- Markgräfler Tracht
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Die Markgräfler Tracht ist die traditionelle Tracht im Markgräflerland, einer Region in Baden-Württemberg im Südwesten Deutschlands, an der Grenze zu Frankreich und der Schweiz. Das markante Kennzeichen der Frauentracht ist die so genannte „Hörnerkappe“ – eine Flügelhaube als Kopfbedeckung.
Inhaltsverzeichnis
Gebrauch der Tracht
Heute wird diese Tradition noch in Trachtenvereinen gepflegt, die Tracht wurde jedoch noch bis etwa 1930 allgemein von der Landbevölkerung an Sonn- und Feiertagen, sowie zu festlichen Anlässen getragen.[1]
Verbreitungsgebiet
Das Verbreitungsgebiet der Tracht liegt zwischen Basel und Freiburg und entspricht grundsätzlich dem ehemaligen Herrschaftsgebiet der Markgrafen von Hachberg-Sausenberg, dem Markgräflerland. Mit kleinen Abänderungen wurde sie jedoch auch im Gebiet der Markgrafschaft Hachberg im Raum Emmendingen und in den evangelischen Orten am Kaiserstuhl getragen. Varianten der Tracht wurden später auch in einigen gemischt-konfessionellen Dörfern der ehemaligen Kondominate der Markgrafschaft Baden-Baden, den Herrschaften Mahlberg und Lahr getragen.[2]
Die Entwicklung der Tracht
Die immer deutlichere Ausprägung der Tracht nach 1820 führt zur Schlussfolgerung, dass gegenläufig zu den Bemühungen des jungen Staates „Großherzogtum Baden“ eine gemeinsame Identität für die vielen in ihm zusammengeschlossenen Teilgebiete mit unterschiedlicher Historie und Tradition zu schaffen, regional ein Bedürfnis bestand sich die eigene Identität zu bewahren und sich von den Nachbargebieten abzuheben.
Die Hörner wachsen
Aus einer Zunftordnung der Hutmacher in den Herrschaften Rötteln und Sausenberg von 1651 ist abzuleiten, dass zuvor die Kopfbedeckung der Frauen ein Hut war und um diese Zeit der Übergang zur Kappe erfolgte.
1780 bildete der französische Kupferstecher, Georges-Jacques Gatine, eine Markgräflerin mit Kappe und Strohhut („Schihuet“, d. h. Sonnenhut) ab. Diese so genannte „Dotsch“-Kappe gehörte auch noch um 1800 zur Tracht und findet sich etwas verfeinert auf den Abbildung J.P.Hebels mit dem „Vreneli“, weshalb die Tracht aus dieser Zeit auch „Vreneli“-Tracht genannt wird. Der 1764 verordnete Wechsel vom „Zwickelrock“ zum Faltenrock ist auf der Abbildung noch nicht nachvollzogen, da der Stich auf einem älteren Bild von S. Graenicher beruht.
Etwa um 1820 entwickelte sich die Dotschkappe weiter zu einer Flügelkappe, wobei die Schleifen (Flügel) zunächst noch klein waren.[3] Die Schleifen wuchsen in der Folge und erhielten an den Enden kurze Fransen. Um etwa 1850 findet man bei den älteren Frauen noch die kleinen Schleifen ohne Fransen, während bei den jüngeren Frauen schon die etwas größeren Schleifen mit Fransen zu sehen sind.
Um etwa 1890 war dann die Markgräfler Hörnerkappe mit ganz großen Schleifen und langen Fransen voll ausgebildet. Was wir heute teilweise als jahrhundertealte Tradition missverstehen, ist die Ausprägung der Volkstracht zwischen etwa 1890 und 1930.
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„Vreneli“-Tracht 1780, kolorierter Kupferstich von Georges-Jacques Gatine (1773-1824)
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Anna B. Krafft von Auggen, 1853
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Elisabeth Marget von Hügelheim, 1856
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Markgraeflerin von Malsburg, 1900
Vom Zwickelrock zum Kleid mit Ärmeln
Während vor 1764 ein Zwickelrock getragen wurde, musste danach gemäß Polizeiverordnung ein Faltenrock getragen werden. Später erfolgte mehr und mehr eine Anpassung an die bürgerliche Mode und es wurden Kleider mit Ärmel getragen - zeitweilig auch mit so genannten Keulenärmeln und einem Reifrock (Krinoline).[4]
Der Einfluss der Politik
Die Polizeiverordnung von 1764
Die Tracht erfuhr im Laufe der Zeit einige Veränderungen. Neben modischen Einflüssen war auch die Politik ein Einflussfaktor. So verbot 1764 der baden-durlachische Landvogt von Rötteln, Gustav Magnus von Wallbrunn,[5] den bis dahin zur Tracht gehörigen Zwickelrock, da dieser aus schmalen, keilförmigen Stoffstreifen zusammengesetzt wurde, so dass der Stoff eines ausrangierten Rockes kaum mehr zu verwenden war. Aus Sicht Wallbrunns war dies eine Verschwendung. Sein Verbot reiht sich ein in andere Maßnahmen zur Volkserziehung die unter dem Regiment des Markgrafen Karl Friedrich ergriffen wurden.
