Randall Collins

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Randall Collins (* 1941) ist ein US-amerikanischer Soziologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Randall Collins wuchs aufgrund der Tätigkeit seines Vaters im Auswärtigen Dienst in sehr unterschiedlichen Umgebungen auf. Die Auslandsaufenthalte und die damit einher gehenden Erlebnisse beeinflussten ihn nachhaltig. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs hielt sich die Familie in Berlin auf, während des Kalten Krieges in Moskau und später in Südamerika.[1]

Seinen eigenen Aussagen zufolge motivierte ihn der Gegensatz zwischen beruflichem und privatem Verhalten im Kreis von Diplomaten dazu, sich mit den Gedanken des Soziologen Erving Goffmann auseinanderzusetzen. Auf seine Wahrnehmung der Konflikte mit Korea führt er sein späteres Interesse an machtpolitischen Bezügen im Werk des Soziologen Max Weber sowie an Geopolitik zurück.[1]

Als Jugendlicher wurde er auf eine prep school in Neu England geschickt und wurde sich dort der Unterschiede der sozialen Klassen deutlich bewusst. In seinen Erlebnissen im Internat sieht er sein soziologisches Interesse an der obersten sozialen Schicht begründet.[1]

Studium und Beruf

Collins absolvierte 1963 den Bachelor of Arts an der Harvard College, 1964 den Master of Arts in Psychologie an der Stanford University, 1965 den Master of Arts in Soziologie an der University of California, Berkeley. Dort promovierte er 1969 in Soziologie und war dort bis 1977 tätig, zunächst als Assistant Professor, anschließend als Associate Professor.[2]

Er war ab 1978 an der University of Virginia als Professor für Soziologie tätig und später Gastprofessor an der University of Arizona, der University of California, Los Angeles, der University of Southern California, der University of California, Riverside, der University of Chicago und der Harvard University. Im Jahr 1985 wurde er zum Professor an der University of California, Riverside, ernannt und übernahm dort 1987 den Vorsitz der Abteilung für Soziologie. Ab 1997 hielt er Dorothy Swaine Thomas Professor of Sociology an der University of Pennsylvania inne.[2]

Werk

Er setzte seinen Fokus als Pionier der soziologischen Emotionsforschung auf die affektiven Phänomene in der Gesellschaft. Darauf aufbauend entwickelt er seine Theorie der Interaktionsrituale. Im Mittelpunkt dieses theoretischen Ansatzes steht das Konzept der dynamischen, emotionalen Energie von Akteuren, welche zum einen affektive Grundlage von sozialen Interaktionen ist und andererseits Vergesellschaftungsprozesse erfasst. Randall Collins bedient sich dabei einem mikrosoziologischen Ansatz in seiner Theorie, deren zentrale Fragestellung ist, was Gesellschaften als Netzwerke von ungleichen und konfligierenden Gruppen, Akteuren und Organisationen zusammen hält.

Collins nimmt die Perspektiven von Emile Durkheim, Erving Goffmann sowie Talcott Parsons ein. Dabei dient als Grundlage für alle drei Theoretiker die emotionale Dynamik, auf der die vielfältigen kulturellen Symbole, sozialen Klassifikationen sowie ideologischen Systeme beruhen. Durkheim bestimmt in seiner Religionsstudie Rituale als einen Mechanismus, über den soziale Solidarität in Form von Emotionen und symbolischen Objektvariationen erzeugt und reproduziert werden. Nach Goffman können diese Rituale auch gegen das einzelne Individuum durchgeführt werden. Der Akteur entfaltet innerhalb dieses mikrosoziologischen Ansatzes eine symbolische Handlung, um von seiner Umwelt bestätigt und wahrgenommen zu werden.

