Schubgelenkbus

Schubgelenkbus
VÖV-I-Stadtbus (Gelenkbus von MAN), betrieben von der BSAG
MAN Niederflur-Gelenkbus

Ein Gelenkbus (umgangssprachlich oft auch als „Schlenki“, „Ziehharmonikabus“ oder "Knautschpolka" bezeichnet) ist ein Omnibus, der als Gelenkfahrzeug gebaut ist, um trotz seiner Länge auch in engen Straßen einsetzbar zu sein.

Ein Gelenkbus besteht aus dem zwei- oder dreiachsigen Vorderwagen mit einem ähnlich großen oder etwas kleineren Radstand als ein Solobus, dem Gelenk mit Faltenbalg und dem ein- oder zweiachsigen Nachläufer oder Hinterwagen, der sich über das Gelenk auf dem Vorderwagen aufstützt. Motor und Antrieb können sich im Vorderwagen oder im Nachläufer befinden.

Gerade im Stadtverkehr ist die Länge von Bussen wegen enger Kurven nur sehr begrenzt steigerbar. Um trotzdem auf stark nachgefragten Streckenabschnitten genügend Kapazität bieten zu können, ohne dass zusätzliche Busse eingesetzt werden müssen, wurden Busse mit Anhängern eingesetzt. Als die Fahrgastbeförderung in Anhängern verboten werden sollte, konstruierten mehrere Hersteller ein- bzw. tandemachsige Anhänger, die durch ein Gelenk mit dem Zugfahrzeug verbunden waren. Das Gelenk zwischen den Wagenkästen wird dabei mit einem Faltenbalg vor Wettereinflüssen geschützt. Die Karosseriebauunternehmen, die diese Gelenkbusse unter Verwendung üblicher Omnibus-Fahrgestelle herstellten, waren u.a. Gaubschat (Berlin), Göppel Bus (Augsburg), Emmelmann (Hannover) und Vetter (Fellbach).

Inhaltsverzeichnis

Konstruktionen

Gelenkbus Ikarus Typ 280 in Kattowitz (Stadt- und Überlandverkehr)

Es gibt verschiedene Gelenkbus-Konstruktionen. Früher war es üblich, bei Gelenkbussen die zweite von drei (oder vier) Achsen anzutreiben. Dies konnte geschehen durch einen Unterflurmotor in der Mitte des Vorderwagens (Nachteil: Schlechte Zugänglichkeit des Motors für Wartungsarbeiten, hoher Fahrzeugboden und damit viele hohe Einstiegsstufen) oder (später, als Alternative zum Schubgelenkbus angeboten) durch einen Motor im Heck (Nachteile: Gelenkwelle mit hohem Knickwinkel erforderlich, Antriebsachse bei leerem Bus nur gering belastet, Gefahr des Durchdrehens der Antriebsräder).

Schubgelenkbus

Seit den 1980er Jahren ist in Deutschland am häufigsten der Schubgelenkbus (Pusher) anzutreffen, dessen Heckmotor die hintere Achse antreibt. In den 1970er Jahren entwickelte die FFG Fahrzeugwerkstätten Falkenried eine elektronisch geregelte, lenkwinkelabhängige Knickschutzsteuerung, die ein ungewolltes Einknicken des Busses verhindert. Durch die Verwendung eines Gelenkes mit dieser Knickschutzsteuerung war es möglich, die hintere Hälfte eines üblichen Standardbusses mit einem, um das Heck verkürzten, weiteren Standardbus zu einem Schubgelenkbus zu verbinden. Vorteil war, dass die Bushersteller (insbesondere der erste Nutzer dieser Konstruktion Mercedes-Benz) nun in der Lage waren, Gelenkbusse komplett selbst herzustellen und anzubieten. Die bisher erforderlichen Aufbauhersteller wie Vetter oder Göppel mussten nicht mehr in Anspruch genommen werden. Weitere Vorteile sind der einfachere Zugang zum Motor für Wartungsarbeiten und die niedrigere Bauweise insbesondere des Vorderwagens. Außerdem begünstigt der Heckmotor die Niederflurbauweise.

Doppelgelenkbusse

Doppelgelenkbusse in Curitiba
Doppelgelenkbus von Van Hool
Doppelgelenkbus von Van Hool (Länge: 24,8 m)

Doppelgelenkbusse werden seit einigen Jahren in Südamerika eingesetzt. In Europa fahren sie in der Schweiz (in Genf, Luzern, St. Gallen und Zürich als Doppelgelenktrolleybus), Frankreich (Bordeaux), Deutschland (Aachen, Hamburg), Luxemburg (Luxemburg (Stadt)), den Niederlanden (Utrecht), Ungarn und Schweden (Göteborg). Es handelt sich um Fahrzeuge der Hersteller Marcopolo, Ciferal, Renault, Van Hool und Ikarus.

Der deutsche Hersteller MAN stellte auf der „Transport '82“ in München im Juni 1982 einen fast 24 Meter langen Doppelgelenkbus des Typs MAN SGG 280 vor, der 225 Fahrgäste aufnehmen konnte. Auch Daimler-Benz stellte dort einen Doppelgelenkbus für die O-Bahn vor. Dieser war für Zweirichtungsbetrieb mit Fahrerplätzen an beiden Enden und mit Spurführung vorgesehen, hier sogar mit Elektroantrieb und Stromversorgung über Oberleitung. Bei beiden Modellen handelte es sich um mittelflurige Doppelgelenk-Standardbusse nach VÖV-Richtlinien der ersten Generation.

