Militärbefehlshaber

Militärbefehlshaber

Militärbefehlshaber (Offizielle Abkürzung MilBfh.) war eine hohe Dienststellung in von der Wehrmacht besetzten Ländern im Zweiten Weltkrieg. Die Dienststellung wurde normalerweise von einem Heeres- oder Luftwaffengeneral eingenommen.

Inhaltsverzeichnis

Aufgabe

Der Militärbefehlshaber war Chef der Militärverwaltung und damit der höchste Repräsentant der Okkupationsmacht im besetzten Land, befehligte allerdings normalerweise keine an der Front einsatzfähigen Truppenteile, sondern übte als faktischer Militärgouverneur die Herrschaft über die Wirtschaft und Verwaltung des besetzten Landes aus. Dem Militärbefehlshaber unterstanden dazu sein eigener Stab, und - je nach Größe des besetzen Gebietes - eine Reihe von Militärverwaltungsbezirken, Oberfeldkommandanturen und Feldkommandanturen.[1]

Die Militärbefehlshaber wurden vom Oberbefehlshaber des Heeres (OBdH) eingesetzt und übten in dessen Namen die vollziehende Gewalt aus. OBdH während des Krieges war bis Dezember 1941 von Brauchitsch, danach bis zu seinem Tod im April 1945 Hitler. Im Tagesgeschäft erhielt der Militärbefehlshaber seine Weisungen vom Generalquartiermeister des Heeres.[1]

Abgrenzung von anderen Dienststellungen in besetzten Ländern

Die im besetzten Gebiet stationierten einsatzfähigen Kampfverbände der Wehrmacht unterstanden nicht dem Militärbefehlshaber, sondern dem Oberbefehlshaber (OB) des Gebietes, der direkt dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) bzw. an der Ostfront dem Oberkommando des Heeres (OKH) unterstand. Die einzige Ausnahme von dieser Trennung war das Gebiet Südost (in etwa das Gebiet von Jugoslawien), in dem die Funktion von Militärbefehlshaber und Oberbefehlshaber im Wehrmachtbefehlshaber Südost vereint waren.[1]

In den Ländern und Gebieten unter Zivilverwaltung (Norwegen, Niederlande, Dänemark, Kanalinseln) gab es keinen Militärbefehlshaber. Dort nahm ein Wehrmachtbefehlshaber (WBF) die militärischen Hoheitsrechte wahr, war aber nicht für die Verwaltung zuständig.[1]

Befehlsgebiete der Militärbefehlshaber

Belgien und Nordfrankreich

Am 20. Mai 1940 wurde das Kommando des Militärbefehlshaber Belgien geschaffen, das aber schon am 28. Mai 1940 in Militärbefehlshaber Belgien und Nordfrankreich umbenannt und erweitert wurde. Der Befehlsbereich bestand aus dem Territorium des besetzten Belgiens zusammen mit den beiden französischen Départements Pas-de-Calais und Nord. Das Hauptquartier war in Brüssel. Kommandeure waren:

  • Alexander von Falkenhausen vom 22. Mai 1940 bis 15. Juli 1944
  • Martin Grase vom 18. Juli bis 16. September 1944, danach andere Unterstellung

Frankreich

Die Befehlsstelle des Militärbefehlshaber Frankreich (MBF) wurde am 16. Oktober 1940 in Paris geschaffen. Der Befehlsbereich umfasste das gesamte besetzte Frankreich außer den beiden Départements Pas-de-Calais und Nord, die dem Militärbefehlshaber Belgien-Nordfrankreich zugeordnet waren. Kommandeure waren:

Griechenland

Befehlshaber Südgriechenland, ab 25. August 1943 nach Kapitulation Italiens dann Militärbefehlshaber Griechenland (MBGR). Die Befehlsstelle wurde am 15. Oktober 1944 aufgelöst. im August 1944 gehörten zum Befehlsbereich das Stabskommando, der Kommandant der Festung Kreta und der Kommandant Ost-Ägäis. Kommandeure waren:

  • Hellmuth Felmy vom 21. Juni 1941 bis 8. September 1942
  • Wilhelm Speidel vom 8. September 1942 bis 27. April 1944
  • Heinz Scheuerlen von Juni bis September 1944[2]

Serbien

Der Militärbefehlshaber Serbien wurde 1941 eingesetzt. Mit der Weisung OKH 48, 48a und 48b vom Juli 1943 (“Umstrukturierung für die Befehlsführung und Verteidigung des Südostraumes”): wurde das Kommando in Militärbefehlshaber Südost umbenannt. Kommandeure waren:[3]

Siehe auch

Literatur

  • Anestis Nessou: Griechenland 1941–1944. Deutsche Besatzungspolitik und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung – eine Beurteilung nach dem Völkerrecht. V & R Unipress, Göttingen 2009, ISBN 978-3-89971-507-1 (Osnabrücker Schriften zur Rechtsgeschichte 15), (Zugleich: Osnabrück, Univ., Diss., 2008).
  • Robert Bohn (Hrsg.): Die deutsche Herrschaft in den „germanischen“ Ländern 1940–1945. Steiner, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-07099-0 (Historische Mitteilungen Beiheft 26).
  • Walter Lukan (Hrsg.): Serbien und Montenegro. Raum und Bevölkerung – Geschichte – Sprache und Literatur – Kultur – Politik – Gesellschaft – Wirtschaft – Recht. LIT Verlag, Wien u. a. 2006, ISBN 3-8258-9539-4 (Österreichische Osthefte 47, 1/4, 2005 = Sonderband 18).

Einzelnachweise

  1. a b c d Werner Röhr: System oder organisiertes Chaos? Fragen einer Typologie der deutschen Okkupationsregime im Zweiten Weltkrieg. In: Robert Bohn (Hrsg.): "Die deutsche Herrschaft in den "germanischen" Ländern 1940-1945". Franz Steiner Verlag, 1997, S. 24-25.
  2. Anestis Nessou: Griechenland 1941- 1944: Deutsche Besatzungspolitik..., S.105.
  3. Michael Portmann und Arnold Suppan: Serbien und Montenegro im Zweiten Weltkrieg. In: Walter Lukan (Hrsg.): Serbien und Montenegro. LIT Verlag, Münster 2006, ISBN 3-8258-9539-4, S. 268, Fußnote 12.

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