehr Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein auf.

Insgesamt unternahm Rau 76 Auslandsreisen als Staatsoberhaupt. Bei seinem Staatsbesuch in Israel im Jahr 2000 war er der erste deutsche Politiker, der in dieser Eigenschaft vor der Knesset stand. Seine dort am 16. Februar gehaltene Rede war die erste, die auf Deutsch gehalten wurde. Er bat dort um Vergebung für die Verbrechen des Holocaust.

Johannes Rau gab am 22. Juni 2002 eine in ihrer Schärfe ungewöhnliche Erklärung anlässlich des Parteienspektakels um das Zuwanderungsgesetz ab, in der er das von den Parteien veranstaltete Gezerre um die Bundesratsabstimmung zum genannten Gesetz als unwürdig bezeichnete. Auf Grund dessen, dass die rechtliche Beurteilung der uneinheitlichen Stimmenabgabe des Landes Brandenburg, die durch den damaligen Bundesratspräsidenten Klaus Wowereit als Zustimmung gewertet wurde, in der Verfassungsliteratur umstritten war, fertigte er das Gesetz aus, um so eine Überprüfung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht mittels einer Abstrakten Normenkontrolle zu ermöglichen.

Johannes Rau (2003)

Nach Raus Amtsverständnis sei der Bundespräsident nur dann berechtigt, die Ausfertigung eines Gesetzes zu verweigern, wenn es „offenkundig und unstrittig“ grundgesetzwidrig zustande gekommen sei. Da ein solcher Fall bis dato in der Praxis noch nicht vorgekommen war, lag entsprechend noch keine vergleichbare Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, so dass nur verschiedene Rechtskommentare vorlagen, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Die verfassungsrechtliche Beurteilung eines Gesetzes, über deren korrektes Zustandekommen es verschiedene rechtliche Meinungen gibt, obliege jedoch nicht dem Amt des Bundespräsidenten, sondern der Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts. In dieser Ansicht berief sich Rau unter anderem auf vergleichbare Entscheidungen seiner Vorgänger Carstens und Herzog.[6]

Im Ergebnis erklärte das Bundesverfassungsgericht das Zuwanderungsgesetz letztlich in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2002 für nichtig, weil der Bundesrat nicht zugestimmt habe und die uneinheitliche Stimmabgabe des Landes Brandenburg nicht als Zustimmung gewertet werden durfte. Somit gilt der Vorgang im Bundesrat als Präzedenzfall- sollte es erneut zu einer derartigen Situation im Bundesrat kommen, wäre der Bundespräsident unter Verweis auf die Entscheidung tatsächlich berechtigt, die Ausfertigung zu verweigern.

Am 4. September 2003 gab Rau bekannt, bei der nächsten Wahl am 23. Mai 2004 nicht mehr für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren. Ein Grund dafür könnte sein, dass SPD und die Grünen keine Mehrheit in der Bundesversammlung hatten. Möglicherweise verzichtete er aber wegen seines Gesundheitszustandes auf eine erneute Kandidatur. Rau verstarb kurz nach dem Ausscheiden aus dem Amt.

Am 23. März 2004 brach Rau seine Afrika-Reise vor dem geplanten Truppenbesuch bei deutschen Soldaten in Dschibuti ab. Laut Geheimdienstberichten sollte ein Mordanschlag auf einen hochrangigen europäischen Repräsentanten, also möglicherweise auf Rau, verübt werden. Am 23. April 2004 kehrte er vom letzten Staatsbesuch seiner Amtszeit aus Polen zurück.

Am 29. Juni 2004 wurde er mit einem Großen Zapfenstreich von der Bundeswehr verabschiedet.

Bewertung seiner Politik durch andere

Er war stets auf gesellschaftlichen Ausgleich bedacht und galt als moralische Instanz. Zentrales Motiv seiner Politik war auch sein Werben für soziale Gerechtigkeit („Versöhnen statt Spalten“). Vor evangelisch-freikirchlichem Hintergrund spielten auch religiöse Motive in seinem Wirken eine Rolle.

Kritiker aus Reihen der CSU halten Johannes Rau vor, das Bundesland Nordrhein-Westfalen sei in den 20 Jahren unter Johannes Rau im innerdeutschen Vergleich wirtschaftlich, technologisch und sozial stark zurückgefallen. Rau habe zu lange an alten Industrien, insbesondere am defizitären Kohlebergbau, festgehalten und neue Techniken zu wenig gefördert. Diesen Kritikern wird häufig entgegengehalten, der Strukturwandel in der Stahlindustrie und im Bergbau habe auf das Land überproportionale Auswirkungen gehabt und die Politik Raus habe dazu beigetragen, eine Massenverelendung in Folge des Strukturwandels zu verhindern.

