Luftschlacht über der Deutschen Bucht

Luftschlacht über der Deutschen Bucht
Luftschlacht über der Deutschen Bucht
Datum 18.Dezember 1939
Ort Deutsche Bucht
Ausgang Abwehr der britischen Bomber
Konfliktparteien
Truppenstärke
80-100 Jagdflugzeuge und Zerstörer, davon 48 eingesetzt (zu Beginn) 24 Vickers Wellington MK.I
Verluste
2 Jagdflugzeuge Bf 109 12 mittlere Bomber Vickers Wellington
3 weitere mit Bruch in England

Die Luftschlacht über der Deutschen Bucht fand am 18. Dezember 1939 zwischen britischen Bombern des Typs Vickers Wellington und deutschen Jagdfliegerkräften zu Beginn des Zweiten Weltkriegs statt. In ihrem Verlauf wurden zwölf britische Bomber abgeschossen, während drei weitere im Vereinigten Königreich zu Bruch gingen. Als Folge stellte das Bomber Command der RAF seine Tageseinsätze gegen Ziele in Deutschland weitgehend ein und setzte seine Bomber im späteren Kriegsverlauf fast ausschließlich in der Nacht ein.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Deutschland und Großbritannien lagen seit dem 3. September 1939 im Krieg. Während und nach dem Feldzug gegen Polen war es an der Westfront zunächst ruhig geblieben. Dieser Kriegszustand wurde von den Briten häufig als „Phoney War“ bezeichnet. Im Gegensatz zum späteren Kriegsverlauf galt der Luftangriff auf Städte als unangemessen und provokant gegenüber der Gegenseite. Großbritannien fürchtete einen Angriff der Luftwaffe auf britische Städte, das Deutsche Reich dagegen hoffte, die Briten doch noch zu Friedensverhandlungen bewegen zu können. Als einzige Art des Luftangriffs bestand daher das Bombardement auf rein militärische Ziele, die ohne Gefahr auf zivile Opfer durchgeführt werden konnten. Als eine der wenigen Gelegenheiten galt der Angriff auf Kriegsschiffe. Während die deutsche Luftwaffe britische Schiffe bei Scapa Flow und dem Firth of Forth angriff, forderte Winston Churchill das britische Bomber Command der Royal Air Force auf, es ihr gleichzutun und deutsche Kriegsschiffe in der Nordsee anzugreifen. Bereits vier Tage vor der Luftschlacht über der Deutschen Bucht griffen zwölf Vickers Wellington Bomber die Kreuzer Leipzig und Nürnberg an, die zuvor vom britischen U-Boot HMS Salmon torpediert worden waren. Fünf Bomber wurden von der deutschen Jagdabwehr abgeschossen. Ein weiterer ging auf dem Rückflug nach Großbritannien verloren. Im Anschluss wurden die deutschen Jäger an der ostfriesischen Küste nochmals verstärkt. Der Kommodore des Jagdgeschwader 1, Carl Schumacher, verfügte am 18. Dezember über eine Gesamtstärke von etwa 80–100 Jagdflugzeuge und Zerstörern der Typen Bf 109 und Bf 110.

Schlachtverlauf

Messerschmitt Bf 110 des NJG 4 (1942)
Messerschmitt Bf 109E-3 in Frankreich
Vickers Wellington des RAF Bomber Command

Etwa gegen Mittag hoben 24 Bomber des Typs Vickers Wellington von Basen in Südengland in Richtung Südost ab. Es handelte sich um Maschinen der 9., 37. und 149. Squadron des RAF Bomber Command. Um 13.50 Uhr hatten deutsche Freya Funkmessgeräte erstmals Radarkontakt zu den britischen Bombern. Noch wusste jedoch niemand auf deutscher Seite, dass es sich um einfliegende Briten handelte. Zu dieser Zeit standen die Bomber etwa 110km bzw. 20 Flugminuten vor der deutschen Küste. Mangelnde Absprache zwischen Aufklärung und Fliegerhorsten verzögerte allerdings den Start der Jagdflugzeuge. Hinzu kam, dass man der Aufklärung nicht glauben mochte. Das Wetter erschien den Deutschen als zu gut für einen Angriff. Tatsächlich war der Himmel nahezu wolkenlos. Ein leichter Dunst zog sich bis etwa 1000m Höhe. Die anfliegende Briten wurden nunmehr von Fliegerbeobachtern auf Helgoland gesichtet. Diese gaben eine Anzahl von 44 Bombern an. Doppelt so viele wie sich nach offiziellen britischen Angaben noch im Verband befanden (zwei Wellingtons mussten bereits auf halben Wege aufgrund eines Motorschadens über der Nordsee kehrt machen und nach England zurückfliegen). Doch nun starteten die deutschen Jäger von ihren Horsten. Als erstes erreicht die 10./JG 26, die als Nachjagdstaffel aufgestellt worden war, den Feindverband. Mittlerweile hatten die Wellingtons Wilhelmshaven erreicht. Bomben fielen nicht. Stattdessen hatten die Bomber zusätzliches Personal zur Einweisung an Bord. Um 14.30 Uhr fiel der erste Bomber den Waffen der Bf 109 des Uffz. Heilmayr zum Opfer, ehe auch der Staffelkapitän der 10./JG 26 Oblt. Steinhoff, später Inspekteur der Luftwaffe der Bundeswehr, erfolgreich war. Insgesamt wurden nur 32 Bf 109 Jagdflugzeuge und 16 Bf 110 Zerstörer der insgesamt mehr als 80 verfügbaren Jagdflugzeuge gegen den britischen Verband eingesetzt, da Teile der Jagdverbände aufgrund der späten Fühlungsmeldung nicht mehr rechtzeitig starten konnten. Ihren Waffen fielen zehn weitere Bomber zum Opfer. Drei weitere wurden so schwer beschädigt, dass sie in England abgeschrieben werden mussten. Dennoch waren auch unter den deutschen Verteidigern Verluste zu beklagen. Besonders der Heckstand der Wellington machte den taktischen Anflug von hinten zum Spießrutenlauf. Dieser Effekt verstärkte sich noch durch den engen Verbandsflug. Vier MGs, in einem Stand zusammengefasst, verteidigten hierbei den rückwärtigen Bereich eines mittleren Bombers. In der Me 110 des Lt. Üllenbeck wurden später von der Bodenmannschaft 23 Einschüsse gezählt, nachdem er sein Opfer von hinten aus angeflogen hatte. Von der Seite, aus der Überhöhung hingegen, war der Bomber dagegen ungeschützt. Dies belegt auch die Aussage des Hptm. Reinecke der I./ZG 76: „Die Me 110 ist in der Lage, diesen englischen Typ sehr leicht einzuholen (...), sodass sehr rasch sehr viele Angriffe von jeder Seite, auch von vorn seitwärts erfolgen können.“" Weiter beschreibt er die Wellington: „Die Wellington brennt leicht und ist insgesamt sehr feuerempfindlich.“

