Kirsten Thorup

Kirsten Thorup

Kirsten Thorup (Geburtsname Kirsten Christensen; * 9. Februar 1942 in Gelsted, Fünen) ist eine dänische Schriftstellerin, die sowohl den Kritikerprisen als auch den Søren-Gyldendal-Preis erhielt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft und literarisches Debüt

Kirsten Thorup, Tochter eines Buchhändlers, wuchs auf der Insel Fünen überwiegend mit Jungen auf. Zahlreiche ihrer Kindheits- und Jugenderlebnisse der 1950er Jahre in der dänischen Provinz wurden später Bestandteil ihrer schriftstellerischen Romane, Erzählungen und Fernsehspiele über das Mädchen und spätere Frau Jonna.

Als Erste ihrer Familie erhielt sie eine höhere Schulbildung und lebte nach ihrem Abitur 1961 am Fredericia Gymnasium ein Jahr in Großbritannien. Nach ihrer Rückkehr begann sie 1962 ein Studium der Anglistik und Literaturwissenschaft an der Universität Kopenhagen, heiratete aber bereits 1963 den Theaterdirektor Ib Thorup. Nach der Geburt des gemeinsamen Kindes im Jahr 1965 widmete sie sich neben der Kindererziehung auch der Schriftstellerei.

Anfangs prägte die Darstellung der Orientierungslosigkeit und Fremdheit ihrer handelnden Personen aus der Provinz im städtischen Leben ihre Werke wie bei ihrem schriftstellerischen Debüt 1967 mit dem Gedichtband Indeni – udenfor, dem weitere Gedicht- und Erzählungssammlungen folgten. Ende der 1960er traten dabei modernistische Text- und Sprachexperimente bei der Schilderung von Verlusten, Persönlichkeiten und der Überwindung von Abständen hervor. Dabei gewann ihre Identifikation mit der Schilderung existenzieller Grenzerfahrungen zunehmend an Stärke, insbesondere von Menschen am Rande der Gesellschaft und von zwischenmenschlichen Konflikten in den Fernseh- und Radiospielen Anfang der 1970er Jahre.

Erfolgsromane und Literaturpreise

In dieser Zeit verzog sie in den Kopenhagener Stadtteil Vesterbro und verfasste in dieser Zeit den 1973 veröffentlichten aufsehenerregenden Roman Baby, der in einem nüchternen und monotonen Stil die Verzweiflung und Suche einiger Bewohner der Metropole nach Liebe beschrieb. Der Roman war zugleich ihrer erster Versuch, Solidarität für die Mitmenschen zu zeigen,denen es nicht gelient, sich selbst zu äußern und miteinander zu kommunizieren. Der Roman brachte ihren Durchbruch, insbesondere auch später in den USA nach der Veröffentlichung in englischer Sprache 1979.

Die Anfälligkeit der Menschen und ihrer Machtlosigkeit war auch Thema in dem Roman Lille Jonna (1977), der 1979 mit dem eigenständigen Roman Den lange sommer fortgesetzt wurde. Mit der Geschichte er Bauernfamilie, die in der Gesellschaft einen Aufstieg erfuhr, später jedoch wieder in ihr altes gesellschaftliches Ansehen zurückfiel, bot ein lebendiges und nuancenreiches Bild einer dänischen Provinzfamilie der 1950er Jahre. Dabei prägten Notwendigkeiten und der Alltag das Leben, während Sehnsüchte in den Hintergrund treten mussten. Die beiden Romane wurden zum Auftakt einer Reihe weiterer zeitgenössischer Romane, die sich mit Themen wie den Aufstieg innerhalb der Wohlstandgesellschaft, Jugendrevolten und dem Aufkommen der feministischen Bewegung in den 1970er Jahren sowie den Identitätskämpfen beschäftigten, und damit eine Entwicklung dieser Zeit darstellen.