Politik-Affären

In seiner Zeit als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen war Rau in Affären der WestLB involviert. So berichtet Der Spiegel im Februar 2000 in einer durch massive Versuche der Verhinderung der Berichterstattung begleiteten Reportage, dass die WestLB in undemokratischer Weise zu einer geheimen Nebenkasse des Landes gemacht wurde, wobei Reisen für Regierung und Reisen für den Wahlkampf nicht säuberlich getrennt wurden und Regierungsarbeit aus Quellen finanziert wurde, die das Parlament nicht kennt und nicht kontrollieren kann. Neben dem im Spiegel-Bericht genannten Protagonisten Johannes Rau handelt es sich auch um dessen Nachfolger Wolfgang Clement.[7]

Als Kanzlerkandidat ließ Rau sich im Wahlkampf 1986/87 von der DDR-Regierung unterstützen. Nachdem er die volle Anerkennung einer DDR-Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt hatte, machte die DDR-Führung Egon Bahr bei einem Besuch 1986 das Zugeständnis, die Einreise von rund einhunderttausend Tamilen und anderen Flüchtlingen pro Jahr über DDR-Flughäfen in die Bundesrepublik künftig zu unterbinden.[8][9]

Weiterhin war Rau in die Düsseldorfer Flugaffäre verstrickt. Dabei zahlte die WestLB führenden Politikern von der SPD – aber auch von der CDU – nicht nur deren private Flugkosten, sondern setzte die überhöhten Rechnungen auch von der Steuer ab. Die Überhöhung der Rechnungen kam daher, dass bei einigen Flügen als Stewardessen getarnte Prostituierte mitgenommen wurden.[10] Die Düsseldorfer Flugaffäre wurde bislang nicht umfassend aufgearbeitet. Johannes Rau wurde entlastet.

Die WestLB übernahm auch die Kosten in Höhe von 150.000 DM für ein Fest, das Johannes Rau anlässlich seines 65. Geburtstages am 18. Januar 1996 mit 1.500 Gästen feierte.[11]

Sonstiges Engagement

Ehrenämter

Johannes Rau war Schirmherr der Initiative Schüler helfen Leben und Ehrenpate des weltweit millionsten Patenkindes des Kinderhilfswerks Plan International. Er hatte die Ehrenpatenschaft von seinem Amtsvorgänger Roman Herzog übernommen. Er war zudem Schirmherr der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie der Festspiele Balver Höhle. Johannes Rau engagierte sich für die Stiftung Museum Schloss Moyland, deren Vorsitzender des Kuratoriums er bis 1998 war. 2000 übernahm er auch die Schirmherrschaft der Bürgerinitiative Gesicht zeigen!, die in Deutschland gegen Ausländerhass und sogenannte No-Go-Areas kämpft.

Von 1965 bis 1999 gehörte Johannes Rau der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland an und war stellvertretendes Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland; dem Deutschen Evangelischen Kirchentag war Rau eng verbunden; von 1966 bis 1974 war er Mitglied des Präsidiums und nahm auch danach regelmäßig am Kirchentag in offizieller Funktion und als Privatmann teil.

Johannes Rau war langjähriger stellvertretender Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung und Mitherausgeber der evangelischen Zeitschrift Zeitzeichen. Im Jahr 2000 gründete er seine eigene Stiftung, die „Johannes-Rau-Stiftung“.

Mitgliedschaften und Initiativen

Gedenken und Auszeichnungen

Sondermarke zum Tod von Johannes Rau
Denkmal vor der ehemaligen Staatskanzlei

Bundespräsident Horst Köhler ordnete zum Gedenken an den Alt-Bundespräsidenten Rau für den 7. Februar 2006, elf Tage nach dessen Tod, einen Staatsakt nach dem Gottesdienst im Berliner Dom an.

Die Deutsche Post gab am 2. März 2006 eine Sondermarke anlässlich des Todes von Johannes Rau heraus.

Vor der ehemaligen Staatskanzlei, der Villa Horion in Düsseldorf, wurde im Mai 2008 als Geschenk der Familie Rau eine Bronzestatue aufgestellt, welche von der britischen Bildhauerin Anne Lacey-Weers im Auftrag von Raus Witwe gestaltet worden war.

