Royal Ordnance L7

Royal Ordnance L7

Die Royal Ordnance L7 ist eine britische Kanone, die für den Einsatz in Kampfpanzern und anderen Gefechtsfahrzeugen bestimmt ist. Das Design und die Leistungen der Waffe erwiesen sich als so erfolgreich, dass sie in vielen westlichen Panzermodellen eingesetzt wurde. Die Royal Ordnance Factories entwickelte die Waffe, um die veraltete 20-Pfünder-Kanone zu ersetzen. Sie ist eine der meistgenutzten Kanonen in Fahrzeugen weltweit. Insgesamt wurden etwa 20.000 Exemplare hergestellt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Entwicklungsgeschichte

Querschnitt des Rohres

Den Anstoß zur Entwicklung einer neuen Kanone für Kampfpanzer gab der Volksaufstand in Ungarn 1956. Während der Kämpfe mit den sowjetischen Truppen gelang es den Aufständischen, einen erbeuteten T-54 auf das Gelände der britischen Botschaft zu fahren. Dieser konnte von britischen Experten untersucht werden. Die Untersuchungen ergaben, dass die zu dieser Zeit im Centurion Mk 3 genutzte Kanone nicht in der Lage war, die Panzerung des neuen sowjetischen Panzers zu durchschlagen. Gleichzeitig wies die 100-mm-Kanone des T-54 hervorragende Leistungen auf. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde beschlossen, eine 105-mm-Kanone zu entwickeln, die die starke Frontpanzerung des T-54 durchschlagen konnte und gleichzeitig in die Rohrwiege der Centurions montiert werden konnte, um die noch im Dienst befindlichen Panzer dieser Generation mit geringen Kosten einer Kampfwertsteigerung zu unterziehen.[2]

Der erste Panzer, der 1959 mit der Kanone ausgerüstet wurde, war der Centurion Mk 5.[1] In den folgenden Jahren erhielten viele westliche Panzer die Kanone, darunter der Leopard 1 und der M60. Während des Zweiten Golfkriegs konnten M60 der US-Army damit mehrere irakische Panzer vom Typ T-72 zerstören.

Die L7 ist heute durch die Weiterentwicklung der Waffentechnik in Richtung der Glattrohrkanone veraltet. In den meisten modernen westlichen Kampfpanzern wurde sie durch die 120-mm-Glattrohrkanone von Rheinmetall im Rahmen von Kampfwertsteigerungen ersetzt (wie beim M1A1 Abrams) oder wurde nicht mehr verbaut (beispielsweise beim Leopard 2).

Technik

Funktionsweise

Die L7 ist eine gezogene Kanone mit einer Länge von 52 Kalibern. Der Verschluss ist ein halbautomatischer Querkeilverschluss, der nach rechts öffnet. Die Patrone wird elektrisch gezündet. Der Rücklauf der Waffe nach dem Schuss beträgt etwa 290 mm. Die Kanone ist mit einem Rauchabsauger ausgestattet und ist bei den meisten Panzern mit einer Wärmeschutzhülle ummantelt. Der Einsatz der Waffe auf Schiffen und in Küstenverteidigungsanlagen war geplant, wurde aber nicht realisiert.[1]

Munition

Die L7A3 bei einem Leopard 1A2A1. Im Vordergrund die Munitionsarten APDS, HEAT und das Quetschkopfgeschoss HESH/HEP.
  • APDS (Armour-Piercing Discarding Sabot): Ein unterkalibriges Wuchtgeschoss, das einen schweren Penetrator verschießt und durch seine kinetische Energie wirkt. Dabei wird eine Penetrator aus abgereichertem Uran (wie in der US-Armee) oder gesintertem Wolframcarbid (beispielsweise bei der Bundeswehr) genutzt, dessen hohes spezifisches Gewicht die Energie pro Fläche gegenüber Stahl nochmals erhöht. Die Abdichtung des im Durchmesser kleineren Geschosses gegenüber dem Rohr übernimmt der Treibkäfig (heute aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff), der sich nach dem Austritt aus dem Lauf durch den erhöhten Luftwiderstand ablöst.
  • APERS-T (Anti Personell – Tracer): Ein Splittergeschoss zur Bekämpfung von Infanterie.
  • APFSDS (Armour Piercing Fin Stabilized Discarding Sabot): Ähnlich dem APDS-Geschoss, jedoch ist der Penetrator länger und wird durch Flossen stabilisiert.
  • HE (High Explosive): Ein Sprenggeschoss.
  • HEAT (High Explosive Anti Tank): Ein Hohlladungsgeschoss zur Abwehr feindlicher Kampfpanzer.
  • HESH (High Explosive Smash Head): Ein Sprenggeschoss, dass die Panzerung feindlicher Kampfpanzer nicht durchschlagen, sondern Schockwellen in ihr auslösen soll, die an der Innenseite Splitter ablösen und die Besatzung verletzen oder töten.
  • Phosphormunition: Brandmunition zum Einsatz gegen Infanterie.

Technische Daten

Bezeichnung Royal Ordnance 105 mm L7 tank gun
Kaliber: 105 mm
Länge: 5588 mm
Gewicht: 1287 kg
Kadenz: 10 Schuss/Minute
Reichweite: 1800 m mit APDS, 4000 m mit HESH
Lebensdauer: 200 Schuss mit APDS

Varianten

  • L7A1
Die Standardvariante.
  • L7A3
Die Variante der Bundeswehr für den Einsatz auf dem Leopard 1. Das Bodenstück wurde an der Oberseite abgeschrägt, sodass die Waffe bei minimaler Rohrerhöhung von –9° nicht mit dem Turmdach kollidiert.
  • L74
Schwedische Variante mit 61 Kaliberlängen zum Einsatz auf dem Stridsvagn 103.
  • M68
US-Variante für den M60 mit der Bezeichnung M68. Der Verschluss wurde durch einen Fallkeilverschluss ersetzt und das Design des Rauchabsaugers wich vom Original ab. Diese Variante wurde auch auf dem M1 Abrams eingesetzt. Die Version M68A1E4 kommt im M1128 Stryker MGS zum Einsatz.
  • KM68A1
Koreanische Lizenzproduktion der M68. Sie kam in koreanischen Versionen des M48 zum Einsatz.
  • Type 79/81/83
Chinesische Kopien der L7.
  • FM K.4 Modelo 1L
Argentinische Lizenproduktionen zum Einsatz auf dem Tanque Argentino Mediano.

Einsatz

Literatur

  • Steven Zaloga: T-54 and T-55 Main Battle Tanks 1944–2004, Osprey Publishing, ISBN 978-1-84176-792-5
  • Surrey Coulsdon: Jane´s Armour and Artillery Upgrades 1995–1996, Jane`s Information Group Inc.

Einzelnachweise

  1. a b c Surrey Coulsdon: Jane´s Armour and Artillery Upgrades 1995–1996, S. 43.
  2. Steven Zaloga: T-54 and T-55 Main Battle Tanks 1944–2004, S. 39.

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