Orgel von St. Cosmae et Damiani (Stade)

Orgel von St. Cosmae et Damiani (Stade)
Orgel von St. Cosmae et Damiani (Stade)
Stade Cosmae Orgel.JPG
Allgemeines
Ort St. Cosmae et Damiani (Stade)
Orgelerbauer Berendt Hus
Baujahr 1675–1688
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1993/94 durch Ahrend
Epoche Barock
Orgellandschaft zwischen Elbe und Weser
Technische Daten
Anzahl der Register 42
Anzahl der Pfeifenreihen 61
Anzahl der Manuale 3
Windlade Schleiflade, Springlade
Tontraktur Mechanisch
Registertraktur Mechanisch

Die Orgel von St. Cosmae et Damiani in Stade wurde 1675/1688 von Berendt Hus und seinem Gesellen und Neffen Arp Schnitger gebaut und gilt als eine der bedeutendsten Barockorgeln Norddeutschlands. Sie verfügt über 42 Register auf drei Manualen und Pedal.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Vorgängerorgel im 15.–17. Jh.

Nachweislich ist für das Jahr 1493 eine Orgel bezeugt. Nachdem Hans Scherer der Ältere zwar mit einem Neubau beauftragt wurde, diesen aber nicht durchführte, baute sein Geselle Antonius Wilde 1606–1607 eine neue Orgel und erweiterte dieses Instrument 1608 auf 28 Register. 1628 arbeitete Hans Scherer der Jüngere an dem Instrument und 1635 ein unbekannter Orgelbauer. Hans Riege aus Otterndorf führte 1656 einen Umbau durch. Diese Orgel fiel jedoch dem großen Stadtbrand von 1659 zum Opfer.

Neubau 1675–1688 durch Hus und Schnitger

Nach dem Wiederaufbau der zerstörten Kirche wurde die Orgel von Hus unter Mitarbeit von Schnitger in Etappen gebaut: 1668 das Oberwerk (Hauptwerk), 1670 das Rückpositiv, 1671 das Pedal und 1672 das Brustpositiv. 1675 war der Neubau vollendet. Ein Jahr später starb Hus. Vincent Lübeck, der 1674–1702 Organist an St. Cosmae war, erwirkte den Austausch einiger Register im Brustwerk durch Schnitger (1688).

Von besonderer Klangqualität sind die Holzflöten im Brustwerk und die neun original erhaltenen Zungenregister. Die 16′-Basis der Orgel verleiht dem Klang Gravität und stellt einen wirkungsvollen Kontrast zu den brillanten Mixturen im Plenum dar.

Reparaturen und Veränderungen zwischen 1727 und 1917

Otto Diedrich Richborn (Hamburg) führte 1727 eine Reparatur durch. 1781/82 wurde die Empore umgebaut und nach vorne erweitert. In diesem Zuge geschah durch Johann Georg Wilhelm Wilhelmy (Stade) ein erster, wenn auch nicht großer Eingriff in die Disposition. Eine eingreifende Veränderung erfolgte 1870 durch Johann Hinrich Röver, der die Disposition und Tonhöhe veränderte und das Rückpositiv auf einer Kegellade hinter die Orgel setzte. 1917 mussten die Prospektpfeifen aus Zinn für Kriegszwecke abgeliefert werden; sie wurden 1919 durch Zinkpfeifen ersetzt. Dank des Umbaus durch Röver blieb der Prinzipal 8′ des Rückpositivs verschont.

Renovierungen im 20. Jh.

Paul Ott stellte 1848 die Disposition Schnitgers wieder her und platzierte das Rückpositiv wieder vor das Hauptwerk, allerdings in einem neuen Gehäuse mitten auf der Empore. Durch die Erniedrigung des Winddrucks griff Ott zudem in die Klangsubstanz und Intonation ein. 1956 wurden die fehlenden Basstöne mithilfe von Zusatzladen erweitert, was zu weiteren Verfälschungen und Folgeschäden führte.

