- Parlamentswahl in Ungarn 2010
-
Die Parlamentswahl in Ungarn 2010 fand am 11. und 25. April statt. Es waren die sechste Parlamentswahl seit dem Ende des Kommunismus in Ungarn. Rund 8,1 Millionen Personen waren wahlberechtigt.[1] Die Parteien mussten dabei eine Fünf-Prozent-Hürde überwinden, um ins ungarische Parlament (Országgyűlés) einzuziehen. Die Wahl fand in zwei Wahlgängen statt. Im Endergebnis ergab sich ein erdrutschartiger Sieg des christlich-konservativen Wahlbündnisses Fidesz und Christlich-Demokratische Volkspartei (KDNP), das im neugewählten Parlament über eine Zweidrittelmehrheit verfügt.
Inhaltsverzeichnis
Ausgangslage
Der bisherige, parteilose Ministerpräsident Gordon Bajnai kündigte an, nicht zur Wahl anzutreten. Für die ihn unterstützende sozialdemokratische Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) war Attila Mesterházy Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten. Für die rechtskonservative Fidesz trat der damalige Oppositionsführer, der ehemalige Ministerpräsident Viktor Orbán, an. Weitere Spitzenkandidaten waren Attila Retkes für die liberale SZDSZ und Lajos Bokros für das bürgerliche MDF. Neu in das Parlament einziehen wollte die rechtspopulistische Jobbik unter Gábor Vona sowie die grüne LMP, für die András Schiffer der Spitzenkandidat war. Die kommunistische MKMP Ungarns trat mit Gyula Thürmer an.
Die beiden kleinen ungarischen Oppositionsparteien, das MDF und der SZDSZ, schlossen vor der Wahl ein Wahlbündnis ab. Der SZDSZ beschloss, in der Hauptstadt Budapest und in 18 Wahlkreisen mit Einzelkandidaten in die Wahl zu gehen, während das MDF eine Hauptstadt- und eine Landesliste aufstellte. Damit gingen die beiden prägenden Parteien des ersten frei gewählten ungarischen Parlaments nach der Wende 1989 erstmals eine politische Kooperation ein. [2] Im MDF führte die Zusammenarbeit zu großen Widerständen und Austritten aus der Partei.
Umfragen vor der Wahl
In den Umfragen zeichnete sich ein deutlicher Sieg des Fidesz sowie der Einzug des Jobbik ins Parlament ab.[3] Der seit 2002 regierenden MSZP wurden dagegen hohe Verluste (von über 40 % auf ca. 20 %) und vielleicht sogar das Zurückfallen auf den dritten Platz hinter Fidesz (bis zu 66 %) und Jobbik (12-20 %) prognostiziert, während die Prognosen für die neue grüne Partei LMP um die 5 % lagen und damit eine kleine Chance auf einen Einzug ins Parlament eröffneten.[1]
Wahlablauf und Wahlmodus
Änderungen in der vorgeschriebenen Vorgehensweise von Wahlkartenwählern führte dazu, dass die reduzierte Anzahl der Wahllokale für Wahlkartenwähler zu einem Ansturm führten. Um trotzdem allen Wählern die Möglichkeit zu geben zu wählen, wurde die Öffnungszeit dieser Wahllokale über 19 Uhr hinaus verlängert. Aus diesem Grund durften aber keine Hochrechnungen oder Exitpolls bekanntgegeben werden. Aber nicht alle Medien hielten sich an diese Vorschriften.[4] Die 386 Parlamentsmitglieder werden in nach einem Wahlsystem gewählt, das Wahlen in einzelnen Wahlkreisen und Wahlen von Parteien über Listen kombiniert (personalisierte Verhältniswahl).[5] 176 Kandidaten werden in einzelnen Wahlkreisen gewählt. Falls kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht, findet ein zweiter Wahlgang statt. Wenn die Wahlbeteiligung weniger als 50% betrug dürfen alle Kandidaten des ersten Wahlgangs auch im zweiten Wahlgang antreten. Betrug die Wahlbeteiligung mehr als 50%, dürfen nur die Kandidaten antreten, die mehr als 15 % der Wählerstimmen erhalten haben, es müssen jedoch mindestens 3 Kandidaten sein, für die das zutrifft (ansonsten gilt die 15%-Klausel nicht und die drei Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl dürfen antreten). Im zweiten Wahlgang reicht dann die relative Mehrheit. 152 Sitze im Parlament werden über regionale Parteilisten gewählt. Die restlichen 58 Sitze werden aus landesweiten Parteilisten so besetzt, dass die Sitzverteilung dem landesweiten Stimmenanteil entspricht.
