- Ruby-Affäre
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Als Ruby-Affäre, auch als Rubygate bezeichnet, wurde ein Skandal um die Beziehung des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi mit dem marokkanischen Escort-Girl Karima el-Mahroug bekannt, die sich selbst auch Ruby nennt und in den italienischen Medien als Ruby Rubacuori (dt. Ruby Herzensbrecherin)[1] bezeichnet wird. Der Caso Ruby (dt. Fall Ruby) war Anlass für einen Prozess gegen den Ministerpräsidenten wegen möglichen Amtsmissbrauchs und Förderung der Prostitution mit Minderjährigen.
Inhaltsverzeichnis
Zur Person
Karima el-Mahroug wurde am 11. November 1992 geboren[2] und später bekannt unter ihrem Künstlernamen, Ruby Rubacuori. Sie wuchs in Letojanni, einem kleinen Dorf in der Provinz Messina, auf und verließ ihre Eltern im Alter von 14 Jahren. Sie ließ sich mit einem damals 33-Jährigen ein, bevor sie begann, als Zimmermädchen, Bauchtänzerin und Kosmetikerin tätig zu werden.[3]
Hintergrund der Affäre
Nach eigenen Angaben hat el-Mahroug Berlusconi, der sie später zu verschiedenen Partys in seiner Villa einlud, bereits im Januar 2010 darüber informiert, dass sie noch minderjährig sei und keine Papiere und keine Aufenthaltsgenehmigung besitze. Berlusconi habe ihr versichert, sich darum zu kümmern.[4] El-Mahroug sagte vor der italienischen Staatsanwaltschaft aus, dass sie erstmals am 14. Februar 2010 in Berlusconis Villa San Martino in Arcore gebracht worden sei. Es habe zwischen ihr und Berlusconi kein Beischlaf stattgefunden, gleichwohl habe sie von Berlusconi 30.000 Euro, ein Auto, Schmuck und Designer-Mode erhalten.[5][3] Insgesamt habe sie Vergütungen im Wert von 187.000 Euro von Berlusconi erhalten. Bei den Feiern in seiner Villa sei es zu Orgien gekommen, während derer eingeladene Frauen die Anwesenden durch lesbische Spiele erregten.[4]
Am 27. Mai 2010 wurde el-Mahroug in Mailand festgenommen, da eine Frau sie beschuldigte, ihr 3000 Euro und eine Uhr gestohlen zu haben. Die Polizeibeamten stellten fest, dass sie keine gültige Aufenthaltserlaubnis besaß und wegen weiterer Eigentumsdelikte gesucht wurde.[3] Es folgte ein Anruf Berlusconis bei der Polizei, bei dem er behauptet haben soll, die 17 Jahre alte El-Mahroug sei die Nichte des damaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak.[6][2] Berlusconi räumte den Anruf ein. Er erklärte aber, er habe nur jemanden benannt, dem man sie anvertrauen könne. Er habe niemanden beeinflusst und sei „ein Mensch mit einem guten Herzen und immer bereit, jemandem in Not zu helfen“.[3] Am 28. Mai 2010 wurde sie im Polizeipräsidium von der lombardischen Regionalabgeordneten Nicole Minetti abgeholt.[7] Minetti war die Dentalhygienikerin, die an der Behandlung Berlusconis nach dem Attentat auf ihn am 13. Dezember 2009 in Mailand beteiligt war.
Am 21. Dezember 2010 nahm die Staatsanwaltschaft Mailand Ermittlungen gegen Berlusconi wegen der Förderung der Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauchs auf.[7][8]
Prozess
Nachdem das italienische Verfassungsgericht am 13. Januar 2011 ein Immunitätsgesetz teilweise aufgehoben hatte, welches Berlusconi erlaubte, wegen wichtiger Staatsgeschäfte Gerichtsverhandlungen fernzubleiben[9], erklärte das Mailänder Gericht, noch im Januar 2011 die Verhandlung zu eröffnen.[10] Der Ministerpräsident erklärte, einige Staatsanwälte würden mit den Ermittlungen die grundsätzlichen Spielregeln der Demokratie verletzen. Seine Anwälte bezeichneten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als absurd.[11] Es wurde durch Berlusconis Kabinett einige Wochen vor Prozessbeginn eine Justizreform in Gang gebracht, die laut Berlusconi nicht mit Rubygate in Verbindung stehe.[12] Kritiker werfen ihm indessen vor sich lediglich der Justiz entziehen zu wollen.[12] Wegen der notwendigen qualifizierten Mehrheiten in beiden Häusern des Parlaments wird eine tatsächliche Umsetzung der Reform für unwahrscheinlich gehalten.[12]
Das Gerichtsverfahren wurde als „Prozess des Jahres“ angesehen.[13][14] Neben dem pikanten Hintergrund spielt die Liste der von Anklage und Verteidigung benannten Zeugen mit u.a. George Clooney oder Cristiano Ronaldo und eventuelle politische Auswirkungen eine Rolle.[14] Insgesamt benannte die Staatsanwaltschaft 136 Zeugen, die Verteidigung nochmals 78.[15] Noch am Tag vor Prozessbeginn hatte das italienische Parlament mit den Stimmen Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition beschlossen, dass es das Gericht in Mailand für nicht zuständig hält und deshalb das Verfassungsgericht angerufen werden solle.[16]
