Ralf Zeitler

Ralf Zeitler

Ralf Zeitler (* 7. Oktober 1903 in Sankt Petersburg; † 10. November 1953 in Hamburg) war ein baltendeutscher Volkswirt und SA-Führer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Zeitler, Sohn eines Apothekers,[1] absolvierte das Gymnasium in Dorpat und begann nach dem Abitur ein Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Das Studium beendete Zeitler 1931 an der Universität Rostock mit Promotion. Der Titel seiner Dissertation lautete „Die Rayonierung der UdSSR“.

Anschließend war Zeitler als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Reichsverband kommunaler und öffentlicher Arbeitgeberverbände Deutschlands tätig und wurde dort Geschäftsführer des märkischen Verbandsteils. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Zeitler im Juni 1933 zum stellvertretenden Geschäftsführer des Deutschen Gemeindetages (DGT) in Berlin unter Kurt Jeserich berufen. Ab 1935 war Zeitler Vizepräsident des Deutschen Gemeindetages. Am 20. April 1937 übernahm Zeitler auf Weisung Jeserichs den Posten des Geschäftsführenden Generaldirektors der Wirtschaftlichen Vereinigung der Deutschen Gaswerke AG. In der Folge gab er seine Funktionen beim Deutschen Gemeindetag auf, bis auf die Abteilungsleitung der dortigen Pressestelle sowie des Statistischen Referats. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Zeitler zur Wehrmacht eingezogen. Ab Januar 1941 war er wieder in leitender Funktion beim Deutschen Gemeindetag tätig.[2] Die Führung des Deutschen Gemeindetages koordinierte Maßnahmen der nationalsozialistischen Judenverfolgung; so übermittelte Zeitler dem Münchner Oberbürgermeister und Vorsitzenden des Deutschen Gemeindetages Karl Fiehler am 28. Oktober 1941 in einem vertraulichen Fernschreiben Informationen aus dem Reichsministerium des Inneren über die „Abschiebung der Juden aus dem Reichsgebiet“.[3]

Zudem war Zeiter beim Rußlandressort des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete beschäftigt, da er aufgrund seiner Herkunft der russischen Sprache mächtig war. [2]

Nach Kriegsende war Zeitler in Hamburg Geschäftsführer bei einer Krankenhausgesellschaft.[1] Der verheiratete Zeitler war Vater zweier Söhne und einer Tochter. [2]

Mitgliedschaften und Politische Betätigung

Zeitler war von 1923 bis 1924 Angehöriger der Schwarzen Reichswehr und dabei in den Fememord an dem Bäckergesellen Erich Pannier verwickelt − er gab zu, mit einem Kameraden bei der Umbettung der Leiche Sicherungsposten gestanden zu haben, wurde aber im späteren Prozess aus Mangel an Beweisen freigesprochen.[4] Zudem gehörte er dem Weinheimer Verband Alter Corpsstudenten und dem Bismarckbund an. Im Dezember 1931 wurde Zeitler Mitglied der Sturmabteilung (SA) und stieg in dieser NS-Organisation 1942 bis zum SA-Oberführer auf. Der NSDAP trat er im Februar 1932 bei (Mitgliedsnr. 1.103.921).[2]

Weiterhin gehörte Zeitler dem Ausschuss für Wohlfahrts- und Fürsorgerecht der Akademie für Deutsches Recht an,[1] war Präsident des Volksdeutschen Clubs - Fachgebiet Spastik − und übernahm unter Hermann Althaus den stellvertretenden Vorsitz beim „Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge“ in Berlin. Zeitler gab die Deutsche Zeitung für Wohlfahrtspflege heraus und war Mitherausgeber weiterer Fachzeitschriften für den Sozialen Bereich. Er selbst publizierte vor allem zu kommunalpolitischen Themen.[2]

