Landkartenverlag Berlin

Landkartenverlag Berlin

Der VEB Landkartenverlag mit Sitz in Berlin existierte von 1954 bis 1976 und war einer der bedeutendsten kartographischen Verlage der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der VEB Landkartenverlag Berlin ging aus dem Landkartenverlag Kurt Schaffmann hervor, nachdem dessen Inhaber im März 1954 den Ostteil Berlins verlassen hatte und der Verlag daraufhin verstaatlich worden war.

Im Rahmen der Profilierung der DDR-Verlage wurde der Verlag in der ersten Hälfte der 1960er Jahre zum Monopolisten für touristische Karten entwickelt, während der VEB Hermann Haack, Geographisch-Kartographische Anstalt Gotha das Monopol für Atlanten, nichttouristische Karten und kartographische Fachliteratur einschließlich Schulkartographie und der VEB Räthglobenverlag in Leipzig das Monopol für Globen erhielten[1]. In diesem Zusammenhang kam es insbesondere zur Übernahme aller touristischen Karten des Bibliographischen Institutes (Die Gute Wanderkarte und Die Gute Verkehrskarte, 1960), der DEWAG-Werbung (Straßenübersichtspläne, 1964) und der PGH Phönix (Heimat- und Wanderkarten, 1965), von denen jedoch nur ein geringer Teil neuaufgelegt wurde[2].

Im Jahre 1964 wurde angeordnet, aus Gründen der militärischen Geheimhaltung künftig in öffentlichen Karten keine Lagegenauigkeit topographischer Objekte mehr zuzulassen, sondern nur noch verfälschte Karten zu veröffentlichen[3]. Daraufhin wurde im Jahre 1966 mit einer völligen Neubearbeitung des Verlagsprogrammes begonnen. Stadtpläne wurden seit 1967 nur in einer verzerrten Darstellung publiziert, die die Innenstädte in größerem Maßstab als die Randbezirke zeigte. Im Gegensatz zu vergleichbaren Plänen im Westen fehlte ein Maßstab.

In den Jahren 1969 bzw. 1973 wurden die Privatbetriebe Grasmück & Karnahl sowie Velhagen & Klasing übernommen, die bisher noch kartographische Lohnarbeiten für die Verlagskartographie ausgeführt hatten.

Am 1. Januar 1977 wurde der VEB Landkartenverlag mit der Abteilung Heimat- und Touristikliteratur des VEB F. A. Brockhaus Verlages Leipzig zum VEB Tourist Verlag Berlin/Leipzig vereinigt.

Verlagsprogramm

Das 1954 vom Landkartenverlag Kurt Schaffmann übernommene Programm umfasste im Wesentlichen Reise- und Verkehrskarten von Deutschland und der DDR im Maßstab 1:700.000, Stadtpläne von Groß-Berlin, Verkehrs- und Bürokarten der DDR-Länder im Maßstab 1:300.000 und einige Wanderkarten. In den nächsten Jahren erschienen vor allem touristische Karten für Brandenburg und Mecklenburg; 1956 wurde außerdem mit der Herausgabe einer siebenteiligen Wander- und Wintersportkarte Thüringen begonnen. Mit der Übernahme der Wanderkarten des Bibliographischen Instituts umfasste das Verlagsprogramm seit 1961 touristische Karten für alle Teile der DDR.

Bis 1965 erschienen neun neu bearbeitete Stadtpläne, außerdem wurden bis 1967 17 der im Jahre 1964 übernommenen DEWAG-Straßenübersichtspläne neu aufgelegt[4].

Daneben wurden ein Wasserwanderbuich Märkische Gewässer (1955), ein Buchplan von Groß-Berlin (1957) und ein Atlas für Motortouristik der DDR (1963) veröffentlicht.


Seit 1966 wurde ein vollkommen neues Verlagsprogramm erarbeitet. Es umfasste folgende Publikationsreihen (in Klammern die Anzahl der bis 1976 erschienenen Titel):

  • Stadtpläne, unmaßstäblich (37)
  • Bildkarten in den Maßstäben 1:20.000, 1:30.000 und 1:50.000 (4)
  • Wanderkarten in den Maßstäben 1:30.000 und 1:50.000 (24)
  • Touristenkarten in den Maßstäben 1:100.000 und 1:120.000 (14)
  • Verkehrskarten und Bezirkskarten im Maßstab 1:200.000 (10 bzw. 12)
  • Autokarten und thematische Karten der DDR im Maßstab 1:600.000 (6)

Hinzu kamen ein Atlas für Motortouristik (1:200.000) und ein Reiseatlas der DDR (1:600.000) sowie einige weitere Veröffentlichungen.

