Margarethenkirche (Mediaș)

Margarethenkirche (Mediaș)
Marktplatz von Mediaș mit der Margarethenkirche im Hintergrund

Die Margarethenkirche ist eine evangelische Stadtpfarrkirche in Mediaș, die unter anderem für ihren schiefen Turm bekannt ist. Heute gehört diese Kirche zu den bedeutendsten spätgotischen Sakralbauten Rumäniens.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erhaltenen mittelalterlichen Quellen nennen Mediaș zuerst im Jahre 1267, doch es gibt Grund zur Annahme, dass diese vermutlich von deutsch-sprechenden Siedlern gegründete Ortschaft älter ist. Die in den Jahren 1971 und 1972 durchgeführten archäologischen Grabungen haben gezeigt, dass in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts an der Stelle, wo die Kirche sich heute befindet, ein von den deutschen Bewohnern errichtetes Gotteshaus stand.

Die Bevölkerung des Ortes muss schnell gewachsen sein, denn schon etwa 50 Jahre später musste dieser Bau einer Saalkirche mit auffallend langem Hauptschiff weichen. In dem heutigen nördlichen Seitenschiff sind Teile davon erhalten geblieben.

Spätestens nach dem verwüstenden Türkeneinfall von 1438 haben die Bewohner von Mediaș mit dem Bau ihrer dritten Kirche begonnen, die der heiligen Margarethe geweiht war. Der Chronist Georg Soterius schrieb im 18. Jahrhundert, dass die Bauarbeiten an dieser Kirche im Jahre 1488 abgeschlossen worden seien. Um die gleiche Zeit haben die Einwohner aus Mediaș das sogenannte Kirchenkastell erbaut, eine Wehranlage mit mehrfachen Mauergürteln, Verteidigungsgraben und Wehrtürmen, die heute zum Teil noch erhalten sind. Das war eine für die damalige Zeit kaum vorstellbare finanzielle und auch technische Lösung.

Der Kirchhof

Hermann Oberth Schule im Kirchhof

Unter dem sogenannten Tor- oder Glockenturm mit seinem hölzernen Wehrgang betritt man heute den Kirchhof. Geht man auf der Nordseite der Kirche weiter, so liegt links davon die 1713 erbaute „alte Schule“, die „Hermann Oberth“ Schule. Ihr Gebäude schließt heute den fünften Wehrturm ein, der 1888 bis unter das Schuldach abgetragen worden ist.

Weiter nach Osten steht der sogenannte Seiler- oder Speckturm mit seinen regelmäßig angeordneten vorragenden Gusslöchern. Im 19. Jahrhundert begann man, ihn für die Aufbewahrung der Speckseiten zu benutzen, was sich in seinem Namen niedergeschlagen hat.

Es folgt das Geburtshaus von Stephan Ludwig Roth, einem fortschrittlichen Denker und Kämpfer, der in den Wirren der Revolution von 1848/49 von einem ungarischen Standgericht zum Tode verurteilt und erschossen worden ist.

An der Ostseite der Kirche steht das Pfarrhaus, das in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erbaut wurde. Unmittelbar daneben befindet sich der mit einem Pultdach und Zinnen versehene Marienturm, der seinen Namen von einer Kapelle hat, die sich im Erdgeschoss dieses Baus befand und die nach den Resten der erhaltenen gebliebenen Wandmalereien zu schließen, zu Beginn des 16. Jahrhunderts hier eingerichtet worden war.

Auf der Südseite der Kirche folgt der 1803 erbaute überdachte Treppenaufgang, der eine direkte Verbindung vom Marktplatz der Stadt herstellen sollte.

Die letzte Befestigung des hier doppelten Mauerringes ist der Schneiderturm, auch mit Schießscharten und Gußlöchern zur Verteidigung ausgerüstet.

Trompeterturm

Der schiefe Turm der Margarethenkirche

1550, als Mediaș das Stadtrecht erhielt, wurde der Trompeterturm um drei Stockwerke erhöht. Dadurch wuchs die Belastung des Fundaments, so dass dieses nicht mehr standhielt. Der Turm begann sich zu neigen und weicht heute in einer Höhe von 68,50 m um 2,30 m von der Senkrechten ab. Bereits 1927 bis 1930 erfolgten umfangreiche Stabilisierungsmaßnahmen.

Als Zeichen dafür, dass das Mediașer Gericht auch Todesurteile aussprechen und vollstrecken konnte, wurden die vier kleinen Ecktürmchen errichtet.

Im Jahre 1972 begannen wieder umfangreiche Wiederherstellungsarbeiten, die erst zu Beginn der achtziger Jahre abgeschlossen werden konnten. Während bis 1977 die Arbeiten von staatlichen Stellen finanziert wurden, ist die Restaurierung nachher allein mit Hilfe kirchlicher Mittel fortgeführt und abgeschlossen worden.