Am 15. Februar 2011 entschied ein Gericht in Mailand, dass sich Silvio Berlusconi wegen Amtsmissbrauchs und Umgangs mit minderjährigen Prostituierten vor Gericht verantworten muss. Der Prozess wurde am 6. April eröffnet.[17] 110 Journalisten hatten angekündigt trotz der Untersagung von Fernsehaufnahmen direkt aus dem Gerichtssaal berichten zu wollen.[16] Es erschienen hunderte von Vertretern der weltweiten Medien.[13][14] Nach nur wenigen Minuten Verhandlung wurde der Prozess auf den 31. Mai 2011 vertagt, weder Berlusconi noch el-Mahroug waren zum ersten Termin erschienen.[18]
Am 11. April erklärte Berlusconi, dass er zwar 45.000 € an die minderjährige Prostituierte gezahlt habe, jedoch nur, damit sie davon einen Schönheitssalon mit Haarentfernungslaser eröffnen könne, nicht etwa für sexuelle Dienstleistungen. "Das Mädchen erzählte eine schmerzvolle, bewegende Geschichte" sagte er. Weiter führte er aus, er sei das "Opfer einer Verleumdung durch Richter, die nicht für ihr Land, sondern gegen ihr Land arbeiteten". [19]
Zur Anhörung am 31. Mai 2011 erschien Berlusconi nicht, da er sich zu einem Staatsbesuch bei Traian Basescu in Rumänien aufhielt. Sein Rechtsanwalt erklärte, dass Berlusconi geglaubt habe, dass Ruby die Nichte Mubaraks sei und er daher im Rahmen seines Amtes gehandelt habe, als er versuchte diplomatische Verwicklungen zu verhindern. Das Verfahren müsse daher vor dem Ministerrat durchgeführt werden.[20]
Am dritten Verhandlungstag stellte sich der Rechtsanwalt Egidio Verzini aus Verona als Anwalt der Geschädigten vor. Berlusconi erschien nicht, seine Anwälte erläuterten ihre insgesamt 16 Einsprüche, die unter anderem die Zuständigkeit des Gerichtes betreffen. Die Äußerung der Staatsanwaltschaft wurde auf den 14. Juni terminiert, das Gericht will bis zum 18. Juli über die Einsprüche der Verteidigung entscheiden.[21]
Weitere Angeklagte
Neben den Anklagen gegen Berlusconi wurden auch Verfahren gegen einige seiner Vertrauten eingeleitet, denen Beihilfe zur Begünstigung der Prostitution von (minderjährigen) Frauen vorgeworfen wird. Der TV-Nachrichtenchef Emilio Fede, die Regionalpolitikerin Nicole Minetti und der Showmanager Lele Mora müssen sich vor einem Mailänder Gericht verantworten, weil sie für die Partys in Berlusconis Villa Escortmädchen vermittelt und bezahlt haben sollen.[22]
Ermittlungsbericht
- Vorläufiger Ermittlungsbericht der Mailänder Staatsanwaltschaft vom 15. Februar 2011 (auf Italienisch) (PDF-Dokument) [2]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ LEO-Wörterbuch Italienisch-Deutsch Herzensbrecher [1]
- ↑ a b Peter Walker, Ruby Rubacuori could finally bring down Silvio Berlusconi, The Guardian vom 14. Januar 2011 (englisch)
- ↑ a b c d Annette Langer Berlusconi und das Bunga-bunga, Spiegel Online vom 31.Oktober 2010.
- ↑ a b Ruby packt über ihre Beziehung zu Berlusconi aus. Welt, 17. Februar 2011
- ↑ Thomas Frankenfeld, Die Ruby-Affäre holt Berlusconi ein, Hamburger Abendblatt vom 15. Januar 2011.
- ↑ „Fall Ruby“: Justiz ermittelt in Prostitutionsaffäre gegen Berlusconi Spiegel Online vom 14. Januar 2011.
- ↑ a b Berlusconi indagato per il caso Ruby La Repubblica Online vom 14. Januar 2011.
- ↑ zeit.de 20. Januar 2011:Berlusconi soll Sex mit Minderjährigen haben. Die Öffentlichkeit stört das nicht.
- ↑ Italien: Verfassungsgericht hebt Berlusconis Immunität teilweise auf. In: Zeit Online. 13. Januar 2011, abgerufen am 15. Februar 2011.
- ↑ Ermittlung gegen Berlusconi wegen Prostitution Focus Online vom 14. Januar 2011.
- ↑ Berlusconi wegen neuer Ermittlungen empört nachrichten.at vom 15. Januar 2011.
- ↑ a b c Berlusconi präsentiert kurz vor Prozess Justizreform, Spiegel Online vom 10. März 2011.
- ↑ a b Berlusconis Sexprozess auf Ende Mai vertagt, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. April 2011.
- ↑ a b c Hans-Jürgen Schlamp, Berlusconi fürchtet Aufmarsch der Showgirls, Spiegel Online vom 6. April 2011.
- ↑ Berlusconi-Prozess vertagt, Focus Online vom 6. April 2011.
- ↑ a b Medienrummel um Berlusconi-Prozess in Mailand, Neue Zürcher Zeitung Online vom 5. April 2011.
- ↑ Berlusconi wird wegen Sexaffäre Prozess gemacht Reuters, 15. Februar 2011
- ↑ „Rubygate“ - Berlusconi-Prozess vertagt. Focus online, 6. April 2011
- ↑ „Silvio Berlusconi gave belly dancer €45,000 to start beauty business. The Guardian online, 11. April 2011
- ↑ Berlusconi fehlt bei Prozess um Sexaffäre, RP-Online vom 31. Mai 2011
- ↑ Berlusconis Sexprozess kommt nicht vom Fleck, Focus Online vom 6. Juni 2011.
- ↑ Fall «Ruby»: Verfahren gegen Berlusconi-Getreue eingeleitet. SF Tagesschau, 27. Juni 2011
Kategorien:- Politische Affäre
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