Carl-Heinrich von Stülpnagel

Carl-Heinrich von Stülpnagel
Carl-Heinrich von Stülpnagel (1941)

Carl-Heinrich Rudolf Wilhelm von Stülpnagel (* 2. Januar 1886 in Berlin; † 30. August 1944 in Berlin-Plötzensee) war deutscher Offizier, zuletzt General der Infanterie der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944.

Inhaltsverzeichnis

Familie und Erster Weltkrieg

Stülpnagel ist der Name eines uckermärkischen Adelsgeschlechtes, das 1321 erstmals urkundlich erwähnt wird. Carl-Heinrich von Stülpnagel war der Sohn des königlich-preußischen Generalleutnants z. D.[1] Hermann von Stülpnagel (1839–1912) und der Luise Freiin von der Tann-Rathsamhausen (1856–1907). Er legte 1904 das Abitur in Frankfurt am Main ab. Am 1. Oktober 1904 trat er in Darmstadt als Fahnenjunker in das Leibgarde-Infanterie-Regiment (1. Grossherzoglich Hessisches) Nr. 115 ein. Nach bestandenem Offiziersexamen, am 18. Mai 1905, erfolgt die Ernennung zum Leutnant am 21. Januar 1906. Vom 1. Oktober 1911 bis zum 30. Juni 1914 besucht er die Kriegsakademie. Dazwischen lag die Ernennung zum Oberleutnant am 19. Juli 1913. Bei Kriegsausbruch 1914 war er Kompanieführer der 12. Kompanie seines Regiments und Regimentsadjutant. Am 19. Juli 1915 wurde er zum Hauptmann befördert. Am 20. Januar 1916 heiratete er auf Gut Brandis Helene Freiin von Pentz (* 21. August 1889 auf Gut Brandis; † 18. März 1965 in Berchtesgaden), die Tochter des Gutsbesitzers Friedrich Freiherr von Pentz, Fideikommissherr auf Gut Brandis, und der Marie Steinmetz. Den Ersten Weltkrieg beendet Stülpnagel als 1. Generalstabsoffizier der 18. Division im Westen.[2]

Weimarer Republik und Zweiter Weltkrieg

Carl-Heinrich von Stülpnagel, 1941, Polen

Im Herbst 1931 war er Lehrgruppenkommandeur an der Infanterie-Schule Dresden. Zusammen mit dem späteren Chef des Truppenamtes im Reichswehrministerium, Generaloberst und Widerstandskämpfer Ludwig Beck erarbeitete er die Dienstvorschrift Truppenführung (HDv 300/1). Ab 1. Dezember 1932 Abteilungschef Fremde Heere (T3) im Truppenamt in Berlin, am 1. Oktober 1935 erfolgte die Ernennung zum Generalmajor mit Übernahme des Kommandos der neuaufgestellten 30. Infanterie-Division in Lübeck zum 6. Oktober 1936. Seit dem Röhm-Putsch 1934 nahm er eine zunehmend kritischere Haltung gegen dem NS-Regime ein. Stülpnagel war ab Februar 1938 Oberquartiermeister II und von November 1938 bis Mai 1940 Oberquartiermeister I im Generalstab des Heeres und somit Stellvertreter Franz Halders. Am 20. April 1939 erfolgte seine Beförderung zum General der Infanterie. Stülpnagel war bereits in die Septemberverschwörung von 1938 zur Entmachtung Hitlers eingeweiht gewesen und gehörte auch im Winter 1939/40 zu den entschiedenen Gegnern Hitlers im Heeresgeneralstab. Während der zweiten Phase des Westfeldzugs führte er zeitweilig das II. Armeekorps. Anschließend wurde er Vorsitzender der deutsch-französischen Waffenstillstandskommission bis zum Dezember 1940. Danach führte er die 17. Armee der Heeresgruppe Süd im Krieg gegen die Sowjetunion. Im Oktober 1941 wurde er wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Oberkommando der Wehrmacht auf eigenen Wunsch vom Oberbefehl entbunden.

