Petreius Hyphantes

Petreius Hyphantes

Iuba Petreius Hyphantes, (griechisch Ὑφαντής, * um 45 v. Chr.), war ein römischer Dichter und Dramatiker der frühen Kaiserzeit. Sein einziges überliefertes Werk ist die Dramentetralogie „Die Demagogen“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Petreius Hyphantes war ein lateinischer Autor, der während der Regierungszeit der Kaiser Augustus und Tiberius mehrere Theaterstücke verfasste. Über sein Leben ist so gut wie nichts bekannt, und eine Datierung ist nur indirekt durch Rückschluss aus seinem Namen, dem Inhalt und Stil seiner Stücke sowie der Art ihrer Überlieferung möglich. Danach dürfte er frühestens 46 v. Chr. geboren sein und nicht später als 41 n. Chr. geschrieben haben. Der numidische, römische und griechische Elemente verbindende Name Iuba Petreius Hyphantes verweist vermutlich auf einen griechischen Freigelassenen aus der Klientel des pompeianischen Prätors Marcus Petreius, der nach der Schlacht bei Thapsus 46 v. Chr. auf der Flucht vor den Truppen Caesars gemeinsam mit dem numidischen König Iuba I. Selbstmord beging.[1]

Werk

Das bereits in der Antike in Vergessenheit geratene Werk des Petreius Hyphantes wurde nach 1750 von dem Schweizer Militäringenieur Karl Weber unter den durch den Vesuvausbruch 79 n. Chr. verschütteten Schriftrollen der Villa dei Papiri in Herculaneum wiederentdeckt, jedoch erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit Hilfe moderner technischer Verfahren entziffert.[2]

Titel und Autor werden in der ersten Schriftrolle genannt: „Iubae Petreii Hyphantis Δημαγωγοι tria tragoediae unaque satira". Dabei handelt es sich um vier inhaltlich verbundene Dramen, drei Tragödien und eine Satire, die unter dem nur auf griechisch überlieferten Titel „Die Demagogen“ die einzige nahezu vollständig erhaltene Tetralogie der antiken Literatur bilden.[3]

Anders als in den meisten antiken Dramen spielen die Götter und die Mythologie im Werk des Hyphantes nur eine untergeordnete Rolle. Im Mittelpunkt steht vielmehr die historische Epoche des Peloponnesischen Kriegs zwischen Sparta und Athen. Die Stücke „De Meliis“, „Ad Syracusam“, „Apud Arginusas“ und „Pro Socrate“ beleuchten je eine besonders denkwürdige Episode dieser Auseinandersetzung und schildern das Schicksal der politischen und militärischen Führer Athens, allen voran des Nikias und des Alkibiades.

„Alkibiades:
Dein fauler Friede stinkt, Nikias!
Nikias (ironisch):
Während Eure Kriegszüge den besten Wohlgeruch verbreiten, edler Alkibiades!“

Hyphantes: De Meliis, I, 1.

Im Zentrum der ersten Tragödie steht der berühmte Melierdialog des Thukydides mit seiner zentralen Aussage:

„Die Starken tun, was sie wollen, die Schwachen leiden, was sie müssen.“

Hyphantes: De Meliis, III, 2.

Gegenstand der zweiten Tragödie ist die unglückliche Expedition der Athener nach Sizilien. Den Höhepunkt bildet ein Monolog des Nikias während der letzten Seeschlacht im Hafen von Syrakus:

„Zweihundert Schiffe im Hafen auf engstem Raum,
als wär’s ein Spektakel oder ein böser Traum.“

Hyphantes: Ad Syracusam, IV, 4.

Die dritte Tragödie behandelt die letzte Phase des Krieges vom Arginusenprozess bis zur endgültigen Niederlage Athens in der Schlacht bei Aigospotamoi:

„So wollen wir weiter die Ursachen für den tiefen Fall unserer Stadt ergründen. Vorhang auf für das letzte Kapitel!“

Hyphantes: Apud Arginusas, Prolog.

Von besonderem Interesse ist der vierte Teil, die Satire „Pro Socrate“, vordergründig eine Repräsentation von Leben und Tod des Philosophen Sokrates, tatsächlich aber eine geistreiche Polemik gegen die auch in der römischen Politik grassierende Sophistik und Korruption.

„Wahrhaftig, in der Demokratie gedeihen die Schurken doch am besten! “

Hyphantes: Pro Socrate, I, 3.

Formal ist der Text wegen seiner Mischung von Prosa und lyrischen Teilen der Menippeischen Satire zuzurechnen. Inhaltlich erscheint er sogar als eine frühe Form der Dystopie mit einer Mahnung zur Verteidigung der republikanischen Freiheit:

„Ihr glaubt, die Freiheit ist sicher, doch seid auf der Hut.
Denkt an den Tyrannen Peisistratos und seine Brut!“

Hyphantes: Pro Socrate, II, 3

Viele aus der zeitgenössischen Polemik geborene Details des Werkes harren indes noch der Entschlüsselung durch die Forschung.

Literatur

  • Petreius Hyphantes: Die Demagogen. Der Untergang des Attischen Reiches, Neckenmarkt 2010.

Anmerkungen

  1. Pseudo Caesar, De Bello Africo, 94.
  2. Vgl. Luke Slattery, In search of Western civilisation's lost classics, in: The Australian, 6. August, 2008. [1]
  3. Vgl. Petreius Hyphantes, Die Demagogen. Der Untergang des Attischen Reiches, Neckenmarkt 2010, Vorwort, S. 7−11.

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