Schalom Achschaw

Schalom Achschaw

Schalom Achschaw (hebräisch:שלום עכשיו), im Englischen auch Peace Now, ist eine außerparlamentarische politische Bewegung in Israel. Sie hat sich nach eigenen Angaben das Ziel gesetzt, die Öffentlichkeit und die israelischen Regierungen von der Notwendigkeit und der Möglichkeit zu überzeugen, „einen gerechten Frieden und eine historische Versöhnung mit dem palästinensischen Volk wie den arabischen Nachbarn zu erreichen, und zwar im Austausch für eine territoriale Abmachung im Sinne der Formel Land für Frieden“.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In der Folge von Anwar as-Sadats Besuch in Israel im Jahre 1978 verfassten 348 israelische Reservesoldaten im Offiziersrang eine Petition an den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin, die ihn dazu drängen sollte, den Friedensprozess weiterzuführen. Diese Petition führte zur Gründung von Schalom Achschaw, einer basisdemokratischen Bewegung, die sich darum bemüht, Unterstützung für den Friedensprozess zu gewinnen. Auf einer Kundgebung in Tel Aviv riefen die Demonstranten Ministerpräsident Begin dazu auf, im Austausch mit der Sinai-Halbinsel Frieden mit Ägypten zu schließen.

In den Jahren 1982 bis 1984 protestierte die Bewegung gegen den Libanonkrieg und verlangte den Rückzug der israelischen Truppen aus dem Libanon. Der Höhepunkt dieser Proteste wurde erreicht, als es zu Massenkundgebungen in Folge der Massaker von Sabra und Schatila kam. Am 10. Februar 1983 ermordete Jonah Avroushemi, ein rechtsradikaler Aktivist, den Peace-Now-Anhänger Emil Grünzweig, der an einer Kundgebung in Jerusalem teilnahm, durch eine Handgranate. Weitere Demonstranten wurden verletzt. Zeit seines Bestehens verurteilte Schalom Achschaw die israelischen Siedlungen in der Westjordanland, weil diese in berechnender Art und Weise die Möglichkeit eines Friedens mit den Palästinensern unterminierten.

Während der 1980er und der frühen 1990er Jahre verlangte Schalom Achschaw die Anerkennung der PLO als der nationalen Repräsentation des palästinensischen Volkes. Die erste Intifada (1987-1993) wurde von Schalom Achschaw als politischer Akt anerkannt. Die Organisation forderte deshalb Verhandlungen mit den Palästinensern und verlangte ein „Ende der Besetzung“ der West Bank (bzw. Judäa und Samaria in israelischer Lesart) und Gaza. Die Unterzeichnung der Oslo-Abkommen markierte einen Meilenstein in den Aktivitäten von Schalom Achschaw, das sich seitdem bemüht, diejenigen Regierungen zu unterstützen, welche nach der Formel Land für Frieden handeln und gegen jene zu demonstrieren, die seiner Meinung nach den Friedensprozess verhindern.

Mit dem Ausbruch der Al-Aqsa Intifada (seit 2000) ging die allgemeine Unterstützung für die Bewegung zurück, da der Friedensprozess, der in Oslo begonnen hatte, schwere Rückschläge erlitt. Im Jahre 2003 wurden neue Initiativen zur Lösung des Nahostkonfliktes gestartet, wie der Nationale Konsens und die Initiative von Genf, die beide auf der Formel Land für Frieden basieren. Beide Initiativen sind nicht offiziell Schalom Achschaw angegliedert, aber oft haben dieselben Aktivisten an vielen verschiedenen Initiativen mitgearbeitet. Die Initiative von Genf wird mit Jossi Beilin und der Meretz-Jachad-Partei in Verbindung gebracht, während der Nationale Konsens mit dem Namen Ami Ayalon verbunden wird, der diese Initiative ganz bewusst unabhängig von Schalom Achschaw geführt hat, um keinen Schaden in der öffentlichen Unterstützung zu provozieren. Die meisten Aktivitäten von Schalom Achschaw für das Jahr 2004 gelten der Überwachung der israelischen Siedlungserweiterungen und der Einrichtung von illegalen Außenposten durch die Hilltop Jugend. Schalom Achschaw war einer der Hauptorganisatoren der Demonstration Mate ha-Rov („Mehrheitslager“) im Jahre 2004, die den einseitigen Abzugsplan und den Rückzug aus dem Gazastreifen unterstützten.