Nach der Besetzung Lembergs ermordeten am 1. Juli 1941 ukrainische Zivilisten, Hilfswillige, Angehörige der Einsatzgruppen sowie Wehrmachtssoldaten etwa 4000 jüdische Einwohner der Stadt. Nach sowjetischen Berichten soll das Armeeoberkommando 17 unter der Führung Stülpnagels das Pogrom begünstigt haben und am nächsten Tag im Reichssicherheitshauptamt in Berlin angeregt haben, die vor Ort agierenden judenfeindlichen Kräfte überall für „Selbstreinigungsaktionen“ zu nutzen. Der Vorschlag fand positive Resonanz und wurde als Befehl an alle Einsatzgruppen weitergegeben. Eine persönliche Belastung Stülpnagels ist indes nicht einwandfrei nachweisbar. Die einzige Berichterstattung dieser Gegebenheiten fußt auf der „Ereignismeldung UdSSR – Nr. 10 vom 2. Juli 1941“, welche in der Sowjetunion als kommunistisches Propagandamittel genutzt wurde.[3] Stülpnagel wurde schließlich im Februar 1942 als Nachfolger seines entfernten Verwandten Otto von Stülpnagel zum Militärbefehlshaber in Frankreich mit Sitz in Paris ernannt, was er bis 1944 blieb. In dieser Zeit unterhielt er weiterhin Beziehungen zum Widerstand, unter anderem durch seinen Mitarbeiter Caesar von Hofacker.

20. Juli 1944

Stülpnagel war an der Verschwörung der Offiziere gegen Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt. Es gelang ihm, in Paris die wichtigsten Funktionäre und Führer der SS, des SD und der Gestapo festnehmen zu lassen. Insgesamt wurden 1200 Angehörige des NS-Regimes verhaftet. Vergeblich versuchte er, den Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall Günther von Kluge zur Teilnahme am Putsch zu bewegen. Als in der Nacht die Nachricht vom Scheitern des Attentats nach Paris ankam, wurde er durch von Kluge seines Postens enthoben. Als er am 21. Juli 1944 den Befehl erhielt, in das Oberkommando der Wehrmacht zu kommen, versuchte er sich zu erschießen und erblindete dabei. Im Lazarett wurde er verhaftet und nach Berlin gebracht, wo er am 30. August 1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am selben Tag hingerichtet wurde.

Auszeichnungen

Wappen Adelshaus von Stülpnagel

Siehe auch

Literatur

  • Genealogisches Handbuch des Adels. (GHdA) Adelige Häuser A Band XVIII, S. 429, Band 87 der Gesamtreihe. Starke, Limburg (Lahn) 1985, ISSN 0435-2408.
  • Heinrich Bücheler: Carl-Heinrich von Stülpnagel, Soldat – Philosoph – Verschwörer. Ullstein, Berlin 1989, ISBN 3-550-07300-3.
  • Friedrich-Christian Stahl: General Karl-Heinrich von Stülpnagel. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. Von den Anfängen des Regimes bis Kriegsbeginn. Band 1. Primus, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-083-2, S. 240–247.
  • Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. R. Oldenbourg, München 2006, ISBN 3-486-57982-7 (Kurzbiographie S. 666 f.).
  • Barbara Koehn: Carl-Heinrich von Stülpnagel. Offizier und Widerstandskämpfer. Eine Verteidigung. (Zeitgeschichtliche Forschungen 34.) Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12892-1.

Weblinks

 Commons: Carl-Heinrich von Stülpnagel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. zur Disposition, also zur freien Verfügung
  2. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 612.
  3. Ereignismeldung UdSSR Nr. 10 vom 2. Juli 1941, abgedruckt in: Verbrechen der Wehrmacht, Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944. Ausstellungskatalog. Hamburg 2002, S. 98.
  4. a b c d e f g Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Mittler & Sohn, Berlin, S. 118
  5. Veit Scherzer: Die Ritterkreuzträger 1939–1945. Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S. 178

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