- Otto Marloh
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Otto Marloh (* 1. August 1893 in Hildesheim; † 20. März 1964 ebenda) war ein deutscher Offizier und Staatsbeamter.
Inhaltsverzeichnis
Private und berufliche Biographie
Marloh nahm von 1914 bis 1917 als Offizier am Ersten Weltkrieg teil, in dem er mehrfach verwundet wurde. Nach dem Krieg schloss er sich dem Freikorps Brigade Reinhard an. Während der revolutionären Unruhen im Berlin der ersten Nachkriegsmonate befahl Marloh am 10. März 1919 die Exekution von dreißig Angehörigen der Berliner Volksmarinedivision. Eins der Opfer überlebte. Der anschließende Prozess hatte eine starke Resonanz in der Öffentlichkeit. Das Urteil – ein Freispruch für Marloh in der Hauptsache, der sich erfolgreich auf einen Schießbefehl des Reichswehrministers Gustav Noske berief –, wurde von den demokratischen Medien scharf kritisiert.[1] In der Urteilsbegründung wurde festgestellt, „daß die Erschießungen objektiv unberechtigt waren, daß die Matrosen, die mit Waffen kamen, gültige Waffenscheine besaßen, daß keine Plünderer dabei waren, daß die Lage Marlohs nicht so bedrohlich war, daß er zum Waffengebrauch berechtigt war, daß er jedoch glaubte, einen Dienstbefehl vor sich zu haben.“[2]
1925 trat Marloh in den Stahlhelm ein, 1930 wurde er Mitglied der NSDAP. Er trat ferner der SA bei, in der er in Unterholstein Stabsführer war (1932-1934).[3]
Von 1934 bis 1939 war er Leiter des Zuchthauses in Celle, 1941 wechselte er zum Zuchthaus in Gollnow.
Von 1942 bis zum Zusammenbruch des Nationalsozialismus war er kommissarisch Landrat des Kreises Wittgenstein. In dieser Funktion bemühte er sich um die Deportation der als „Zigeuner“ kategorisierten Bewohner des Kreises. Anfang März 1943 leitete er die Selektionskonferenz in der Kreisstadt Berleburg, mit der der letzte Schritt zur lokalen Deportation in das Vernichtungslager Auschwitz vorbereitet wurde. Die Konferenz setzte sich dabei exzessiv über den zugrundeliegenden Auschwitz-Erlass hinweg. 134 Menschen, etwa die Hälfte Kinder, das jüngste drei Monate alt, wurden deportiert. Neun überlebten.[4]
In den letzten Kriegstagen erteilte Marloh den Befehl zur Tötung eines abgesprungenen US-Fliegers, bevor er sich in einen sicheren und gut ausgestatteten Schlupfwinkel begab, um sich dort mit anderen führenden regionalen Nationalsozialisten von der Front überrollen zu lassen.[5]
Nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde Marloh von der Britischen Militärregierung als nationalsozialistisch belastet interniert.[6] 1949 wurde er wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit im „Berleburger Zigeunerprozeß“ zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Zu einer Strafverbüßung kam es indessen wegen Krankheit nicht. Die Prozesskosten wurden ihm wegen Armut erlassen.[7]
Marloh starb 1964 in seiner Heimatstadt Hildesheim.
Einzelnachweise
- ↑ Heinrich Hannover: Politische Justiz 1916-1933. Frankfurt (Main) 1966, S. 43ff..
- ↑ Zit. nach: Emil Julius Gumbel, Vier Jahre politischer Mord, Berlin 1922, S. 22. Siehe auch: [1].
- ↑ Ulrich Friedrich Opfermann: Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus. Personen, Daten, Literatur. Ein Handbuch zur regionalen Zeitgeschichte, Siegen 2000, S. 239.
- ↑ Ulrich Friedrich Opfermann, Berleburg im Nationalsozialismus, in: Rikarde Riedesel/Johannes Burkardt/Ulf Lückel (Hrsg.), Bad Berleburg – Die Stadtgeschichte, Bad Berleburg 2009, S. 215-246, hier: S. 223-226.
- ↑ Ulrich Friedrich Opfermann, Berleburg im Nationalsozialismus, in: Rikarde Riedesel/Johannes Burkardt/Ulf Lückel (Hrsg.), Bad Berleburg – Die Stadtgeschichte, Bad Berleburg 2009, S. 215-246, hier: S. 238, 246.
- ↑ Heinz Strickhausen, Berleburg. Eine Kleinstadt in der Nachkriegszeit, Bad Berleburg 2002, S. 123.
- ↑ Ulrich Friedrich Opfermann, Berleburg im Nationalsozialismus, in: Rikarde Riedesel/Johannes Burkardt/Ulf Lückel (Hrsg.), Bad Berleburg – Die Stadtgeschichte, Bad Berleburg 2009, S. 215-246, hier: S. 238.
Literatur
- Heinrich Hannover: Politische Justiz 1916-1933, Frankfurt am Main 1966.
- Ulrich Friedrich Opfermann: Siegerland und Wittgenstein im Nationalsozialismus. Personen, Daten, Literatur. Ein Handbuch zur regionalen Zeitgeschichte (= Siegener Beiträge, Sonderband 2001), Siegen 2000.
- Rikarde Riedesel/Johannes Burkardt/Ulf Lückel (Hrsg.): Bad Berleburg – Die Stadtgeschichte, Bad Berleburg 2009.
- Arthur Ehrhardt (Hg.): Nation und Europa Band 14. Nation Europa Verlag, 1964
Weblinks
- Otto Marloh in den Akten der Reichskanzlei
- Bernhard Sauer: Zur politischen Haltung der Berliner Sicherheitspolizei in der Weimarer Republik. (pdf, 87 Kb) In: ZfG, 53. Jahrgang 2005, Heft 1
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