Otto Renkhoff

Otto Renkhoff

Otto Renkhoff (* 28. Dezember 1905 in Biskirchen; † 31. März 1995 in Wiesbaden) war ein deutscher Archivar, promovierter Landeshistoriker, früherer Direktor des Hessischen Hauptstaatsarchivs und langjähriger Herausgeber der Nassauischen Annalen sowie Schriftführer des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Otto Renkhoff wurde am 28. Dezember 1905 in Biskirchen an der Lahn geboren, wo er auch seine Kindheit und Jugend verbrachte. Nach seinem erfolgreichen Abitur am Humanistischen Gymnasium in Wetzlar begann er 1925 sein Studium der Geschichte, Germanistik und alten Sprachen an den Universitäten Marburg und München. 1930 promovierte er mit einer Dissertation zum Thema „Territorialgeschichte des Fürstentums Nassau-Dillenburg“ bei Edmund Ernst Stengel in Marburg. Die ungedruckt gebliebene Dissertation war eine der hessischen „Atlas-Arbeiten“, die sowohl eine wertvolle Aufarbeitung der regionalen Territorialgeschichte als auch die Vorbereitung für den später erschienenen Geschichtlichen Atlas von Hessen darstellten. Nach seiner Promotion trat er in den preußischen Staatsdienst ein und begann seine Ausbildung am Institut für Archivwissenschaft beim preußischen Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem, die er im März 1933 mit dem „Großen Archivexamen“ abschloss. Er wurde 1931 zum Staatsarchivar, 1934 zum Staatsarchivrat und 1959 zum Regierungs-Oberarchivrat ernannt. Seit 1933 wirkte er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1970 am Preußischen Staatsarchiv und späteren Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden, das er von 1961 bis 1970 als Archivdirektor leitete. Der Historischen Kommission für Nassau gehörte er seit 1934 an, der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck seit 1947 und der Hessischen Historischen Kommission seit 1952.

Renkhoff war von 1939 bis 1971 Herausgeber der Nassauischen Annalen sowie Mitherausgeber der Nassauischen Heimatblätter von 1939 bis 1960. Von 1956 bis 1962 war er Mitherausgeber der Blätter für deutsche Landesgeschichte. Er ist Verfasser der Nassauischen Biographie. Mit Karl Ernst Demandt hat er das Hessische Ortswappenbuch erstellt.

Leistungen

Otto Renkhoff erwarb sich vor allem als Herausgeber bedeutender wissenschaftlicher Zeitschriften große Verdienste um die Landesgeschichte. Seit 1938 war er als Schriftführer des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung gleichzeitig Herausgeber der Nassauischen Annalen, die unter seiner Redaktion eine der bedeutendsten landesgeschichtlichen Zeitschriften in Deutschland wurde. Enthielten die Jahresbände in den 1930er Jahren meist nur ein gutes halbes Dutzend Aufsätze, so nahm unter Renkhoff nahm nicht nur die Zahl der wissenschaftlichen Beiträge zu; er rief auch einen umfangreichen Besprechungsteil und die landesgeschichtliche Zeitschriftenschau ins Leben. Ferner redigierte er die Nassauischen Heimatblätter, bis diese 1961 aus finanziellen Gründen nicht mehr erschienen konnten.
Nachdem Renkhoff zu Beginn der 1950er Jahre auch Mitherausgeber des Jahrbuchs der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung gewesen war, übernahm er 1956 die Redaktion der Blätter für deutsche Landesgeschichte, die er zunächst gemeinsam mit Professor Georg Wilhelm Sante und von 1963 bis 1970 allein herausgab. Er engagierte sich für diese Aufgabe so sehr, dass der Umfang der Bände rasch um nahezu das Doppelte anstieg. Dies wirkte sich positiv auf die Zahl der Buchbesprechungen aus, kam aber auch der landesgeschichtlichen Zeitschriftenschau, die ebenfalls an Umfang und Stetigkeit gewann, zugute.
Die gleichzeitige Herausgabe zweier großer wissenschaftlicher Zeitschriften stellte allein bereits eine Lebensaufgabe dar, obwohl Otto Renkhoff ein passionierter Zeitschriftenherausgeber, der sorgfältig alle Details durchdachte, war. Dass er trotz ständigen Termindrucks parallel anfangs als Stellvertreter Santes den Dienstbetrieb des Hessischen Hauptstaatsarchivs grundsätzlich mitgestaltete und seit dem Jahr 1961 als Archivdirektor dessen Leitung übernahm – dies alles war nur durch Nacht- und Wochenend-Arbeit zu bewältigen. Außerdem war er von 1947 bis 1975 als stellvertretender Vorsitzender der Historischen Kommission für Nassau tätig; ebenfalls seit 1947 war er Mitglied der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck, wenig später auch der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und von 1949 an fungierte er als Vorstandsmitglied der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung. Seine Liebe aber gehörte überwiegend dem Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. Renkhoff betreute mit einer extremen Sorgfalt und Präzision die historischen Vortragsreihen und zahlreichen Exkursionen, die weit über das nassauische Territorium hinaus zu Kirchen, Burgen und Schlössern im südwestdeutschen Raum führten.
So kam es, dass Otto Renkhoff seine bedeutendsten wissenschaftlichen Leistungen erst im Ruhestand vollbringen konnte. Nachdem er schon 1956 zusammen mit Demandt das Hessische Ortswappenbuch herausgegeben hatte – auch die Heraldik war Bestandteil seiner besonderen Interessengebiete – publizierte er im Jahre 1980 den Band Wiesbaden im Mittelalter. Dieses Werk schloss eine wichtige Lücke in der Wiesbadener Stadtgeschichtsschreibung. Daneben aber hatte er schon lange Materialien für ein weiteres wissenschaftliches Standardwerk – die Nassauische Biographie –, die 1985 mit rund 2500 Lebensläufen bekannter und berühmter Nassauer erschien, zusammengetragen. Aufgrund der großen Resonanz, die dieses Werk erhielt und die sich in zahllosen Zuschriften widerspiegelte, entschloss er sich im Alter von 85 Jahren, noch eine zweite Auflage zu wagen. Diese hat den doppelten Umfang sowie rund 5000 Kurzbiografien und ist 1992 veröffentlicht worden.
Otto Renkhoff kennzeichnete ein hohes Pflichtbewusstsein, eine eiserne Arbeitsdisziplin und die Liebe zur Landesgeschichte. Seine großen wissenschaftlichen Verdienste wurden 1974 durch das Bundesverdienstkreuz I. Klasse, 1980 durch die Ehrenmitgliedschaft des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung und 1981 durch die Verleihung der Silbernen Bürgermedaille der Stadt Wiesbaden gewürdigt.