Beachtung fanden auch ihre dramatischen Texte für Bühnenwerke und Radiosendungen von Danmarks Radio. Einen größeren Erfolg erzielte sie 1978 mit ihrem Drehbuch für das Fernsehspiel Else Krant nach einem Roman von Amalie Skram.

Einen großen Erfolg hatte sie mit dem zweibändigen Werk Himmel og helvede (1982), das 1988 auch verfilmt wurde. Das Buch spielt in der Zeit der Jugendrevolten im Mai 1968 in Vesterbro, wobei zwar wieder die Charaktere aus den Jonna-Romanen auftreten, im Mittelpunkt aber das Mädchen Maria steht, deren Entwicklung zur Frau und Emanzipation von den Normen und Werten im Elternhaus geschildert wird. Mit seiner breiten zeitgenössischen Darstellung spiegelt das Buch die kollektive Euphorie und Überzeugung einer möglichen Befreiung aus den unterschiedlichsten Zwängen und zur Verbesserung der Welt wider: Marias Mutter verlässt nach vielen Jahren der Unterdrückung Marias Vater, während sie die lebensfeindliche Frau Andersen verliebt und sozial engagiert. Für den Roman erhielt sie 1982 sowohl den Kritikerprisen als auch De Gyldne Laurbær des Dänischen Buchhändlerklubs.

Der Roman Den yderste grænse (1987) handelt wieder von Jonna, die nach dem Suizid Asger ihren Traum von einem anderen und vollkommenen Leben aufgibt. Während Himmel og helvede durch die Träume und Möglichkeiten der Veränderung geprägt war, dominieren in Den yderste grænse umgekehrt Untergangsbilder und Fantasien eines Jüngsten Gerichts. 1987 wurde Kirsten Thorup für diesen Roman mit dem Søren-Gyldendal-Preis geehrt.

Die Thematik einer Apokalypse findet sich auch in dem Roman Elskede ukendte (1994) wieder. In der Darstellung der Hauptpersonen Karl und René, die eine religiösen Gigantomanie entwickeln, übernimmt Kirsten Thorup eine kritische und schwarzmalende Beschreibung der Zeit und der Gesellschaft, die nichts gegen den Kult des Todes und die dunklen Seiten der Menschen unternimmt.

Sowohl in ihren ersten modernistischen Gedicht- und Erzählungssammlungen als auch ihren späteren eher realistischen Romanen befasste sie sich mit den Grenzen zwischen Menschen und ihrer Umwelt, den Zusammenstößen, die auftreten, wenn Menschen versuchen sich zu äußern und zu entfalten, und wenn Leben, Phantasieleben und Rebellionsmöglichkeiten zusammenprallen.

Seit 1995 engagiert sich Kirsten Thorup als Mitglied im Vorstand des Dänischen P.E.N.. In späteren Romanen wie Bonsai (2001)[1] und Ingenmandsland (2004) setzte sie sich auch mit Themen wie Homosexualität, aber auch Demenz und dem Leben in Pflegeheimen auseinander. Zuletzt erschien im April 2011 Tilfældets gud, in dem es um die durch Stress gescheiterte Unternehmerin Ana geht, die den Sinn des Lebens durch die Finanzierung eines Projekts in Gambia sucht, das allerdings erfolglos ist.

Weitere Veröffentlichungen

  • Love from Trieste, Gedichte, 1969
  • I dagens anledning, Erzählungen, 1968
  • I dag er det Daisy, Gedichte, 1971
  • Frisørinden, Fernsehspiel, 1971
  • Hvornår dør Maria?, Fernsehspiel, 1972
  • Historien om Mally, Radiospiel, 1973
  • Helte dør aldrig, Fernsehspiel, 1976
  • Romantica, 1983
  • Sidste nat før kærligheden, 1989
  • Projekt Paradis, 1997
  • Førkrigstid, 2006
in deutscher Sprache

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Sabotage eines Lebens (Buchbesprechung im Deutschlandfunk, 22. August 2005)

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