- Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel
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Die Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft (LKG) war der zentrale Buchgrossist und Barsortimenter der DDR. Seit Januar 2009 ist sie ein Tochterunternehmen der Stuttgarter Koch, Neff & Oetinger Verlagsauslieferung (KNO VA).[1] [2]. Der Sitz der LKG war bis 1995 in der Prager Straße (bis 1991 „Leninstraße“) in Leipzig, dann wurde ein neues Betriebsgelände im südlichen Vorort Espenhain bezogen.
Geschichte
Die LKG wurde 1946 von Karl Klaer und Walter Bleck gegründet[3]. Bereits 1951 war das Unternehmen Marktführer in der DDR, 1963 wurde es verstaatlicht. Im Jahr 1989 erreichte die LKG einen Umsatz von 1,2 Milliarden Mark der DDR und beschäftigte 1200 Mitarbeiter. Durch die Wiedervereinigung verlor das Unternehmen seine Monopolstellung und hatte bei der Reprivatisierung – einem Management-Buy-out – am 25. August 1992 noch 60 Mitarbeiter bei einem Jahresumsatz von 20 Millionen DM. Im Jahr 2002 lag der Umsatz bei 120 Millionen Euro. Zum 1. Januar 2009 verkauften die bisherigen Gesellschafter Ute Haft, Andreas Hengst und Jürgen Petry ihre Anteile an die KNO VA. Da staatlicherseits 1951 die LKG und das bereits „volkseigene“ Unternehmen Koehler & Volckmar zusammengeführt worden waren, handelte es sich hierbei um eine historische Wiederzusammenführung der Unternehmensteile. 1990 hatte Jürgen Voerster (gest. 2010), der damalige Chef von KNO, von einer Übernahme der LKG Abstand genommen und gemeinsam mit dem Leiter der LKG, Jürgen Petry, ein Modell vereinbart, in dem stattdessen eine umfassende Unterstützung durch KNO vereinbart wurde. Voraussetzung war, dass die LKG-Führung an einer privaten Weiterführung des Unternehmens interessiert wäre.
Makulierung der Lagerbestände im Jahr 1991
400 000 Bücher, die auf einer wilden Deponie nahe Borna gefunden wurden, lagern heute in der Bücherburg KatlenburgDer Bestand der LKG umfasste 1991 mehr als zehn Millionen Bücher und Broschüren vor allem aus den Bereichen Pädagogik, Gesellschafts- und Rechtswissenschaften, aber auch belletristische Werke, die nach der deutschen Wiedervereinigung unverkäuflich waren; der Versuch einer Verramschung war erfolglos geblieben. Die Makulierung dieser Druckwerke erfolgte in Papiermühlen oder durch das Verheizen in Kraftwerken. Außerdem wurde eine große Zahl ausgesonderter Bücher und Broschüren auf einer Müllkippe bei Borna entdeckt, die später zum Teil, durch Veranlassung des Pfarrers und P.E.N.-Mitglieds Martin Weskott, in die Bücherscheune Katlenburg gebracht wurden.
Der Verleger Elmar Faber beschrieb die Ursachen in seiner Festrede zum 60. Jahrestag der LKG:
„Fazit war, daß die Remittenden von Büchern aus DDR-Verlagen die Auslieferungsziffern bald weit überschritten und LKG vor Not und Ohnmacht Hören und Sehen verging. Nicht einmal mehr SERO, die berühmte Recyclingfirma, konnte den Rückschub bewältigen und kippte den „Müll“ (in Anführungsstriche), den eine sich erneuern wollende Gesellschaft inaugurierte, in die Braunkohlegruben bei Borna.“
Die Vernichtung der Bücher stieß auf Kritik: Der Leipziger Dichter Dieter Mucke äußerte im Oktober 1991 auf einer Pressekonferenz des Verbandes deutscher Schriftsteller:
„... ich möchte darauf aufmerksam machen, dass der in dem bekannten Heine-Wort benannte schreckliche Kausal-Zusammenhang, wer Bücher verbrennt/vernichtet, verbrennt/vernichtet auch Menschen, keine logische Abstraktion oder historische Reminiszenz ist, sondern schon wieder deutsche Gegenwart. Deshalb fordere ich als ein in Leipzig geborener Dichter, daß dieses barbarische und faschistoide Verbrechen der Büchervernichtung endlich geahndet wird. [4]“
Der Buchautor Rainer Schmitz nannte den Vorgang
„die demütigendste Phase, die die Schöne Literatur bislang in der Weltgeschichte erleben mußte. [5]“
Auch der Schauspieler Peter Sodann rettet in seiner Peter-Sodann-Bibliothek Bücher vor der Vernichtung.[6] Weitere Rettungsprojekte bestehen in der Jugendbibliothek-Gera [7] und in der DDR-Bücherstube Weimar-Taubach[8], wo Tausende Bücher aus DDR-Produktion zur öffentlichen Ausleihe bereitstehen.
Literatur
- Frank Thomas Grub: "Wende" und "Einheit" im Spiegel der deutschsprachigen Literatur: ein Handbuch. Band 1: Untersuchungen. De Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-017775-6, S. 21-23.
- Kurt-Rudolf Böttger: Die Geschichte des LKG Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel 1946 - 1967. LKG, Leipzig 1968.
- Marie-Kristin Rumland: Veränderungen in Verlagswesen und Buchhandel der ehemaligen DDR 1989-1991. Harassowitz, Wiesbaden 1993, ISBN 3-447-03419-X.
- Wandel als Chance. Sechzig Jahre Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel. LKG, Leipzig 2007.
- Jürgen Petry: Das Monopol, Faber & Faber, Leipzig 2001, ISBN 3-932545-83-4
Weblink
- Website der Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft in Espenhain
Einzelnachweise
- ↑ Zum 1. Januar 2009 kauft die Stuttgarter Verlagsauslieferung Koch, Neff & Oetinger die Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft. KNO-Pressemitteilung, 18. Dezember 2008.
- ↑ KNO übernimmt LKG. Buchreport-Meldung, 18. Dezember 2008.
- ↑ Unternehmensgeschichte. auf der Webseite der Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft.
- ↑ Frank Thomas Grub: "Wende" und "Einheit" im Spiegel der deutschsprachigen Literatur: ein Handbuch. Band 1: Untersuchungen. De Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-017775-6, S. 21
- ↑ Rainer Schmitz: Was geschah mit Schillers Schädel. Eichborn Berlin, Berlin 2006. ISBN 3-8218-5775-7, S. 878.
- ↑ Peter-Sodann-Bibliothek
- ↑ jugendbibliothek-gera.7to.de
- ↑ DDR-Bücherstube Taubach
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