In heutiger Zeit fahren Doppelgelenkbusse als niederflurige Konstruktionen in den Niederlanden, Deutschland, Schweden und Luxemburg. Dabei werden vor allem Fahrzeuge des belgischen Herstellers Van Hool, Typ AGG 300, eingesetzt.

Als erstes deutsches Verkehrsunternehmen testete die ASEAG in Aachen bereits im Jahr 2003 Doppelgelenkbusse des Herstellers Van Hool. Seit September 2005 setzt die ASEAG zwei eigene Fahrzeuge im Linienbetrieb ein, derzeit auf den Linien 5 und 45 zwischen Uniklinik und Brand. Sechs weitere Fahrzeuge, die in Aachen die mundartliche Bezeichnung Öcher Long Wajong haben, wurden im Februar 2008 verspätet in Dienst gestellt.

Nach einjähriger Testphase werden seit Dezember 2005 auch von der Hamburger Hochbahn eine große Anzahl leicht abgewandelter Doppelgelenkbusse von Van Hool im Linienbetrieb auf der stark belasteten Metrobus-Linie 5 eingesetzt. Die vierachsigen Busse bieten auf einer Gesamtlänge von 24,8 m Sitz- und Stehplätze für etwa 180 Personen. Dieser Typ wurde auch in Dresden auf der Linie 61 getestet.

Auch der schwedische Hersteller Volvo hat mit dem Modell V7500 einen Doppelgelenkbus entwickelt. Er wird seit 2005 in Göteborg eingesetzt.[1]

Vom 21. Januar bis 3. März 2006 testeten die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) einen Doppelgelenktrolleybus mit einer Fahrgastkapazität von 200 Personen bei einer Gesamtlänge von 25 m. Die Tests verliefen erfolgreich, so dass die VBZ bei dem Schweizer Unternehmen Carrosserie Hess AG 17 derartige Busse bestellt hat, die ab Mitte August 2007 innerhalb eines Jahres geliefert werden und vorläufig auf der Linie 31 zum Einsatz kommen. In Luzern verkehren diese Doppelgelenk-Trolleybusse bereits seit Fahrplanwechsel 2006 auf der Linie 1.

Weitere Entwicklungen

Mercedes-Benz hat mit dem CapaCity im November 2005 einen Prototyp vorgestellt, welcher bei einer Gesamtlänge von 19,54 m 193 Personen Platz bietet. Der Bus hat nur ein Gelenk, aber im hinteren Teil befindet sich hinter der Antriebsachse eine einfach bereifte, mitgelenkte Achse, so dass eine größere Nutzlast erreicht wird. Das Fahrzeug soll in der Schleppkurve eines normalen Gelenkbusses bleiben und ist – im Gegensatz zu einem Doppelgelenkbus – ohne Probleme rückwärtsfahrfähig. Nach Herstellerangaben schwenkt der Nachläufer nur bis zu 40 cm aus.

Mercedes-Benz CapaCity Gelenkbus mit überlangem zweiachsigem Nachläufer (Gesamtlänge 19,5 m)

Ein Bus dieses Typs fuhr – nach einem zunächst einwöchigen Probebetrieb vom 27. November bis zum 3. Dezember 2006 – ebenfalls bei der Aachener ASEAG auf den stark frequentierten Linien 5 und 45. Da für 2007 die Anschaffung mehrerer Großraumbusse geplant war, wollte man dort testen, ob der CapaCity eine Alternative zu den Doppelgelenkbussen des Unternehmens Van Hool darstellen kann. Die ASEAG entschied sich dennoch für sechs weitere Van Hool AGG 300. Auch die VHH PVG testet den CapaCity in der Metropolregion Hamburg.[2] Die Auslieferung einer Serie von 50 Fahrzeugen für Istanbul begann Ende 2007.[3]. Als erstes Unternehmen in Deutschland setzen die Stuttgarter Straßenbahnen AG seit dem 4. August 2008 den CapaCity im regulären Linienverkehr ein.[4]

Wenn Gelenkbusse spurgeführt betrieben werden, können ähnliche Leistungen wie mit einer Tram erbracht werden. Man spricht dann von einer Busbahn, besonders beim Einsatz von spurgeführten Trolleybussen.

Die Türen im Nachläufer, die nicht immer vom Busfahrer eingesehen werden können, sind meist mit Licht- / Radarschranke gesichert und werden automatisch geschlossen. Oft wird das Schließen akustisch angekündigt.

Im Programm der MAN befand sich seit 2007 der Lion's City GXL, ein vierachsiger Gelenkbus, der in der Konstruktion und der Kapazität dem CapaCity ähnlich ist. Als erster und einziger Kunde wurden die Verkehrsbetriebe St. Gallen (VBSG) mit dem neuen Bus beliefert.[5] Allerdings wurde die weitere Entwicklung des Lion's City GXL eingestellt.[6]

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung von Volvo
  2. Noch eine Nummer größer: CapaCity im Test bei VHH und PVG. In InKürze. 12, 2006, S.2f.
  3. stadtbus.de Magazin: Mercedes Omnibus-Tage 2007
  4. Bundesweit einmalig: Capacity-Busse in Stuttgart
  5. Erste Lion's City GXL gehen in die Schweiz
  6. "Stadtverkehr", Ausgabe 11/08, Seite 8

Siehe auch

Weblinks


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