Kleinserie

Kleinserie

Kleinserie ist die Bezeichnung einer speziellen Produktionsform für eine besondere Produktegruppe in begrenzter Anzahl.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Kleinserie unterscheidet sich vom wenig abzuändernden, insgesamt gleichbleibenden Massenprodukt. Nach kaufmännischer Usanz bewegt sich die Anzahl einer Kleinserie zwischen absolut drei bis hundert Exemplaren. Angaben in Prozenten einer Gesamtbevölkerung beispielsweise sind nicht möglich (man denke an Staaten wie USA und China). Kleinserien sind demnach sowohl intentional und materiell – und nur wenn beide Faktoren gleichzeitig zusammenwirken – in geringer Stückzahl realisierte Produkte. Kleinserien unterliegen generell der halbindustriellen Produktion, das heißt viele manuelle Produktionsschritte sind gewöhnlich aufzubringen. Mengen (i. S. v. Wasser oder Elektrizität) gehören nicht in diese Kategorie.

Gründe für Kleinserien

Für die Fertigung eines Produktes in kleiner Anzahl gibt es ökonomische oder rechtliche Gründen. Vertriebsformen wie „in Kommission“ (d. h. zur Abrechnung zu einem späteren Zeitpunkt), „auf Probe“, „zur Ansicht“ werden fast immer herangezogen um Produkte aus einer Kleinserie in den Markt einzuführen. Entsprechend ist meist der tatsächlich (oder angenommene) nicht vorhandene Markt (d. h. der [erwartete] Verkauf liegt unter den Investitionskosten) zu nennen, nicht weniger auch, das für eine Großserie fehlende Kapital.

Außerdem werden Forschungsmuster (d. h. für die weitere Produktentwicklung vorgesehene Muster zur Vorlage bei (anderen) Universitäten / Professoren oder bezüglich einer Bewertung bei Experten, Opinion Leaders, First Adapters und/oder einem repräsentativen Teil der Bevölkerung in Kleinserie erzeugt; in diesem Fall kann diese auch Musterserie oder Nullserie genannt werden. Die Nullserie ist eine gern in Anspruch genommene Form der Kleinserie bei Verlagsprodukten, insbesondere Zeitschriften, und entspricht einer Zeitschrift „auf Probe“, bei der Layout, thematische Ausrichtung und Umfang zunächst bei ausgewählten Lesern und (künftigen) Inserenten geprüft werden.

Rechtliche Gründe – hier steht die Patentierfähigkeit im Vordergrund – können für die Kleinserie ausschlaggebend sein, um schnell den Nachweis eines Marktganges zu erlangen. In einigen Staaten verhindern nicht eingehaltene gesetzliche Fristen, die für die Verwertung bzw. Markteinführung für die in Erfinderpatenten beschriebene Produkte bestehen, die Produktion in Großserie, weil mit der Nichteinhaltung der Frist auch der Patentanspruch – jedoch nicht der Musterschutz – verfällt und allfällige neue Verfahren und Techniken automatisch / von Rechts wegen zum Stand der Technik gezählt werden.

Groß- oder Massenserie ergänzende Produkte, die sich in Farbe, Form, Material oder Ausstattung jeweils unterscheiden können, sind ebenso Kleinserien zuzurechnen, auch wenn der Produzent weder Patent- noch Musterschutz beantragt.

Viele Produkte des täglichen Gebrauchs müssen Standards genügen. Bei diesen Verfahren der (Industrie-)Normung und ebenfalls zur Setzung neuer industrieller Standards von Produkten (DIN, EN, CENELEC, IEEE, BS u. a.) sind Kleinserien angezeigt.

Kunst

In den Künsten und der Verlagsproduktion können Wertgebung- und/oder Wertvermehrung (Seltenheit bzw. für spez. Formen der Kunstreproduktion wie Kupferstiche) für Kleinserien ausschlaggebend sein. Dazu gehören auch Kleinst- bzw. Kleinauflagen (personen- oder geschäftsbezogene Festschriften, (hand)nummerierte Auflagen, z. T. Graue Literatur und Literatur aus Selbstverlagen. In den Künsten zeigt sich, wie Produktionsmittel, Kleinserie und von Kleinserien abzugrenzende Einzelstückproduktion zusammenwirken. Der Kupferstich ist dafür geradezu exemplarisch: Einerseits ist die Matrize eine Einzelanfertigung, welche für die Vervielfältigung des Werkes als Grundlage herangezogen wird. Aufgrund der Materialeigenschaften des Kupfers weist die Matrize eine schnelle Abnutzung auf, so dass eine begrenzte Anzahl von Abzügen (Reproduktionen) hergestellt werden kann. Hier setzen dann auch Wertgebung und/oder Wertvermehrung an, als zugleich auftretende Faktoren der Wertschöpfungskette. Dieser Kategorie sind ebenfalls Erzeugnisse aus Hand-, Privat- bzw. Kunstpressen (sogenannte Pressedrucke) zuzurechnen.

Im kunstnahen Bereich des Designs (Produktegestaltung) und der Textilien treten Kleinserien als vornehmlich handgearbeitete Erzeugnisse mit exakt gleichbleibenden Eigenschaften (Farbe, Form, Muster, Rapporte) auf, sofern sie nicht von vornherein als Einzelstücke zu werten sind.