Zensur, Kartenverfälschung

Wie alle Verlage der DDR unterlag auch der VEB Landkartenverlag der Vorabzensur durch die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur im Rahmen des Druckgenehmigungsverfahren. Darüber hinaus bedurfte die Publikation von Kartenmaterial der Genehmigung des Innenministeriums. Militärische Objekte durften nicht gezeigt, Industrieanlagen und Bahnlinien durften nur stark generalisiert dargestellt werden. Für private Zwecke durften lediglich maßstäbliche Karten mit einer Auflösung von 1:1,25 Mio. oder schlechter veröffentlicht werden[5].

Einzelnachweise

  1. Dagmar Unverhau: Kartenverfälschung als Folge übergrosser Geheimhaltung?: eine Annäherung an das Thema Einflussnahme der Staatssicherheit auf das Kartenwesen der DDR ; Referate der Tagung der BStU vom 8.-9. März 2001 in Berlin. Band 5 von Archiv zur DDR-Staatssicherheit, 2002, ISBN 3-8258-5964-9, S. 33, Online
  2. Reginald Pustkowski: Die Verlagskartographie in der Deutschen Demokratischen Republik, 1981, S. 45-48
  3. Dagmar Unverhau: Kartenverfälschung … 2002, ISBN 3-8258-5964-9, S. 200, Online
  4. Dirk Bloch u. Gerald Noack: Auf der Straße des Fortschritts. Die Stadtpläne der DDR - Zeugnisse vom Leben im Sozialismus, 2009, S. 126-132
  5. Dagmar Unverhau: Kartenverfälschung … 2002, ISBN 3-8258-5964-9, S. 167, Online

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Berlin-Neu-Hohenschönhausen — Neu Hohenschönhausen Ortsteil von Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Friedrichshain — Die Liste der Straßen und Plätze in Berlin Friedrichshain beschreibt das Straßensystem im Berliner Ortsteil Friedrichshain mit den entsprechenden historischen Bezügen. Gleichzeitig ist diese Liste ein Teil des Gesamtprojektes Berliner Straßen und …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Rummelsburg — Die Liste der Straßen und Plätze in Berlin Rummelsburg ist eine Übersicht der in dem Berliner Ortsteil Rummelsburg im Bezirk Lichtenberg historisch oder gegenwärtig vorhandenen Straßen und Plätze. Gleichzeitig ist diese Liste ein Teil des… …   Deutsch Wikipedia

  • Berliner Postbezirke (ab 1862) — Die Berliner Postbezirke wurden durch eine Anweisung des Kaiserlichen Generalpostamtes aus dem Jahre 1873 festgelegt. Ausgehend vom Hofpostamt Königstraße Ecke Spandauer Straße wurde damit das damalige Stadtgebiet von Berlin in neun Postbezirke… …   Deutsch Wikipedia

  • Zermützel — Stadt Neuruppin Koordinaten …   Deutsch Wikipedia

  • Nuthe — Vorlage:Infobox Fluss/KARTE fehlt DatenVorlage:Infobox Fluss/GKZ fehlt …   Deutsch Wikipedia

  • Tourist Verlag — Der VEB Tourist Verlag mit Sitz in Berlin und Leipzig war der bedeutendste Verlag für Reise und Touristikliteratur in der DDR. Er ging 1977 aus dem VEB Landkartenverlag Berlin hervor, dem die Abteilung Heimat und Touristikliteratur des VEB F. A.… …   Deutsch Wikipedia

  • Bibliographisches Institut — Dieser Artikel wurde aufgrund inhaltlicher und/oder formaler Mängel auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Wirtschaft eingetragen. Du kannst helfen, indem Du die dort genannten Mängel beseitigst oder Dich an der Diskussion beteiligst …   Deutsch Wikipedia

  • Die Gute Wanderkarte — Die Publikationsreihe Die Gute Wanderkarte erschien in den Jahren 1948 bis 1961 und war zu ihrer Zeit die populärste Wanderkarten Serie der DDR. Geschichte Der Sachsenverlag Dresden begann im Jahre 1948 mit der Herausgabe von Wanderkarten, die… …   Deutsch Wikipedia

  • Julius Straube — (* 12. April 1832 in Berlin; † 24. Oktober 1913 ebenda) war ein deutscher Kartograf und Gründer des Geographischen Instituts und Landkartenverlag Julius Straube. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Geographisches Institut und Landkartenverlag Julius… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”