Innenraum

Betritt man den Innenraum der Kirche, so ist man fasziniert von der Harmonie der architektonischen Maße und Lichtverhältnisse. Gerade weil die Kirche asymmetrisch ist - sie hat nach Norden hin die Form einer Basilika, nach Süden aber ist sie eine Hallenkirche, in der höchstens noch die im 18.Jahrhundert eingebaute Schneiderempore das Ebenmaß der spätgotischen Struktur der Hallenkirche nicht voll zur Geltung kommen lässt - übt sie auf den Besucher eine besondere Wirkung aus. Das nördliche Seitenschiff, das mit dem Mittelschiff durch Arkaden verbunden ist, ist älter als der restliche Bau. Das wird schon daran sichtbar, dass die aus dem Jahre 1420 stammenden Fresken an der Trennwand zwischen Haupt- und nördlichem Seitenschiff von den das Gewölbe stützenden Halbsäulen durchschnitten und zum Teil verdeckt werden. Die an der Nordwand des Seitenschiffs zum Vorschein geholten Wandmalereien werden zeitlich der zweiten Hälfte des 14.Jahrhunderts zugeschrieben.

Hauptaltar

Hauptaltar

Zu den künstlerisch wertvollsten Gegenständen der Kirche gehört vor allem der zwischen den Jahren 1480 und 1490 entstandene spätgotische Flügelaltar. Leider ist der ehemals reiche Figurenschmuck des Altars verlorengegangen. Die heute im Mittelschrein stehende Kreuzigungsgruppe ist künstlerisch bedeutungslos. Die leeren Nischen aus der Predella wurden früher durch ein Abendsmahlsgemälde verdeckt, das jetzt an der Stirnseite des nördlichen Seitenschiffs hängt und das nicht viel jünger ist als die Tafelmalerei des Altars. Dies zeigt, wie früh schon die Holzskulpturen des Altars verlorengegangen sind.

Der Maler ist unbekannt geblieben, man weiß aber, dass er aus der Wiener Schule stammt, mit Einflüssen des Schottenstifts in Wien (vielleicht ein Schüler des Schottenstiftmeisters). Erst im Jahr 1930 entdeckte ein Kunsthistoriker, dass im Hintergrund der VII. Tafel (Jesus am Kreuz) die Stadt Wien dargestellt ist. Klar sichtbar im Bild sind unter anderem der Stephansdom und die Minoritenkirche. Der Altar ist somit ein wichtiger Beitrag zu der mittelalterlichen Stadtgeschichte von Wien.

Taufbecken

Das Taufbecken ist um das Jahr 1370 entstanden, somit das älteste Taufbecken der evangelischen Kirche in Rumänien (darauf steht das „Ave Maria“). Solche bronzene Taufbecken wurden meistens aus Waffen der Kriege gegossen (Helme, Schwerter, Schilder, etc.) Im Inneren des Taufbeckens befindet sich noch ein türkisches Gefäß, mit einer arabischen Schrift.

Das Taufbecken wird heute als Lesepult verwendet.

Teppiche

Die Teppiche an den Wänden im Chorraum und im Hauptschiff der Kirche stammen aus der Zeitspanne zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert. Es sind anatolische Teppiche, die der Kirche von Händlern gespendet worden sind. Heute sind sie ein unbeschreiblich wichtiger Schatz, da es kaum einen anderen Ort in der Welt gibt, wo so viele alte und seltene Teppiche zusammen zu finden sind. Vor kurzem wurde eine wichtige Studie zu allen Teppichen aus den Kirchen und Museen Siebenbürgens herausgegeben. Die größte Teppichsammlung befindet sich in Kronstadt, in der Schwarzen Kirche.

Grabsteine

Die Grabsteine hinter dem Altar und Grabplatten von Persönlichkeiten, die im Kirchenboden begraben wurden. Das sind Pfarrer, Bürgermeister, Richter oder auch Pfarrfrauen. Die ältesten stammen aus dem 16. Jahrhundert.

Der erste Grabstein links ist der Grabstein des Pfarrers und Schriftstellers Christian Scheäus (Autor des Werkes „Ruinae pannonicae“).

Diese Grabsteine wurden vor längerer Zeit aus dem Boden herausgeholt und in die Wand der Chorraumes eingemauert.

Sitzbänke

Die Sitzbänke im vorderen Teil der Kirche sind in Mediaș (so wie der Schwarzen Kirche in Kronstadt) eine Sehenswürdigkeit für sich: sie haben verstellbare Sitzlehnen. In jedem Gottesdienst und bei jedem Orgelkonzert können darum die Besucher mit dem Gesicht zur Kanzel bzw. Orgel sitzen.

Siehe auch

Weblinks

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