Aktivitäten

Die Bewegung ist in mehreren israelischen Städten aktiv und organisiert regelmäßige Mahnwachen und Demonstrationen. Des Weiteren werden Berichte über die israelischen Siedlungen veröffentlicht.

Im Anfang November 2007 herausgegebenen Bericht wird unter anderem die andauernde Siedlungspolitik kritisiert. Demnach seien im Westjordanland die Anzahl der Siedler bis Ende Juli 2007 um 5,8 Prozent auf 267.500 Personen gestiegen.[1][2]

Der Bericht vom Mai 2010 behandelt die Vorgänge in Ostjerusalem. Laut Schalom Achschaw bedroht die dortige Verstärkung der Siedlungsaktivitäten die Chancen für eine Zwei-Staaten-Lösung: "The intensification of settlement activities in East Jerusalem threatens the chances of implementing the two-state solution and might create an irreversible situation that would prevent a compromise in Jerusalem." Der Bürgermeister von Jerusalem, Nir Barkat, der seit November 2008 im Amt ist, sei zudem einer der treuesten Verbündeten der Siedler in Ostjerusalem und hätte zusammen mit der Regierung Netanjahus in der Stadt verstärkt Spannungen ausgelöst.[3]

Kritik

Die Bewegung wurde dafür kritisiert, dass sie nicht genügend Realismus besitze angesichts der Tatsache, dass es kein Pendant auf arabischer Seite gebe. Ami Ayalon, früherer Chef des Schin Bet und Koordinator des Nationalen Konsenses, kritisierte Schalom Achschaw für die Dämonisierung der jüdischen Siedler und warf Schalom Achschaw das Schüren von Hass auf Siedler vor, was außerdem nur zu einer Ablehnung des Friedenslagers in der Öffentlichkeit führe.

Ayalon sieht Schalom Achschaw als gescheitert an, weil es der Organisation nicht gelingt, die Massen für die Ideen der israelischen Friedensbewegung zu begeistern; Umfragen zeigen aber, dass die israelische Öffentlichkeit eine Trennung von den Palästinensern und eine friedliche Lösung befürwortet. Ayalon führt den mangelnden Rückhalt darauf zurück, dass Schalom Achschaw und die Linke sich entfremdet und eine bevormundende Attitüde gegenüber der normalen israelischen Bevölkerung eingenommen hätten. Diese Attitüde und die gestiegenen terroristischen Anschläge seien für den schlechten Stand der Friedensbewegung in der öffentlichen Meinung verantwortlich. Schalom Achschaw erwecke nicht den Eindruck, den palästinensischen Terror ausreichend zu verurteilen und nach den Interessen Israels zu handeln.

Ayalon folgerte, dass zwar in der Tat viele Siedlungen aufgegeben werden müssten, aber die umgesiedelten Siedler sowohl moralische als auch finanzielle Unterstützung verdienten und nicht wie Feinde behandelt werden dürften.

Bekannte Mitglieder bei Schalom Achschaw

Weblinks

Einzelnachweise

  1. BBC: West Bank settlements 'expanding' (8. November 2007)
  2. Peace Now: Construction in the Israeli settlements continues (7. November 2007)
  3. Peace Now Report: Construction of 14 Housing Units Begins in Raas Al Amud (Englisch), Peace Now. 9. Mai 2010. Abgerufen am 11. Juni 2010. 

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