Johannes Rau gründete 2000 die Johannes-Rau-Stiftung, die vor allem um Wuppertaler Projekte fördert. Von der Familie sitzen nach seinem Tod im Vorstand Christina und Anna Rau.[12]

Zum fünften Todestag wurde von der SPD die Johannes-Rau-Gesellschaft gegründet, die jährlich ein Forschungsstipendium von 15.000 € zu einem Thema von gesellschaftlicher Bedeutung vergibt. Die Stiftungsmittel von etwa 30.000 € werden von den SPD-eigenen Unternehmungen aufgebracht. Auch hier sitzt Christina Rau mit im Vorstand.[13]

Mittlerweile (2008) tragen fünf Schulen seinen Namen, darunter zwei in Wuppertal, in Düsseldorf ist ein Platz und in Wuppertal der Rathausvorplatz nach Rau genannt.[14]

Ehrendoktorwürden

Johannes Rau wurde Ehrendoktor von:

Ehrenbürgerschaften

Johannes Rau wurde Ehrenbürger von:

Grabstein von Johannes Rau

Sonstige Auszeichnungen

Siehe auch

Reden und Schriften

Literatur

  • Birnstein, Uwe: Johannes Rau der Versöhner. Ein Porträt, Berlin 2006, ISBN 3-88981-203-1.
  • Gissendanner, Scott u. Vogel, Dirk: Johannes Rau. Moralisch einwandfreies Scheitern, in: Gescheiterte Kanzlerkandidaten. Von Kurt Schumacher bis Edmund Stoiber, hrsg. v. Daniela Forkmann u. Saskia Richter, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15051-2.
  • Mittag, Jürgen u. Tenfelde, Klaus (Hrsg.): Versöhnen statt spalten. Johannes Rau, Oberhausen 2007, ISBN 978-3-938834-28-2.
  • Florack, Martin: Johannes Rau, in: Unsere Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen. Neun Porträts von Rudolf Amelunxen bis Jürgen Rüttgers, hrsg. v. Sven Gösmann, Düsseldorf 2008, S. 154-181, ISBN 978-3-7700-1292-3.
  • Die Kabinettsprotokolle der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen 1966 bis 1970 (Sechste Wahlperiode) (Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 8), hrsg. von Christoph Nonn, Wilfried Reininghaus und Wolf-Rüdiger Schleidgen, eingel. u. bearb. von Andreas Pilger, Siegburg 2006, ISBN 3-87710-361-8
  • Die Kabinettsprotokolle der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen 1970 bis 1975 (Siebte Wahlperiode) (Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 27), hrsg. von Frank Michael Bischoff, Christoph Nonn und Wilfried Reininghaus, eingel. u. bearb. von Martin Schlemmer, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-9805419-7-8

Weblinks

 Commons: Johannes Rau – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Geschichte(n) aus dem WDG, 1579–2004, hrsg. von Elke Brychta zum 425-jährigen Jubiläum, Wuppertal 2004, Persönliches Grußwort des Altpräsidenten, Seite 6
  2. die tageszeitung: Patrioterrorismus, 26. März 2004
  3. Trauerstaatsakt für Rau Bundesministerium des Inneren
  4. knerger.de: Grab von Johannes Rau
  5. a b c d e bundespraesident.de: Berliner Reden. Stand 6. Juni 2010.
  6. [1]
  7. Stefan Berg, Georg Bönisch, Thomas Darnstädt, Barbara Schmid: Die rote Kasse der Genossen. In: Der Spiegel. Nr. 7, 2000 (14. Februar 2000, online).
  8. Jochen Staadt: Die SED im Bundestagswahlkampf 1986/87. in: Klaus Schroeder (Hrsg.), „Geschichte und Transformation des SED-Staates – Beiträge und Analysen“, Forschungsverbund SED-Staat an der FU Berlin, Akademie Verlag, 1994, S.286-308.
  9. Wahlkampfhilfe aus Ostberlin, Focus Nr. 41 (1994), 9. Oktober 1994
  10. Jürgen Roth: Der Deutschland-Clan. Das skrupellose Netzwerk aus Politikern, Top-Managern und Justiz., Eichborn Verlag, Frankfurt a.M. 2006, ISBN 3-8218-5613-0, S. 38.
  11. ebd.: S. 41
  12. WZ-Interview mit Christina Rau vom 25. Januar 2008 (online Zugriff Jan. 2011)
  13. [http://www.vorwaerts.de/artikel/johannes-rau-gesellschaft-gegruendet Johannes-Rau-Gesellschaft gegründet, Vorwärts vom 25. Januar 2011 online (Zugriff Jan. 2011)
  14. WZ Interview 2008

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