Die französische Revolution
Zur Markgräfler Männertracht gehörten im 18. Jahrhundert auch Kniebundhosen. Im vorrevolutionären Frankreich waren die Sansculottes die Arbeiter und Kleinbürger, die im Gegensatz zum Adel lange Hosen statt Kniebundhosen trugen. Die lange Hose wurde auch zum politischen Signal und verdrängte zunehmend die Kniebundhose aus der volkstümlichen Tracht.
Die Tracht als Wirtschaftsfaktor
Nach der Gründung des deutschen Zollvereins 1834 gründeten Basler Industrielle zunehmend Fabriken im benachbarten Baden um sich so den Markt des Zollvereins zu öffnen. Baden seinerseits war froh so die Industrialisierung vorantreiben zu können. Die Bandwebereien konnten bereits 1836 den Großteil ihrer Produktion an das Markgräfler Landvolk verkaufen, da es für die Trachten eine große Menge an Seidenband brauchte.[6]
Die Markgräfler Tracht in der Literatur
Johann Peter Hebel – Dotsch
Literarisch hat Johann Peter Hebel die Markgräfler Tracht in seinem Gedicht „Die Wiese“[7] bekannt gemacht, wobei er sie als „lutherische“ Kleidung bezeichnet, da die Tracht fast nur in den evangelischen Orten getragen wurde.[8] Die Gedichtsammlung wurde 1803 veröffentlicht, d.h. Hebel beschreibt die Tracht in der Form, wie sie um 1800 getragen wurde, die so genannte „Vreneli-Tracht“. Zu dieser Zeit gab es die „Hörnerkappe“ noch nicht und Hebel bezeichnete die eng anliegende Kappe als „Dotsch“.
Victor Hugo - der schwarze Schmetterling
Der französische Schriftsteller Victor Hugo unternahm 1839 eine Reise den Rhein hinauf. Seine Reisebeschreibung[9] enthält auch einen Brief vom 4. September aus Freiburg. Hier beschreibt Hugo die Hörnerkappe der Markgräfler Tracht als „Le grand papillon noir“[10]
Literatur
- Maria Riffel: Die Entwicklung der Trachtenhaube im südlichen Teil des Oberrheingebietes, Heidelberg 1940
- Ursula Huggle: Zur Entwicklung der Tracht im Markgräflerland, in: Das Markgräflerland 2/1994, S. 312-334
- Paula Röttele: Altmarkgräfler Tracht (1750-1810) in Auggen gefunden, in: Das Markgräflerland, Band 1/2004, S. 35/36
- Fred Wehrle: Johann Peter Hebel und die Markgräfler Tracht, in: Das Markgräflerland, Band 1/2010, S. 144-150
- Hermann Jacob (Herausgeber): Leute, Kleider, Trachten - Eine Dokumentation zur Geschichte der Markgräfler Tracht, Broschüre zur Ausstellung des Geschichts- und Museumsvereins Vorderes Kandertal 2003
- Victor Hugo, En voyage. Le Rhin, Paris 18 ??, S. 213
Einzelnachweise
- ↑ s. Fred Wehrle in der Publikation von Hermann Jacob; S. 19
- ↑ s. Huggle S. 330
- ↑ s. Hugo - „schwarzer Schmetterling“
- ↑ s. Jacob S. 15
- ↑ Landvogt des Oberamtes Rötteln 1748-1772
- ↑ s. Huggle S. 316
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Wikisource: J. P. Hebels sämtliche Werke; Band 1: Die Wiese – Quellen und Volltexte
- ↑ im Markgräflerland wurde - wie in der ganzen Markgrafschaft Baden-Durlach - 1556 die Reformation eingeführt, weshalb die zugehörigen Gemeinden evangelisch waren
- ↑ En voyage. Le Rhin
- ↑ der große schwarze Schmetterling
Weblinks
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Commons: Markgräfler Tracht – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
- Entwicklung der Markgräfler Tracht
- Victor Hugo Victor Hugo, En voyage. Le Rhin, Paris 18 ??, S. 213
- Victor Hugo's sämmtliche Werke, übersetzt von Mehreren, 18 Band, Stuttgart 1860, Der Rhein – Briefe an einen Freund; 31. Brief, (S. 523 im pdf File) übersetzt von F.W. Dralle in der Google Buchsuche
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