Abgrenzung

Ebenso wie die Kleinserie eine Produkte übergreifende bzw. unabhängige Kategorie darstellt, ist auch die der Einzelanfertigung aufzufassen. Entsprechend sind von einer Kleinserie abzugrenzen: die einmalige Herstellung eines Produktes für besondere Zwecke (Tests, Patentanträge oder Einzelexploration mit Experten) einschließlich medizinischer Hilfen (Prothesen, Implantate und Sehhilfen), welche einer individuellen Anpassung an den Patienten bedürfen.

Besondere Produktionsfaktoren bestimmen den Bereich der Literatur (Manuskript), des Films (Drehbuch), der (bildenden) Kunst; des Kunstgewerbes oder die Kunstfotografie mit ein bis höchstens drei Fotoabzügen (meist unter Vernichtung des Fotonegativs); darüber hinaus gehören Druckmatrizen und die Herstellung einer Mutterplatte in der Tonträgerindustrie dazu. Sie alle sind Unikate. Technische Dokumente wie Entwürfe bzw. Baupläne in der klassischen Architektur, zeichnerische Entwürfe in der bildenden Kunst sind gleichfalls als Einzelanfertigungen anzusprechen.

Hinsichtlich der Produktionsmengen (aus einer Großserie stammender Produkte) ist eine Drosselung der Produktionsanzahl eines in Großserie hergestellten Produktes zu nennen, die nicht zum Bereich der Kleinserie gehört, ebenso verbliebene, erhaltene und/oder beschädigte Anzahl vorgängig produzierter Waren (z. B. Auktionsgegenstände, Konkursware, Restposten). Auch Mindestmengen von herzustellender Waren (wie beispielsweise die Exemplarzahl bei Tonträgern um in den Genuss von Vorteilen zu gelangen, Aufnahme in Vertriebskataloge, Air-Time (Nutzung seitens Radio und Fernsehstationen), GEMA etc.) gelten nicht als Kleinserie. Ihre Form ist die der Mindestabnahmemengen, eigentlich durchwegs eine Eigenschaft wie sie im Zusammenhang von Großserien auftritt.

Gastronomische Erzeugnisse, Menüs und Backwaren werden im Bewusstsein der Konsumenten weder als Klein-, Mittel- noch Großserie verstanden. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die Gastronomie, gastronomische Zuliefer- und Bauernbetriebe nicht primär als Industriezweig, sondern als Branche bzw. ihre Produkte als mit Tradition und Sorgfalt erzeugte Waren verstanden und wahrgenommen werden.

Besondere Formen von Großserien

Im Zusammenhang mit der Serienfertigung sind auch besondere Formen der Herstellung zu nennen wie diese sich heute wirtschaftlich (und z. T. ökologisch motiviert) durchzusetzen beginnen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie als Großserien angesprochen werden müssen, weil intentional die Produktionskette für große Fertigungszahlen ausgelegt ist, auch wenn dies vertriebsseitig nicht direkt erkennbar wird. Es sollen mit diesen Produkten weite Bevölkerungskreise erreicht werden bei geringen Produktionskosten. Für diese speziellen Produktionsformen sei ebenfalls auf The Long Tail verwiesen. Ihnen können zugerechnet werden: Book-on-Demand (BoD und E-Book), Video-on-Demand (VoD), Audio-on-Demand (CD-on-Demand). Ebenso Erzeugnisse im Sinne multimedialer Erlebniswelten (Computerspiele) und Softwaredistributionen (z. B. Linux OpenSUSE etc.).

Softwareentwicklung beispielsweise teilt mit dem Film diese besonderen Produktionsformen, indem sie zunächst als Unikat vervielfältigt (Softwaretesting) bzw. Filmkopien in geringer Zahl für die Kinovorführungen (besondere Form der Massenverbreitung) und schließlich als produktions- und vertriebsrechtlich geschütztes Massenprodukt (DVD) käuflich erworben werden kann.

Literatur

  • Olaf Specht: Betriebswirtschaft für Ingenieure und Informatiker, 1993, ISBN 3-470-42603-1
  • Alexander Scharnreitner: Kostenwahrheit einer Kleinserie in einem großserienfertigenden Unternehmen, 1999
  • Albert Ulrich: Fallstudie: Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen manueller und automatischer Fertigung in der Mittel- und Kleinserie, 1978
  • Karl Dreimann: Drehstrom – Kleinserie der Berliner Verkehrs – Betriebe (BVG). Ein Meilenstein der Entwicklung der Drehstrom – Antriebstechnik…, in: Elektrische Bahnen 79 (1981) 4, S. 110–116
  • Brigitta Neumeister-Taroni: Der Traum von der perfekten Form. Innovation und Ästhetik im Schweizer Handwerk, 2007, ISBN 978-3-905748-05-5
  • Lothar Lang: Pressedrucke einst und jetzt in: Faber, Elmar (Hrgr.): Edition Leipzig – Ansichten zu einer Verlagsgeschichte (Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Verlages), 1985, S. 222–231
  • Stan Davis und Christopher Meyer: Das Prinzip Unschärfe. Managen in Echtzeit-neue Spielregeln, neue Chancen, neue Märkte in einer vernetzten Welt, 1998, Wiesbaden: Gabler ISBN: 3-409-18984-X

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