Eine umfassende Restaurierung erfolgte 1972–1975 durch Jürgen Ahrend (Leer-Loga), der den ursprünglichen Zustand wieder nach strengen denkmalpflegerischen Maßstäben herstellte und die später erneuerten Register meisterhaft rekonstruierte. Schließlich wurde auch eine modifiziert mitteltönige Temperatur wieder angelegt. Nach einer Kirchenrenovierung konnte Ahrend 1993–1994 die Orgel nachbearbeiten, wodurch verschiedene weitere Verbesserungen erzielt wurden. D. Wellmer (Himbergen) stellte 2007 die alte Farbfassung aus dem Jahr 1727 wieder her.

Disposition seit 1975 (= 1688)

I Rückpositiv CDEFGA–c3
Principal 8′ H/A[Anm. 1]
Rohrflöt 8′ H/A
Quintadena 8′ H
Octav 4′ H
Sesquialter II A
Waltflöt 2′ H
Sieflöt 11/3 A
Scharff V A
Dulcian 16′ H
Trechter Regal 8′ H
II Oberwerk CDEFGA–c3
Principal 16′ A[Anm. 2]
Quintadena 16′ H
Octav 8′ H
Gedackt 8′ H
Octav 4′ H
Rohrflöt 4′ H
Nassat 3′ H
Octav 2′ H
Mixtur VI H/A[Anm. 3]
Cimbel III A
Trommet 16′ S
Trommet 8′ H
III Brustwerk CDEFGA–c3
Gedackt 8′ H[Anm. 4]
Querflöt 8’ H[Anm. 5]
Flöt 4′ H[Anm. 6]
Octav 2′ H
Tertia 13/5 H
Nassat-Quint 11/2 H/A[Anm. 7]
Sedetz 1′ H/A[Anm. 8]
Scharff III H/A[Anm. 9]
Krumphorn 8′ S
Schalmey 4′ S/A[Anm. 10]
Pedal CDE–d1
Prinzipal 16′ H/A[Anm. 11]
Sub-Bass 16′ H/A[Anm. 12]
Octav 8′ H
Octav 4′ H
Nachthorn 1′ H
Mixtur V-VI H
Posaun 16′ H
Dulcian 16′ A
Trommet 8′ H
Cornet 2′ A/H
H = Hus, unter Mitwirkung Schnitgers (1668-1675)
S = Schnitger (1688)
A = Ahrend (1975)
  • Koppeln: III/II (Schiebekoppel)
  • Tremulant für die ganze Orgel
  • Glockenspiel von III spielbar (spätes 18. Jh., 1983 restauriert)
Anmerkungen
  1. CDE kombiniert mit Rohrflöt, F–c3 im Prospekt.
  2. CDE kombiniert mit Quintadena, F–c3 im Prospekt.
  3. Wenige Pfeifen rekonstruiert.
  4. Eichenholz, gedeckt.
  5. Ab c1, Eichenholz, offen.
  6. Eichenholz, offen.
  7. Bass und oberste Oktave rekonstruiert.
  8. Bass (H), Diskant (A).
  9. 37 Pfeifen rekonstruiert.
  10. e2–c3 (A), Rest (H).
  11. C–H im Prospekt (A), Rest innen (H).
  12. C–Fis (A), Rest (H).

Technische Daten

  • 42 Register
  • Traktur:
  • Windversorgung:
    • 82 mmWS Winddruck
    • Sechs Keilbälge (vier restauriert), Balgtretanlage
  • Stimmung:
    • Höhe a1= 493 Hz
    • Modifiziert mitteltönige Stimmung (drei reine Terzen auf c, g und d)

Literatur

  • Martin Böcker, Peter Golon: Die Orgel-Stadt Stade. Weltberühmte Orgeln und 600 Jahre Orgelbau [Buch mit CD]. Orgelakademie, Stade 2004, ISBN 3-931879-30-5.
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild Verlag, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.

Aufnahmen/Tonträger

Weblinks


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