Chentkaus I.

Chentkaus I.
Chentkaus I. in Hieroglyphen
Khentkaus I 2.jpg
Darstellung der Chentkaus I. auf ihrem Grabmal mit Nemeshaube und Zeremonialbart
Name
W17
X1
D28
D28 D28
S29 B7

Chentkaus
Ḫnt kȝw=s
Titel
M23
X1
L2
X1
M23
X1
L2
X1
G14
[1]
Mut-nesutju-bitju
Mw.t-nswt.wj-bjt.wj
König von Ober- und Unterägypten
und Mutter des Königs
von Ober- und Unterägypten
/
Mutter zweier Könige
von Ober- und Unterägypten

Chentkaus I. war eine altägyptische Königin gegen Ende der 4. Dynastie (Altes Reich), die um 2500 v. Chr. Gemahlin des Pharao Schepseskaf war.

Der ungewöhnlich lange Totenkult um diese Königin sowie ihre Titulaturen haben in der Ägyptologie den Verdacht erregt, dass sie möglicherweise selbst für kurze Zeit eigenständige Herrscherin über Ägypten gewesen war. Fest steht, dass sie einen bedeutenden Einfluss auf das historische Geschehen während des Wechsels von der 4. zur 5. Dynastie gehabt haben muss.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Familie

Chentkaus I. war eine Tochter des Pharaos Mykerinos und mit dessen Nachfolger Schepseskaf verheiratet. Die Titulatur auf ihrem Grabmal deutet möglicherweise darauf hin, dass die Regierungsgewalt nach dem Tode ihres Gatten auf sie selbst überging.

Ihre Nachkommen sind nicht eindeutig geklärt. Nach der Überlieferung des Papyrus Westcar, das die legendäre Abstammung der Pharaonen Userkaf, Sahure und Neferirkare beschreibt, könnten dies Söhne der Chentkaus gewesen sein.[2] Nach einer anderen Theorie heiratete sie Userkaf nach Schepseskafs Tod, ermöglichte ihm die Thronbesteigung und gebar die späteren Könige Sahure und Neferirkare.

Titel

Am Grabmal der Chentkaus I. fand sich der Titel Mut-nesutju-bitju (mw.t nsw-bi.tj nsw-bi.tj), der sich grammatikalisch korrekt in zwei unterschiedlichen Formen übersetzen lässt. Zum einen kann es nach der Übersetzung von Wladimir Wikentiew „Mutter zweier Könige von Ober- und Unterägypten“ bedeuten.[3] Andererseits kann der Titel, wie von Hermann Junker vorgeschlagen, auch mit „König von Ober- und Unterägypten und Mutter des Königs von Ober- und Unterägypten“ übersetzt werden, was darauf hindeuten kann, dass sie selbst als König geherrscht hatte.[3] Damit wäre sie die erste oder zweite ägyptische Herrscherin gewesen.[4]

Historische Einordnung

Eine wichtige Rolle in der Erforschung des Übergangs von 4. Dynastie zu 5. Dynastie spielt ein nicht zeitgenössisch belegter Herrscher namens „Thamphthis“. Es wurde mehrfach vermutet, dass sich hinter der Figur des „Thamphthis“ Königin Chentkaus I. selbst verbergen könnte, dass beide also miteinander identisch sind. Hintergrund dieser Annahme sind Darstellungen in ihrem Totentempel, die Chentkaus als regierenden Pharao mit Nemes-Kopftuch und Zeremonialbart zeigen. Eine Thronübernahme für einen noch minderjährigen Userkaf als Begründer einer neuen Dynastie würde auch den ungewöhnlich lange gehegten Totenkult um diese Königin erklären.

