Orgel von St. Cyprian und Cornelius (Ganderkesee)

Orgel von St. Cyprian und Cornelius (Ganderkesee)
Orgel von St. Cyprian und Cornelius (Ganderkesee)
St. Cyprian und Cornelius msu 6.jpg
Allgemeines
Ort St. Cyprian und Cornelius (Ganderkesee)
Orgelerbauer Arp Schnitger
Baujahr 1699
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 2005 Heiko Lorenz
Epoche Barock
Orgellandschaft Oldenburg
Technische Daten
Anzahl der Register 22
Anzahl der Pfeifenreihen 28
Anzahl der Manuale 2
Tontraktur Mechanisch
Registertraktur Mechanisch
Spieltisch

Die Orgel von St. Cyprian und Cornelius in Ganderkesee wurde 1699 von Arp Schnitger erbaut. Die Orgel verfügt heute über 22 Register, zwei Manuale und Pedal.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Neubau durch Schnitger 1699

Standort auf der Doppelempore

Schnitger baute die Orgel entsprechend dem Kontrakt von 19. April 1699 mit 16 Registern im Hauptwerk, Brustwerk und angehängtem Pedal. Von dem vereinbarten Preis von 480 Reichstalern wurden bei der Kontraktunterzeichnung zunächst nur 50 und bei der Anlieferung weitere 50 Rtlr. gezahlt. Erst bei erfolgreicher Abnahme sollten die Zahlung der Restsumme von 380 Rtlr. erfolgen. Üblich war ansonsten eine Aufteilung in drei Drittel gewesen.[1] Die Orgel wurde auf die neue Westempore aufgestellt und nach sechs Monaten am 17. Oktober 1699 durch den oldenburger Organisten J.H. Wichard abgenommen.[2] An dem Neubau war Otto Diedrich Richborn beteiligt, der zwischen 1697 und 1700 Geselle Schnitgers war.

Das Hauptwerk weist den für Schnitger typischen fünfteiligen Aufbau mit polygonalem Mittelturm, zwei seitlichen Spitztürmen und dazwischen doppelgeschossigen Flachfeldern auf. Das bekrönende Schnitzwerk und das Schleierwerk in den Pfeifenfeldern und Brustwerktüren besteht aus Akanthusmotiven mit Voluten.[3] Im Brustwerk findet sich keine Zungenstimme.

Erweiterung durch Klapmeyer 1760

Im Jahr 1760 ergänzte Johann Hinrich Klapmeyer ein selbstständiges Pedal mit sechs Stimmen in zwei seitlichen Pedaltürmen. Die neuen Türme und Schnitgers Hauptwerk werden durch Flachfelder mit stummen Pfeifen miteinander verbunden, darunter befindet sich auf beiden Seiten ein kleines Pfeifenfeld mit jeweils vier Blendpfeifen. Die Form der Prospektpfeifen ist denen von Schnitger angepasst, das Akanthusblattwerk ist gegenüber Schnitger etwas dünner gestaltet.[3] Im Jahr 1766 hat die Orgel eine rote Fassung und sind die Kanten der beiden Gesimskränze vergoldet.[4]

Veränderungen im 19. und 20. Jahrhundert

Johann Claussen Schmid reparierte die Orgel, ersetzte die Bälge und Windkanäle und tauschte im Jahr 1819/20 unter anderem die Pedal-Mixtur gegen einen Subbass 16′ aus, denn bei allen Vorzügen bestünde ein Mangel: „beim Praeludieren fehlt leider das unentbehrliche Register Subbaß 16′ im Pedal“.[5] Durch seinen Sohn Johann Martin Schmid erfolgte im Jahr 1889/90 ein Umbau, die das Klangkonzept des Instruments eingreifend veränderte und hohe Register durch grundtönig klingende ersetzte. 1929 baute der Lübecker Karl Kemper ein elektrisches Gebläse ein.