Wahlergebnis
Erste Runde am 11. April
In der ersten Wahlrunde wurde über die Verteilung von 265 Sitzen (68,7%) entschieden. In 119 Wahlkreisen erreichten Kandidaten der Fidesz auf Anhieb die absolute Mehrheit, in den restlichen 57 Wahlkreisen wurde ein zweiter Wahlgang nötig, da keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht hatte. 146 Kandidaten wurden über die Landeslisten gewählt. Schon nach dem ersten Wahlgang war klar, dass Fidesz im neugewählten Parlament über die absolute Mehrheit verfügen würde.
Partei Stimmenanteil Listenmandate Direktmandate Gesamtmandate Fidesz 52,73 % 87 119 206 MSZP 19,31 % 28 0 28 Jobbik 16,67 % 26 0 26 LMP 7,44 % 5 0 5 MDF 2,66 % 0 0 0 andere 1,17 % 0 0 0 total 100 % 146 119 265 Zweite Runde am 25. April
Im zweiten Wahlgang wurde über die Kandidaten von 57 Wahlkreisen entschieden, bei denen in der ersten Runde keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht hatte. In 54 Wahlkreisen waren Fidesz-Kandidaten erfolgreich, in zwei Budapester Wahlkreisen setzte sich ein Kandidat der MSZP durch. Im Wahlkreis Edelény war der unabhängige Kandidat Molnár Oszkár erfolgreich.
Partei Stimmenanteil Listenmandate Direktmandate Gesamtmandate Fidesz 3 54 57 MSZP 29 2 31 Jobbik 21 0 21 LMP 11 0 11 MDF 0 0 0 andere 0 1 1 total 100% 64 57 121 Gesamtergebnis und Sitzverteilung im neugewählten Parlament
Im neu gewählten Parlament kommen auf Fidesz KDNP 262 Sitze (67,9 %), auf die MSZP 59 Sitze (15,3 %), auf Jobbik 47 Sitze (12,2 %) und auf die LMP 16 Sitze (4,2 %). Ein Sitz (0,26 %) entfällt auf die Koalition Fidesz KDNP MVMP und ein weiterer Sitz auf einen unabhängigen Kandidaten.
Partei Wahlkreismandate Listenmandate Sitzverteilung Sitze in Prozent Fidesz-KDNP 173 90 263 68,13 MSZP 2 57 59 15,28 Jobbik 0 47 47 12,18 LMP 0 16 16 4,15 Unabhängige 1[6] – 1 0,26 Summe 176 210 386 100 Einzelnachweise
- ↑ a b Wahl in Ungarn hat begonnen. In: Pester Lloyd. 11. April 2010, abgerufen am 11. April 2010.
- ↑ Wahlbündnis zwischen konservativer und liberaler Kleinpartei. In: derstandard.at. Abgerufen am 11. April 2010.
- ↑ Rechtsextreme im Umfragehoch - wenn am nächsten Sonntag Wahlen in Ungarn wären …. In: Pester Lloyd. 17. Februar 2010, abgerufen am 2. März 2010.
- ↑ Verwirrung über neuen Wahlmodus auf ORF von 11. April 2010
- ↑ Act No. XXXIV of 1989 on the Election of the Members of Parliament, Ungarisches Wahlgesetz aus dem Jahr 1989
- ↑ Molnár Oszkár
Weblinks
Wikimedia Foundation.