Allerdings wurde auf der Grabinschrift ihr Name nicht in einer Kartusche dargestellt. Zudem gab es bis zur Entdeckung ihrer Tempelinschrift Verwirrung, weil in den späteren Überlieferung von einer „Mutter zweier Könige“ die Rede war, es aber augenscheinlich zwei Königinnen mit dem Namen „Chentkaus“ geben musste: Eine, die Userkaf und Sahure gebar und noch eine weitere, Chentkaus II., welche die Mutter der Pharaonen Raneferef und Niuserre war. Offenbar verschmolzen beide Persönlichkeiten in der späteren Rezeption aufgrund der sich ähnelnden Familienumstände zu einer einzigen legendären Gestalt.[5]

Grabmal

Hauptartikel: Grab der Chentkaus I.

Chentkaus I. ließ sich in Gizeh ein eigentümliches Grabmal errichten, das Eigenarten von Pyramiden, Mastabas und Felsengräbern vereint. Es wurde in zwei Bauphasen errichtet und hatte in seiner finalen Form die Anmutung einer zweistufigen Stufenpyramide mit einer Grundfläche von 45,8 m × 43,7 m und einer Höhe von 18,5 m. Aufgrund seiner Form wurde es oftmals auch als vierte Pyramide von Gizeh bezeichnet. Der Basissockel besteht aus einem in den Steinbrüchen stehengelassenen Felsquader, der mit einem aus dem Fels gemeißelten Unterbau mit dem Raumprogramm einer Pyramide versehen wurde. Nachträglich wurde dann eine mastabaartige Stufe aufgemauert. Das Grabmal war schließlich mit Tura-Kalkstein verkleidet. Um das Grabmal fanden sich Elemente wie ein Schiffsgrab und eine Pyramidensiedlung, die ansonsten nur bei Königspyramiden auftraten, was die Vermutung bekräftigt, dass sie als Herrscherin über Ägypten gewirkt hat.[6]

Rezeption

Die familiäre Rolle der Chentkaus I. als Mutter der ersten Könige einer neuen Dynastie könnte inspirativen Einfluss auf die Legenden des Papyrus Westcar gehabt haben. In der vierten und fünften Geschichte wird mit Rudj-Djedet die Frau eines Ra-Priesters erwähnt, welche die Mutter der ersten drei Könige der 5. Dynastie gewesen sein soll.[2]

Literatur

  • Selim Hassan: Excavations at Giza IV (1932-193). Kairo 1943
  • Ludwig Borchardt: xnt-kw.S Die Stammutter der 5. Dynastie. 1938
  • Paule Posener-Kriéger: The Abusir Papyri. Trustees of British Museum, London 1968
  • Hartwig Altenmüller: Die Stellung der Königsmutter Chentkaus beim Übergang von der 4. zur 5. Dynastie. Chronique d´Egypte. 45. 1970
  • Jean-Philippe Lauer: Le Temps des Pyramides, L'Univers des Formes - Éd. Gallimard, 1978
  • Christiane Desroches Noblecourt: La femme au temps des Pharaons. Stock, Rottach-Egern 1986
  • Nicolas Grimal: Histoire de l'Egypte Ancienne
  • Hermann Alexander Schlögl: Das alte Ägypten: Geschichte und Kultur von der Frühzeit bis zu Kleopatra, S.99, C. H. Beck, 2006, ISBN 3406549888 (Online-Version)

Weblinks

 Commons: Chentkaus I. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dilwyn Jones: An Index of Ancient Egyptian Titles, Epithets and Phrases of the Old Kingdom, Band 1, 427, Nr. 1578, Oxford, 2000, ISBN 1-84171-069-5
  2. a b Adolf Erman: Die Märchen des Papyrus Westcar I. Einleitung und Commentar. In: Mitteilungen aus den Orientalischen Sammlungen. Heft V, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1890
  3. a b Miroslav Verner: Die Pyramiden, S.291 ff Das Stufengrab der Chentkaus I.
  4. Meritneith (1. Dynastie) könnte möglicherweise auch eine regierende Königin gewesen sein.
  5. Hermann Alexander Schlögl: Das Alte Ägypten. S. 99 - 101.
  6. Mark Lehner: Geheimnis der Pyramiden. 1997, S. 138f., ISBN 3-5720-1261-9


Vorgänger Amt Nachfolger
Schepseskaf ? Pharao von Ägypten
4. Dynastie (Ende)
Userkaf ?

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