Elemente des Interaktionskettenmodels nach Randall Collins sind in einem gewissen Maß Effekte, Stimmungen und Emotionen der beteiligten Akteure, die innerhalb einer Interaktionssituation beeinflusst sowie durch Symbole reproduziert und erzeugt werden. Als Variablen seines Systems müssen mindestens zwei Akteure an der Interaktionssituation beteiligt sein, Grenzen zur Inklusion beziehungsweise Exklusion von Akteuren sowie ein gemeinsamer Fokus auf ein Objekt bestehen, bei dem die kulturelle Ähnlichkeit der Akteure determinierend ist. Umso homogener die Stimmung der Akteure ist, umso intensiver werden diese das gemeinsame rituelle Ereignis wahrnehmen. Während der Interaktionssituation kommt es zu einer positiven oder negativen Empfindung gegenüber dem erlebten Ritual, welches im weiteren Kreislauf zu einer Art Gruppensolidarität führt und eine emotionale Aufladung mit sich führt. Nach Collins stabilisiert und fixiert sich das gemeinsame Solidaritätsbefinden mit der Dauer der Durchführung des Rituals. Randall Collins zufolge ist demnach ein Interaktionsritual ein Energiespender verloren gegangener sozialer Bindungen und zukünftiger affektiver Bindungen. Symbole sind hingegen kulturell, emotional aufgeladene Ressourcen, die zwischen Interaktionsritualen und der Herstellung von Emotionen bestehen. Mitgliedschaftssymbole wie mögliche Gesprächsthemen, zentrale kulturelle Ideen oder soziale Manieren stellen das generalisierte kulturelle Kapital nach Pierre Bourdieu dar. Partikulares kulturelles Kapital ist der Bezug auf spezifische Personen, Erinnerungen an Namen, Gewohnheiten, sozialen Stellungen oder besprochene Themen.

Akteure durchlaufen während ihres Lebens eine Vielzahl von Interaktionsritualen, daher Ketten. Die Interaktionsketten bilden eine Art Gelegenheitsstruktur für Interaktion abhängig von räumlichen und zeitlichen Verhältnissen sowie dem Gespür für verschiedene kulturelle Ressourcen. Diese Struktur bezeichnet Collins als Markt der Interaktionsrituale. Als Macht- und Statusrituale werden Interaktionen laut Collins bezeichnet, in denen Akteure Dritte zu einem Verhalten animieren, welches diese sonst nicht ausgeübt hätten. In diesem Fall läge eine emotionale Energie für einen einzelnen Akteur vor, also auch dann, wenn Interaktionen von freiwilligen Anerkennungen und Sympathien gekennzeichnet sind. So kann nach Randall Collins lediglich positive Emotion in emotionale Energie umgewandelt werden, während negative Emotionen zu emotionaler Leere führen. Bei dem Durchlaufen der Interaktionsrituale pendelt sich bei den betroffenen Akteuren ein relativ stabiles Niveau an emotionaler Energie ein. Kurzzeitige Gefühle, die bei vereinzelten Ritualen auftreten, können jedoch wiederum Einfluss auf das Langzeitempfinden nehmen.

Die Theorie der Interaktionsketten kann innerhalb der Konflikttheorie ebenso von einem makrosoziologischen Ansatz aus betrachtet werden. Dabei können soziale und kulturelle Differenzierungen von Gesellschaften, welche verschiedene Interessen bei Akteuren und in Subsystemen erzeugen, zu manifesten Konflikten führen.

Literarisches

Ende der 1970er Jahre schrieb Collins den Kurzroman The Case of the Philosopher’s Ring, den er selbst als an Sherlock Holmes angelehnt beschrieb.[1]

Auszeichnungen

Collins erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter:[2]

  • 2002: Ludwik Fleck Preis für das beste Buch für sein Werk The Sociology of Philosophies, Society for Social Studies of Science
  • 2004: Scholarly Publication Award für sein Werk Interaction Ritual Chains, Sektion Sociology of Emotions der American Sociological Association
  • 2004: Lifetime Achievement Award, Sektion Sociology of Emotions der American Sociological Association
  • 2008: Ehrendoktorwürde der Universität Amsterdam
  • 2010 bis 2011: ernannt zum Präsident der American Sociological Association

Einzelnachweise

  1. a b c d Interview with Randall Collins by Alair Maclean and James Yocom. 20. September 2000, abgerufen am 19. Februar 2011 (englisch).
  2. a b c Curriculum Vitae Randall Collins. November 2010, abgerufen am 19. Februar 2011 (PDF).

Weblinks


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