- Revolutionen im Jahr 1989
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Als Revolutionen im Jahr 1989, Umwälzungen, friedliche Revolution(en), Herbstrevolutionen, Herbst der Völker oder Fall des Kommunismus werden die Veränderungen in Zentral- und Osteuropa bezeichnet, die ab 1989 zur Abschaffung der dortigen kommunistischen Systeme führten.
Zu den Auslösern, zusammen mit Glasnost und Perestroika in der UdSSR, gehörte die sogenannte Sinatra-Doktrin von Michail Gorbatschow, die es den anderen Ostblock-Staaten erstmals erlaubte, eigene Wege zu gehen. Nachdem in der Volksrepublik Polen die Regierung wechselte, die Volksrepublik Ungarn ab dem 2. Mai 1989 die Grenzzäune zu Österreich abbaute, DDR-Bürger im Sommer die Prager Botschaft besetzen und am 9. November die Berliner Mauer fiel, folgten u. a. die Samtene Revolution in der Tschechoslowakei. In der Folgezeit zerfiel auch die Sowjetunion selber, viele Staaten errangen die Unabhängigkeit.
Der Prozess wird oft mit dem europäischen Völkerfrühling, den Frühjahrsrevolutionen bzw. Revolutionen von 1848 verglichen, die der französischen Februarrevolution 1848 folgten.
Inhaltsverzeichnis
Friedliche Revolutionen
Die Revolutionen im Jahr 1989 werden trotz einiger Gewalttaten auch als „Friedliche Revolution(en)“ bezeichnet.
Im Ostblock hatten sich seit Mitte der 1970er Jahre kleine, uneinheitliche Bürgerrechtsbewegungen gebildet, die mit Zivilcourage und Demokratiebewusstsein gegen die totalitäre Ausrichtung der Gesellschaften auftraten. Mitte der 1980er Jahre lockerte dann Gorbatschow durch Glasnost und Perestroika die Rahmenbedingungen.
Erst 1988/1989 entwickelten sich Bürgerbewegungen, die offensiv Bürger- und Menschenrechte einforderten. Ihre Mittel waren oft symbolische Aktionen von kleinem Ausmaß und kurzfristiger Dauer oder ziviler Ungehorsam. Als ein Ausgangspunkt kann die bereits am 25. März 1988 in Bratislava stattgefundene Kerzenmanifestation angesehen werden. Die alte Staatsmacht zerfiel rapide in Polen, Ungarn, der DDR, der Tschechoslowakei und Bulgarien, das sozialistische Staatssystem wurde abgeschafft und nach dem Muster der westlichen Demokratie und Marktwirtschaft in einer gesamtgesellschaftlichen Transformation verändert. Die friedliche Revolution in der DDR endete in der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990.
Die Umstürze in Rumänien im Dezember 1989 sowie im Baltikum, wo drei unabhängige Staaten Estland, Lettland und Litauen aus der Sowjetunion heraus wieder erstanden, verliefen weniger waffenlos und passen nur bedingt unter den Begriff einer friedlichen Revolution.
Die friedliche Revolution strahlte auf weitere Umstürze in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion (GUS) aus, die sich aber weniger eng an Westeuropa anschlossen.
Übersicht
Deutschland-bezogene Übersicht
- Montagsdemonstrationen 1989/1990 in der DDR ab September 1989
- Absetzung von Erich Honecker am 17. Oktober 1989
- Reisefreiheit ab dem 9. November 1989
- Mauerfall am 9. November 1989
- Wende (DDR) ab November 1989
- Zehn-Punkte-Programm Ende November 1989
Lokale Initiativen
- Arbeitsgruppe Menschenrechte Leipzig
- Dorfrepublik Rüterberg
- Friedensglocke Dessau
- Gruppe der 20 (Dresden)
Andere Staaten
- Volksrepublik Polen: Runder Tisch vom 6. Februar bis 5. April 1989, 17. April Zulassung der „Solidarność“, halbfreie Wahlen im Sommer (65% der Sitze für die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PVAP) und die anderen prokommunistischen Parteien reserviert), 13. September neue Regierung unter dem katholischen Publizisten Tadeusz Mazowiecki. Diese Ereignisse in Polen, die von Gorbatschow unterstützt wurden, waren eine Vorstufe zum Fall der Berliner Mauer in Deutschland und trugen zum Niedergang des Sozialismus im östlichen Europa bei.
- Tian'anmen-Massaker in der Volksrepublik China, im Juni wird eine studentische Demonstration von Sondereinheiten der Volksbefreiungsarmee gewaltsam unterbunden
- Paneuropäisches Picknick an der österreichisch-ungarischen Grenze nahe der Stadt Sopron (Ödenburg) am 19. August 1989. An derselben Stelle hatten bereits zuvor der damalige österreichische Außenminister Alois Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn am 27. Juni 1989 gemeinsam den Grenzzaun durchtrennt, um den am 2. Mai 1989 von Miklós Németh begonnenen Abbau der Überwachungsanlagen durch Ungarn zu unterstreichen. Am 10. September wurden den in Ungarn befindlichen DDR-Bürgern die freie Ausreise gestattet.
- Volksrepublik Bulgarien 10. November 1989, Amtsenthebung von Todor Schiwkow
- in der Sozialistischen Republik Rumänien die Revolution 1989, im Gegensatz zu den anderen Ländern ein gewaltsamer Umsturz
- die Samtene Revolution in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik im November und Dezember 1989
- die Singende Revolution in den Baltischen Sowjetrepubliken Estnische Sozialistische Sowjetrepublik , Lettische Sozialistische Sowjetrepublik und Litauische Sozialistische Sowjetrepublik mit dem Ziel der Wiederherstellung der Unabhängigkeit der drei Länder
Literatur
- Timothy Garton Ash: Ein Jahrhundert wird abgewählt. Aus den Zentren Mitteleuropas 1980-1990. Hanser 1990 ISBN 3-446-15898-7
- ders.: Zeit der Freiheit. Aus den Zentren des neuen Europa. dtv, München 2001 ISBN 3-423-30816-8
- Ehrhart Neubert: Artikel "Friedliche Revolution" in: Lexikon Opposition und Widerstand in der SED-Diktatur, hg. v. Hans-Joachim Veen, Berlin München 2000, S. 151-154. ISBN 3-549-07125-6
- György Dalos: Der Vorhang geht auf. Das Ende der Diktaturen in Osteuropa. Verlag C. H. Beck, München 2009. ISBN 978-3-406-60714-1
Weblinks
- Michael Gehler: Die Umsturzbewegungen 1989 in Mittel- und Osteuropa (BpB online)
- Philipp Ther: 1989 - eine verhandelte Revolution, Version 1.0, in: Docupedia Zeitgeschichte, 11. Februar 2010
- Leipziger Menschenrechtsgruppen 1999 (Blatt 9): 9. Oktober 1989 - Tag der Entscheidung
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