Veröffentlichungen

  • Jahrbuch der Landgemeinden. Handbuch für die Bürgermeister, Amts- und Gemeindevorsteher und anderen Beamten der ländlichen Verwaltung. Deutscher Gemeindeverl, Berlin 1934.
  • mit Ernst Staenicke und Hans Schiedt (Hrsg.): Das neue deutsche Arbeitsrecht seit der Machtübernahme durch die nationalsozialistische Regierung. Textausg. mit Erl. u. Rechtsprechung. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin (1934)
  • Die Rayonierung der UdSSR., o.O. 1935; zugl. Diss. Univ. Rostock 1931.
  • Die Landgemeinde. Kohlhammer, Stuttgart 1936.
  • Die Anstaltsfürsorge in Deutschland. In: Jahrbuch für Kommunalwissenschaft.3, Nr. 1 1936, S. 82–102.
  • mit Walter Bitter und Bernhard von Derschau (Hrsg.): Deutsche Gemeindeverordnung vom 30. Januar 1935. 2. Auflage. Dt. Gemeindeverl, Berlin 1936.
  • (Hrsg.): Die deutsche Kommunalstatistik. Kohlhammer, Stuttgart 1938.
  • mit Hans Schlempp: Die Reichsmeldeordnung (Verordnung über das Meldewesen) vom 6. Januar 1938. Mit den einschlägigen gesetzl. Bestimmungen u. Erlassen. Deutscher Gemeindeverl, Berlin 1938.
  • mit Hans Schlempp: Deutsches Kommunalrecht. Eine Zusammenstellung sämtlicher Gesetze, Verordnungen und Erlasse. Heymann, Berlin 1939.
  • mit Hans Schlempp und Hans Berthold: Steuern, Finanzen, Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen. Unter Mitarbeit von Hans Berthold. Heymann, Berlin 1940.
  • mit Hans Schlempp und Fritz Preusse: Wohlfahrtspflege, Gesundheitswesen, Krankenhauswesen. Unter Mitarbeit von Fritz Preusse. Heymann, Berlin 1940.
  • mit Hans Schlempp und Ernst Voss: Kriegsverwaltungsrecht. Heymann, Berlin 1940. Wurde in der DDR auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[5]
  • mit Hans Schlempp: Personenstandswesen. Heymann, Berlin 1941.
  • mit Hans Schlempp: Kommunale Wirtschaft. Heymann, Berlin 1943.

Literatur

  • Wolf Gruner: Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung. Wechselwirkung lokaler und zentraler Politik im NS-Staat (1933–1942)., Oldenbourg, München 2002. ISBN 3-486-56613-X.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 

Einzelnachweise

  1. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 691.
  2. a b c d e Wolf Gruner: Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung. Wechselwirkung lokaler und zentraler Politik im NS-Staat (1933–1942)., München 2002, S. 37f
  3. Wolf Gruner: Die NS-Judenverfolgung und die Kommunen – Zur wechselseitigen Dynamisierung von zentraler und lokaler Politik 1933-1941. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 48. Jahrgang, Heft 1, 2000, ISSN 0042-5702, S. 75f.
  4. Bernhard Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. Berlin 2004, S. 135f., 139.
  5. Ministerium für Volksbildung der Deutschen Demokratischen Republik, Liste der auszusondernden Literatur, Dritter Nachtrag, Berlin: VEB Deutscher Zentralverlag, 1953

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Zeitler — ist der Familienname folgender Personen: Carl Ludwig Zeitler (1835–1910), Berliner Kaufmann und Mäzen Eberhard Zeitler (* 1930), Arzt und Wissenschaftler Erich Zeitler (1921–2004), bayerischer Kommunalpolitiker und Landtagsabgeordneter der SPD… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutscher Gemeindetag — Der Deutsche Gemeindetag war während des Nationalsozialismus die Spitzenorganisation der deutschen Gemeinden und Gemeindeverbände. Er entstand 1933 als Zwangsvereinigung der früheren kommunalen Spitzenverbände Deutscher Städtetag, Deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Kommunalstatistik — ist neben der Bundes und Landesstatistik Teil des Gesamtsystems der amtlichen Statistik. In Deutschland gehört sie zur informationellen Infrastruktur des demokratischen Staates. Von den großen Städten wird eine kommunale Statistik in Ausübung… …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Althaus — (* 10. Januar 1899 in Hoyel; † 19. August 1966 in Kassel) war ein deutscher Sozialbeamter in leitender Stellung und SS Oberführer während des Nationalsozialismus. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Schriften …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Ze — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • German Football League 1993 — …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder der 14. Bundesversammlung (Deutschland) — Die Vierzehnte Bundesversammlung trat am 30. Juni 2010 zusammen, um einen neuen deutschen Bundespräsidenten wählen. Im dritten Wahlgang wurde Christian Wulff gewählt. Nach dem Rücktritt Horst Köhlers am 31. Mai 2010 hatte die 14.… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Fußballnationalmannschaft der Amateure — Die deutsche Fußballnationalmannschaft der Amateure war eine Auswahl aus nichtprofessionellen Spielern, die Deutschland bei Fußballbegegnungen gegen Teams anderer Nationen repräsentierte. Zwischen 1952 (2:1 gegen Großbritannien am 14. Mai in… …   Deutsch Wikipedia

  • Dürrbachtal — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Oberdürrbach — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”