Werke (Auswahl)

Literatur

  • Nassauische Annalen Nr. 106. 1995. S. 265–272 (kurzer biographischer Abriss nebst vollständigem Schriftenverzeichnis, 121 literarische Werke – Mehrfachnennungen vorhanden/möglich)
  • Nassauische Annalen Nr. 107. 1996. S. 481–482 (ausführlicher Nachruf/Nekrolog)

Weblink


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Otto von Grünrade — Wappen der Familie Grünrodt aus Siebmachers Wappenbuch von 1605 Otto von Grünrade (Grünrodt) (* 10. September 1545 in Delitzsch; † 12. bzw. 24. April 1613 in Heidelberg) war ein evangelisch reformierter Kirchenpolitiker. Der Sohn von Wolff Grünro …   Deutsch Wikipedia

  • Grünrade — Otto von Grünrade (Grünrodt) (* 10. September 1545 in Delitzsch; † 12. bzw. 24. April 1613 in Heidelberg) war ein evangelisch reformierter Kirchenpolitiker. Der Sohn von Wolff Grünrodt und seiner Gattin Agnes, geb. von Rauchhaupt, studierte… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiesbaden-Medenbach — Medenbach Ortsbezirk von Wiesbaden Wappen Karte …   Deutsch Wikipedia

  • Gottsleben — ist ein deutscher Familienname. Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Etymologie 3 Schreibweise 4 Lebensbilder von Trägern des Namens Gottsleben …   Deutsch Wikipedia

  • Perfgau — Der Perfgau (pagus Pernaffa) war eine mittelalterliche Gaugrafschaft im Grenzgebiet von Hessen und Nordrhein Westfalen auf hessischer Seite. Er hatte seinen Namen nach der Perf (Pernaffa), einem Nebenfluss der Lahn im Landkreis Marburg Biedenkopf …   Deutsch Wikipedia

  • Costloff — ist eine Wüstung in der Nähe von Medenbach, einem an den Ausläufern des Taunus gelegenen, östlichen Vorort von Wiesbaden. An dieses ehemalige Dorf erinnert noch der Flurname „Kosloff“, ca. 500 Meter südlich von Medenbach am Weg zum Nachbarort… …   Deutsch Wikipedia

  • Rudolph Friedrich Christian Hergt — (* 5. Mai 1790 in Hadamar; † 11. Juni 1862 in Koblenz) stammte aus einer Buchhändler, Drucker und Verlegerfamilie. Er war von 1824 bis zu seinem Tod 1862 Inhaber der Buchhandlung und Buchdruckerei von R. F. Hergt in Koblenz. Sein Vater war der… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert von Patow — Robert von Patow. (Adolph Menzel: Studie zum Krönungsbild Wilhelm I. (Porträt Bleistift, Wasser und Deckfarben, auf graubraunem Papier 29,4 × 22,3 cm, 1865) …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Carl Friedrich von Hohenfeld — Wappen vom Epitaph Epitaph von Domdekan Hohenfeld …   Deutsch Wikipedia

  • Alsted — Johann Heinrich Alsted (engl. John Henry Alsted, selten auch: Herborn Heinrich Alsted, auch Johann Heinrich Alstedt; * Mitte März 1588 in Ballersbach bei Herborn; † 9. November 1638 in Weißenburg, heute Alba Iulia, Rumänien) war reformierter… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”