- Plene-Schreibung
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Plene-Schreibung (Latein: plenus - "voll") ist die vollständige Umsetzung aller (gesprochenen) Vokale einer Sprache in die jeweilige(n) Schriften). Insbesondere bei Konsonantenschriften mit restriktiver Silbenstruktur (z.B. Hebräisch, Arabisch) kann auf die Verschriftlichung von (Lang- und/oder Kurz-)Vokalen verzichtet werden. Der Schriftkundige ergänzt dann die Vokale im Kopf (siehe Vokalisierung (Schrift). Auch im Deutschen gibt es Plene-Schreibung als Problem e.g. beim Schreibenlernen von Grundschülern (sogenannte Skelettschreibung).
Inhaltsverzeichnis
Probleme der Plene-Schreibung im Deutschen
Utz Maas und Ulrich Mehlem (2003) unterscheiden im Deutschen drei Silbentypen:
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- "In der Phonologie des Deutschen stellt die Silbe eine zentrale Kategorie dar, da ihr Bau von den Akzentverhältnissen in hohem Maße abhängig ist. Es werden drei Silbentypen unterschieden: a) die prominente (betonte) Silbe, die den Wortakzent trägt und daher immer einen Vollvokal enthält; b) die unmarkierte Silbe, die prosodisch nicht markiert wird, aber dennoch einen Vollvokal enthält; c) die Reduktionssilbe, die nie einen Akzent tragen kann und in der nur ein reduzierter Vokal oder sogar nur ein silbischer Konsonant (bei Nasalen und Liquiden) vorkommt, der dann selbst den Kern der Silbe bildet." [1]
Dabei sind die ersten beiden Silbentypen für die (korrekte) Umsetzung in Schrift unproblematisch:
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- "Für die Orthographie des Deutschen gilt prinzipiell, dass jede Silbe durch einen Vokalbuchstaben repräsentiert sein muss. Bei der prominenten und der unmarkierten Silbe bilden gespannte und ungespannte Vokale zwei kontrastierende Modelle, die jeweils in offener oder geschlossener Silbe stehen können. Schreibanfänger neigen dazu, aufgrund der relativ großen Bandbreite unterschiedlicher Muster, die diese Silbentypen kennzeichnen, zunächst nur die Silbenränder zu repräsentieren. Ab dem ersten Schuljahr verschwinden jedoch derartige „Skelettschreibungen“. Dies trifft bis auf wenige Ausnahmen auch auf unser Korpus zu. Deshalb werden die Vokalzeichen in der prominenten bzw. der unmarkierten Silbe nicht untersucht.“(ebenda)
Plene-Schreibung von Reduktionssilben
Der dritte Silbentyp (Reduktionssilbe, die nie einen Akzent tragen kann und in der nur ein reduzierter Vokal oder sogar nur ein silbischer Konsonant (bei Nasalen und Liquiden) vorkommt, der dann selbst den Kern der Silbe bildet) hingegen führt oft zu Rechtschreibfehlern:
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- “Dagegen scheint bei der Reduktionssilbe die konstante Repräsentation eines vokalischen Kerns als Buchstabe <e> auch in Kontexten mit silbischem Konsonanten schwieriger. Da ihr Bau aber im Deutschen besonders regelmäßig ist, bereitet die Aneignung dieser Regel den Schreibanfängern keine großen Schwierigkeiten und kann oft bereits von Schülern der ersten Klasse gemeistert werden. Bei den Texten der marokkanischen Kinder sind aber Auffälligkeiten etwa bis zum Ende der Grundschule festzustellen."[2]
Beispiele: (K = Konsonant)-
- „- Reduktionssilbe [K ə] : Ausfall des Kerns; bzw. andere Schreibungen für den Kern: <Eule>, <gehe>
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- - Reduktionssilbe [K ɐ]: Ausfall des Kerns, bzw. andere Schreibung, z.B. phonographisch als <a>. Bei der Auszählung der Reduktionssilben dieses Typs wurden hochfrequente Formen wie <der> und <er> nicht berücksichtigt <Wasa> [vasɐ] statt <Wasser>
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- - Reduktionssilbe mit silbischem Konsonanten [K n]: Ausfall des Kerns, Ausfall des Reims (Bei den Reduktionssilben werden Normwidrigkeiten, die sich aus einer anderen Interpretation des Kasus ergeben, nicht berücksichtigt) <fliegn> [flign] statt <fliegen>“[3]
Plene-Schreibung in semitischen Sprachen
Die Schriften der semitischen Sprachen bestanden zunächst nur aus Zeichen für Konsonanten. Durch die in diesen Sprachen besonders ausgeprägte Wurzelflexion erfolgt die Bedeutungsänderung durch Änderungen der Vokale unter Beibehaltung der Konsonanten. Um die Texte eindeutiger lesbar zu machen, wurden Matres lectionis verwendet und ab dem Mittelalter Punkte und Striche über bzw. unter den Konsonanten zur Bezeichnung der Vokale eingeführt. (s. Vokalisierung (Schrift)
Plene-Schreibung im Arabischen
Ein voll-vokalisierter Text im Arabischen enthält für die
Langvokale:
- Halbkonsonant Alif (für langes a)
- Halbkonsonant Waw (für langes u)
- Halbkonsonant Ya (für langes i)
(s. Vokalisierung_(Schrift)#Arabische_Schrift Vokalisierung im Arabischen)
Kurzvokale:
- Fatha für kurzes a
- Kasra für kurzes i
- Damma für kurzes u
- Sukun für Vokallosigkeit eines Konsonanten
- Taschdid zur Kennzeichnung der Konsonantenverdopplung
- Wasla für unvokalisierten Konsonanten am Wortanfang
- Nunation für die Nominalendungen -un, -in, -an für Nomina im unbestimmten Status
(s. Taschkil)
Plene-Schreibung im Hebräischen
Wie im Arabischen entwickelten sich verschiedene Notationssysteme, von denen sich letztlich das tiberiensische System (s. Nikud#Masoretische_Vokalisation Masoretische_Vokalisation (Tabelle)) durchsetzte.
Das Ivrit in Israel wird gänzlich unvokalisiert geschrieben (von einigen Ausnahmen abgesehen).
Einzelnachweise
- ↑ Utz Maas, Ulrich Mehlem: Schriftkulturelle Ressourcen und Barrieren bei marokkanischen Kindern in Deutschland. Abschlußbericht des von der Stiftung Volkswagenwerk 1999-2002 Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück geförderten Forschungsprojekts. IMIS (Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, S. 391, abgerufen am 20. Juni 2011 (deutsch).
- ↑ Utz Maas, Ulrich Mehlem: Schriftkulturelle Ressourcen und Barrieren bei marokkanischen Kindern in Deutschland. IMIS (Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, S. 391, abgerufen am 20. Juni 2011 (deutsch, Kapitel 5.6. Die orthographische Repräsentation der Silbe I: Silbenkerne und komplexe Ränder).
- ↑ Utz Maas, Ulrich Mehlem: Schriftkulturelle Ressourcen und Barrieren bei marokkanischen Kindern in Deutschland. IMIS (Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, S. 393 Mitte, abgerufen am 20. Juni 2011 (deutsch, Kapitel 5.6. Die orthographische Repräsentation der Silbe I: Silbenkerne und komplexe Ränder).
Siehe auch
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