Verschiedene Arbeiten an der Orgel führten im 20. Jahrhundert zu weiteren Eingriffen in das Werk. Alfred Führer nahm 1934/35 und 1948 Umdisponierungen vor und näherte sich dabei wieder der ursprünglichen Disposition an, ersetzte in diesem Zuge aber auch die Trompete 8′ im Hauptwerk. Bei allen Mängeln, die aus heutiger Sicht erkennbar sind, gilt die Vorgehensweise Führers mit seinem Respekt gegenüber der historischen Substanz als Pionierleistung der frühen Orgelbewegung.[6] Während des Zweiten Weltkriegs lagerte man die Orgel aus. Emil Hammer Orgelbau nahm den Wiedereinbau im Jahr 1946 vor. 1958 baute Gustav Brönstrup zwei der Führer-Register um. Im Jahr 1966 erfolgte eine nochmalige Restaurierung durch Führer, der sich weitgehend an die Disposition von 1699/1760 anlehnte, aber die Pedalmixtur durch einen Subbass 16′ ersetzte und die Mixtur vierfach statt vier- bis sechsfach konzipierte.[7]

Restaurierung durch Führer/Lorenz 2003–2005

Da die bisherigen Restaurierungsbemühungen unbefriedigend blieben, begann im Jahr 2003 eine dritte Restaurierung durch Führer, die durch die Auflösung der Firma unterbrochen wurde. Heiko Lorenz, der die Werkstatt neu gegründet hatte, vollendete die Arbeiten 2004/05. Alle nach 1760 angefertigten Register wurden stilgetreu rekonstruiert. Der im 20. Jahrhundert ersetzte Subbass 16′ wurde in alter Bauweise neu erstellt und in der Disposition beibehalten. Lorenz rekonstruierte drei Keilbälge und die Tastaturbeläge der Manual-Klaviaturen.[8] Das Projekt kostete 320.000 Euro und wurde von Harald Vogel betreut.[9]

Disposition seit 2005

I Hauptwerk CDEFGA–c3
Principal 8′ S
Quintadena 16′ S
Rohrflöte 8′ S
Octave 4′ S
Super Octave 2′ S
Wald Flöte 2′ L
Quinte 11/3 L
Sesquialtera II S/L
Mixtur IV L
Trompete 8′ L
II Brustwerk CDEFGA–c3
Gedackt 8′ S
Blockflöte 4′ S
Octave 2′ L
Spitzflöte 2′ S
Sifflöte 11/3 L
Scharff III L
Pedal CDE–d1
Subbass 16′ L
Principal 8′ K
Octave 4′ K
Posaune 16′ K/Sch
Trompete 8′ L
Trompete 4′ L
S = Schnitger (1699)
K = Klapmeyer (1760)
Sch = Schmid (1820)
L = Lorenz (2005)
  • Koppeln: Manual-Schiebekoppel (S)
  • Tremulant (Bocktremulant auf das ganze Werk) (S)

Technische Daten

Literatur

  • Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0, S. 80f, 157 (Bildband der Arp-Schnitger-Gesellschaft und der Stichting Groningen Orgelland).
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S. 135f.
  • Walter Kaufmann: Die Orgeln des alten Herzogtums Oldenburg. Stalling, Oldenburg 1962, S. 67f.
  • Fritz Schild: Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Noetzel, Wilhelmshaven 2008, ISBN 3-7959-0894-9, S. 105f.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5, S. 186-189, 336.

Aufnahmen/Tonträger

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5, S. 186.
  2. Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S. 135.
  3. a b Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0, S. 80.
  4. Walter Kaufmann: Die Orgeln des alten Herzogtums Oldenburg. Stalling, Oldenburg 1962, S. 68.
  5. Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S. 136.
  6. Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5, S. 189.
  7. Fritz Schild: Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Noetzel, Wilhelmshaven 2008, ISBN 3-7959-0894-9, S. 106.
  8. Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0, S. 157.
  9. www.arpschnitger.nl: Ganderkesee, St. Cyprian und Cornelius, gesehen 8. August 2011.
53.033018.546295

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