Modest Graf von Korff

Modest Graf von Korff

Modest Alfred Leonhard Graf von Korff (* 21. Januar 1909 in Bad Godesberg) war ein Verwaltungsjurist, SS-Hauptsturmführer und Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes im deutsch besetzten Frankreich, der wegen der Deportation von 220 Juden in das Konzentrationslager Auschwitz angeklagt war und aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und beruflicher Werdegang

Modest Graf von Korff wurde 1909 als Sohn eines Oberkirchenrats geboren. Nach dem Abitur absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften. Im Jahre 1933 trat er der NSDAP und der SS bei. Von 1937 war er zwei Jahre lang Verwaltungsjurist in verschiedenen Landratsämtern und Regierungspräsidien tätig.

Tätigkeiten im besetzten Frankreich

Im Mai 1940 erfolgte die Einberufung als Unteroffizier zur Wehrmacht in das deutsch besetzte Frankreich, wo er zunächst als Kriegsverwaltungsrat der Feldkommandantur in Rennes tätig war. Im Juni 1942 wurde er als SS-Hauptsturmführer zum Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (KdS) von Châlons-sur-Marne (heute: Châlons-en-Champagne) befördert. Dieses Amt bekleidete er bis Mai 1943.

Nach dem Krieg

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Modest Graf von Korff in der Uniform eines Leutnants der Wehrmacht von amerikanischen Truppen in Kärnten festgenommen und nach zweijähriger Internierungszeit den französischen Militärbehörden ausgeliefert. Im Jahr 1947 wurde ihm in Metz der Prozess gemacht, bei dem ihm allerdings lediglich Übergriffe gegen die französische Résistance zur Last gelegt wurden. Das Verfahren endete mit einem Freispruch.

Zurück nach Deutschland gekehrt, wurde von Korff zunächst Mitarbeiter des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrates, später wechselte er als Ministerialrat in das Bundeswirtschaftsministerium, bis er 1974 pensioniert wurde.[1]

Freispruch aus Mangel an Beweisen

Im Jahr 1988 wurde von Korff in Bonn als NS-Tötungsverbrecher (Tatkomplex Schreibtischverbrechen) angeklagt. Verfahrensgegenstand war seine Mitwirkung an der Deportation von Juden aus dem Bereich der Sipo-Aussenstelle Chalons-sur-Marne durch Anordnung ihrer Verhaftung und Überstellung in das Haftlager Drancy, von wo sie ins Konzentrationslager Auschwitz verbracht wurden.

Von Korff hatte – vorgeblich im Glauben, dass es sich bei den Deportationszügen um einen Einsatz zu Straßenbauarbeiten handelte – auch Greise, Schwerkranke, Kinder und Säuglinge verschickt. Dies wertete der Staatsanwalt als Beweis, dass er das wahre Ziel, die Vernichtung in Auschwitz, gekannt haben musste. Aber auch in diesem Gerichtsprozess (Aktenzeichen LG Bonn 881117) [2] wurde von Korff freigesprochen. Nach Ansicht des Gerichts gelang es nicht, die für eine Mittäter- oder Beihilfenschaft des Holocausts notwendigen gerichtsverwertbaren Beweise zu erbringen. Die Urteilsverkündung führte zu Unmutsbekundungen von aus Paris angereisten Juden sowie Angehörigen von Opfern, die durch Modest Graf von Korff von Frankreich nach Auschwitz deportiert und dort vergast worden waren. Nach Revision der Staatsanwaltschaft wurde der Freispruch am 30. November 1990 durch den Bundesgerichtshof bestätigt (Aktenzeichen 2StR44/90).

Einzelnachweise

  1. Prozesse: 100 frs pro Jude. Spiegel Online, 28. März 1983
  2. Kurze Online-Urteilsedition der Universität Amsterdam über den Gerichtsprozess gegen Modest von Korff

Literatur


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Modest Modestowitsch von Korff — Graf Modest Modestowitsch von Korff (russisch граф Модест Модестович Корф, * 30. Juni 1842; † 9. November 1933 in Basel) war Hofmarschall und Zeremonienmeister am russischen …   Deutsch Wikipedia

  • Modest Andrejewitsch von Korff — Modest Andrejewitsch Baron von Korff Modest Andrejewitsch Baron von Korff (seit 1872 Graf) (* 23. September 1800 in St. Petersburg; † 14. Januar 1876) war ein russischer Staatsmann. Er war vor allem als juristischer Experte von Bedeutung, hat… …   Deutsch Wikipedia

  • Korff (Adelsgeschlecht) — Stammwappen derer von Korff Gräfliches Wappen (1872) für Modest von Korff (Ku …   Deutsch Wikipedia

  • Korff gen. Schmising — (Schmiesing, Schmysing), eine altadelige, ursprünglich westfälische[721] Familie, welche in Westfalen zum ältesten landsässigen Adel im Münsterlande gehörte, wo ihr Stammschloß Harkotten lag; von da verbreitete sie sich mit dem Deutschen Orden… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Helmut Knochen — Standartenführer der Waffen SS Helmut Knochen, 1942 Helmut Knochen (* 14. März 1910 in Magdeburg; † 4. April 2003 in Offenbach am Main) war ein deutscher Anglist und SS Führer, der bis zum SS Standartenführer …   Deutsch Wikipedia

  • Werner Best (NSDAP) — Werner Best (1942), Aufnahme aus dem Bundesarchiv …   Deutsch Wikipedia

  • Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD — Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes oder Befehlshaber der SiPo und des SD, kurz BdS, waren vom Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in von den Nationalsozialisten besetzen Gebieten eingesetzte Leiter einer Art RSHA… …   Deutsch Wikipedia

  • Gemeinschaftsbewegung — Die Gemeinschaftsbewegung ist eine pietistische Aufbruchsbewegung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Reihe evangelischer Landeskirchen in Deutschland und in der Schweiz erfasste. An vielen Orten führte dieser Aufbruch zur… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Söhne und Töchter Sankt Petersburgs — Dies ist eine Liste bekannter Persönlichkeiten, die in Sankt Petersburg (1914–24 Petrograd, 1924–91 Leningrad; einschließlich der vormals eigenständigen Orte Kolpino, Komarowo, Krasnoje Selo, Kronstadt, Lomonossow, Pawlowsk, Peterhof, Puschkin,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”