Insgesamt verlor die Royal Air Force zwölf Maschinen, drei weitere wurden schwer beschädigt. Die deutsche Jagdabwehr verlor zwei Bf 109; beide Flugzeugführer kamen ums Leben.

Kontroverse

Bis heute herrscht über die genaue Anzahl der eingesetzten britischen Flugzeuge, sowie ihrer Verlustzahl keine Klarheit. So sichteten die Deutschen bereits auf Helgoland 44 Wellingtons, im späteren deutschen Bericht war gar von 56 die Rede. Zu schulden waren diese Zahlen wohl mangelnder Erfahrung. So gab es bei der Luftschlacht um England ähnliche Irrtümer und auch hier wurden deutlich mehr Maschinen gemeldet, als tatsächlich eingesetzt waren. Die Abschusszahlen lagen ähnlich weit auseinander. So gab die Royal Air Force an, sieben Flugzeuge verloren zu haben. Die Luftwaffe mochte jedoch 32 Abschüsse erzielt haben, wobei sieben vom Reichsluftfahrtministerium nicht anerkannt wurden. Versuche, Erklärungen hierfür zu finden, münden in der These, dass viele Abschüsse in der Hektik des Gefechts doppelt gemeldet wurden. Später verlautete die offizielle Zahl von zwölf abgeschossener Wellingtons und zwei deutschen Jagdeinsitzern Bf 109.

Eingesetzte Flugzeugtypen

Folgen

Royal Air Force

Nach dem Verlust von mehr als 50 % aller eingesetzten Flugzeuge, ging das Bomber Command dazu über, nur noch in der Nacht über Deutschland zu operieren. Einsätze bei Tage, wie der Einsatz gegen die Möhne-, Eder- und Sorpetalsperre oder das Schlachtschiff Tirpitz blieben die Ausnahme. Vor allem das Fehlen von Jagdschutz hatte sich als katastrophal erwiesen. Da die RAF, ausgenommen mit gekauften P-51 Mustang, über keine weitreichenden Jagdflugzeuge verfügte, griffen Bomber erst gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wieder geschlossen Ziele auf deutschem Territorium bei Tage an. Eine Änderung hinsichtlich des Bombenabwurfs auf Einzelziele hin zum Flächenbombardement ist unmittelbar nach der Luftschlacht nicht zu beobachten. Erst mit Arthur Harris wurden ab 1942 großflächige Bombenangriffe in die Realität umgesetzt. Zudem wurde zusätzlicher Schutz in die Maschinen eingebaut, vor allem selbstabdichtende Treibstofftanks, die das Ausströmen des Benzins verhindern konnten und somit die Brandgefahr herabsetzten.

Luftwaffe

Die Luftwaffe erkannte, wie verwundbar Bomber gegenüber einer starken Jagdabwehr waren. Erkenntnisse hieraus wurden jedoch nicht in die Tat umgesetzt und die Luftwaffe musste bei der Luftschlacht um England ähnliche Probleme eingestehen, wie sie die RAF über der Deutschen Bucht hatte. Görings Voraussagung; „die Bomber kommen immer durch,“ hatte sich als unwahr herausgestellt. Direkte Lehren wurden hieraus allerdings nicht gezogen. Im späteren Verlauf des Krieges trafen deutsche Jäger und britische Bomber nun vor allem bei Nacht aufeinander.

Literatur

  • C. Bekker: Angriffshöhe 4000: Ein Kriegstagebuch der deutschen Luftwaffe, Oldenburg 1964, S.80–89
  • H. Nowarra: Die 109: Entwicklung eines legendären Flugzeugs, Stuttgart 2008, S.71
  • A. Price: Luftschlacht über Deutschland: Angriff und Verteidigung 1939–1945, Stuttgart 1996, S.11/12

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