- Knickwinkelsteuerung
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Die Knickwinkelsteuerung, umgangssprachlich auch Knickschutz genannt, ist ein System das bei einem Gelenkbus das Gelenk vor übermäßiger Belastung und Beschädigungen schützt. Dieses System erlaubt eine geregelte Übertragung der Schubkraft auf das Fahrzeug und verhindert ein Schlingern sowie Ausbrechen des Fahrzeugs bei ungünstigen Fahrbahnverhältnissen. Insbesondere Schubgelenkbusse, bei denen der Antrieb auf der Nachläuferachse erfolgt, sind auf dieses System zwingend angewiesen.
Entwicklung und Geschichte
Bis zum Ende der 1970er Jahre hatten Gelenkbusse den Motor im Vorderwagen, der Antrieb erfolgte auf die zweite Achse. Nachteilig war, dass bei höheren Geschwindigkeiten Schlingerbewegungen im Nachläufer auftreten konnten. Die Fahrzeugwerkstätten Falkenried (FFG), ein Tochterunternehmen der Hamburger Hochbahn AG (HHA), entwickelten mit finanzieller Unterstützung des Bundesforschungsministeriums eine elektronische Knickwinkelsteuerung und stellten diese 1975 vor. Aus zwei HHA-Omnibussen des Standard-Linienbus-Typs Mercedes-Benz O 305 entstand 1977 der weltweit erste Schubgelenkbus, dessen Motor und Antrieb im Nachläufer war. Die damalige Daimler-Benz AG (heute Daimler AG) erwarb die Lizenzrechte an dieser Steuerung und war in der Gelenkbusfertigung fortan nicht mehr auf Fremdhersteller wie Vetter Fellbach angewiesen.
Vorteil des Heckantriebs ist auch, dass der Vorderwagen keinen Motor aufnehmen muss und der Wagenboden nebst Einstiegen dadurch niedriger, sogar niederflurig gebaut werden kann. Ferner ist der Heckmotor für Wartungsarbeiten leichter zugänglich. Zwar gab es insbesondere bei MAN und bei Magirus-Deutz zeitweilig einen Gelenkbustyp, bei dem der Motor ebenfalls im Heck lag, aber über eine durch das Gelenk führende, homokinetische Welle die zweite Achse im Vorderwagen antrieb. Die Achse im Nachläufer war hier als einzelbereifte und gelenkte Nachlaufachse ausgebildet. Diese Fahrzeuge waren in der Regel einen Meter kürzer und durch die nachgelenkte Achse auch etwas wendiger, was ihnen gegenüber Schubgelenkbussen einen kleinen Vorteil verschaffte. Ein Nachteil neben der aufwändigen Gelenkwellenführung war jedoch bei diesen Fahrzeugen, dass die in der Mitte liegende Antriebsachse bei leerem Fahrzeug nicht ausreichend belastet wurde, womit die Antriebsräder schneller durchdrehten. Auch führten Kurvenfahrten unter Last zu erhöhten Schäden an dieser Gelenkwellenkonstruktion. Mitte der 1980er Jahre nahm auch MAN Schubgelenkbusse in das Programm auf, die bisherige Konstruktion aus Heckmotor und Mittelachsantrieb wurde kaum noch nachgefragt.
Aufbau und Funktion
Im Drehkranzbereich des Gelenkes sind ein oder zwei Hydraulikzylinder eingebaut. Über Leitungen sind sie mit einem Hydraulikblock verbunden, der den Durchfluss von einem zum anderen Zylinder begrenzen kann. Das System steht unter einem permanenten Überdruck. Eine Stickstoffblase gleicht Temperaturschwankungen aus.
Bei normaler Kurvenfahrt wird das Hydrauliköl durch die Leitungen und den Hydraulikblock durch die Bewegung der Zylinder verschoben. Ab einem bestimmten Winkel verengt der Hydraulikblock den Querschnitt und erhöht somit den Druck im System. Das Einknicken wird gedämpft. Wird der mechanische Anschlag erreicht, ertönt für den Fahrer ein Warnsignal, das System greift in die Motorsteuerung ein und reduziert die Drehzahl, so dass das Fahrzeug nur noch mit Schrittgeschwindigkeit rollen kann.
Bei Rückwärtsfahrt ist besonders das Gelenk zu schützen. Beim Rangieren kann es sehr schnell dazu kommen, dass das Fahrzeug einknickt und es dann zu Beschädigungen am Drehkranz kommt. Hier dämpft das System ebenfalls das Einknicken. Ab einem bestimmten Winkel (max. 47°) reduziert es ebenfalls die Motordrehzahl und legt zusätzlich die Haltestellenbremse ein, um das Fahrzeug unverzüglich zum Stillstand zu bringen.
Quellen
- Hamburger Omnibusverein e.V. - 30 Jahre Gelenkbusse in Hamburg
- Fahrschul-Lehrbuch „Fahren Lernen“ für die Führerscheinklasse D - Verlag Heinrich Vogel, Auflage 3/2008, S. 23
Kategorie:- Nutzfahrzeugtechnik
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