Reichsverwaltungsgericht

Reichsverwaltungsgericht

Das Reichsverwaltungsgericht war ein bereits im deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik angedachter, jedoch erst im Dritten Reich errichteter Gerichtshof. Es sollte oberste Instanz der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit werden. Dieses Ziel wurde jedoch nie erreicht.

Inhaltsverzeichnis

Kaiserreich (1871-1918)

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in den deutschen Staaten die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die es Bürgern erlaubte, hoheitliche Maßnahmen durch gerichtliche oder gerichtsähnliche Organe überprüfen zu lassen[1]. Diese Entwicklungen fanden innerhalb der deutschen Länder statt; zu nennen ist hier vor allem das Preußische Oberverwaltungsgericht (ab 1875[2]). Nach der Reichsgründung von 1871 entwickelte sich allmählich eine Reichsverwaltungsgerichtsbarkeit, jedoch zunächst nur punktuell, wobei für einen bestimmten Teilbereich des öffentlichen Rechts zuständige Sonderbehörden auch die Gerichtsbarkeit in diesem Bereich wahrnahmen[3]. Arbeiten des Reichstages zu einer Errichtung des Reichsverwaltungsgerichts im Jahr 1912 verliefen im Sande[4].

Weimarer Republik (1919-1933)

Die Weimarer Reichsverfassung enthielt einen ausdrücklichen Auftrag zur Errichtung eines Reichsverwaltungsgerichts neben den Verwaltungsgerichten der Länder[5]; die Debatte um die Erfüllung des Auftrages hielt an. Im Jahr 1930 wurde ein Gesetzentwurf zur Errichtung des Gerichts vorgelegt[6], der aber nie beschlossen wurde.

Drittes Reich (1933-1945)

Durch Führererlass vom 3. April 1941 [RGBl. I 1941, 201][7] errichtete Adolf Hitler schließlich das Reichsverwaltungsgericht mit Sitz in Berlin, in dem eine Reihe gerichtlicher und gerichtsähnlicher Instanzen für Teilbereiche des öffentlichen Rechts zusammengefasst wurden[8]. Es ist dabei aber zu beachten, dass die Funktion eines Gerichts in der Rechts- und Staatsauffassung des Nationalsozialismus mit dem eines auf Individualrechte bedachten Rechtsstaates nicht vergleichbar war. Das Mitglieder des Reichsverwaltungsgerichts waren ausdrücklich auf die „von nationalsozialistischer Weltanschauung getragene […] Rechtsauslegung“[9] verpflichtet. Wichtige Teile des öffentlichen Rechts waren der Kompetenz des Gerichtes ganz entzogen.[10]

Das Reichsverwaltungsgericht stellte mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches seine Arbeit ein; seine Rechtsgrundlage wurde schließlich im Jahr 1946 vom Alliierten Kontrollrat aufgehoben[11].

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner-Ehlers, VwGO, 18. Aufl., § 40 Rdnr. 1
  2. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner-Schmidt-Aßmann, VwGO, 18. Auflage, Einl., Rdnr. 77
  3. Luig, NVwZ 1994, 1195ff.
  4. Ibid.
  5. Art. 107 WRV
  6. Löwenthal, JR 1930, S. 241-248
  7. http://alex.onb.ac.at/gesetze_drab_fs.htm
  8. http://www.verfassungen.de/de/de33-45/reichsverwaltungsgericht41.htm
  9. § 7 des Führererlasses
  10. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner-Ehlers, VwGO, 18. Aufl., § 40 Rdnr. 2
  11. http://www.verfassungen.de/de/de33-45/reichsverwaltungsgericht41.htm

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Friedrich Pernitza — (* 15. August 1888 in Brünn; † 1976 in Wien) war ein österreichischer Jurist und Beamter. 1931 bis 1938 war er Mitglied des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (ab 1934: Bundesgerichtshof) und 1941 bis 1945 Richter am… …   Deutsch Wikipedia

  • Abkürzungen/Gesetze und Recht — Eine Liste von Abkürzungen aus der Rechtssprache. Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z A …   Deutsch Wikipedia

  • Altreich (Deutschland) — Dieser Artikel behandelt Staatsform, Behörden und Staatsgebiet Deutschlands unter nationalsozialistischer Herrschaft. Zu Aufstieg der NSDAP seit 1918 und Regierung von 1933 bis 1945 siehe Zeit des Nationalsozialismus, zur Ideologie siehe… …   Deutsch Wikipedia

  • Außerordentliche Gerichtsbarkeit — Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist der Zweig der deutschen Gerichtsbarkeit, der der gerichtlichen Kontrolle des Verwaltungshandelns dient. Die auf der Grundlage von Art. 95 des Grundgesetzes eingerichteten Verwaltungsgerichte gewährleisten in… …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Danckelmann (Jurist) — Bernhard Danckelmann (* 1. April 1895 in Posen; † 16. August 1981 in Kelkheim (Taunus)) war ein deutscher Jurist. Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Juristischer Kommentator 3 Einzelnachweise …   Deutsch Wikipedia

  • Bernhard Lösener — (* 27. Dezember 1890 in Fürstenberg (Oder); † 28. August 1952 in Köln) war ein deutscher Jurist in der Zeit des Nationalsozialismus. Er wirkte 1935 als „Rassereferent“ bei der Abfassung der Nürnberger Gesetze mit, wurde jedoch 1944 wegen… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsches Reich 1933 bis 1945 — Deutsches Reich 1933–1945 Großdeutsches Reich (ab 1943) …   Deutsch Wikipedia

  • Egbert Mannlicher — (* 21. Februar 1882 in Wien; † 5. Oktober 1973 in Oberalm; vollständiger Name Egbert Friedrich Hermann Clara Mannlicher) war ein österreichischer Verfassungs und Verwaltungsjurist. Er ist Neffe von Ferdinand Mannlicher. Inhaltsverzeichnis 1 Leben …   Deutsch Wikipedia

  • Ernst August Schwebel — (* 1886 in Winningen/Mosel; † 1955 in Marburg/Lahn) war ein deutscher Verwaltungsjurist. Leben und Beruf Nach juristischem Studium und Teilnahme am Ersten Weltkrieg wirkte Schwebel 1919 24 als Landrat in Meisenheim und anschließend 1924 34 in… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des Straßenbahnnetzes Leipzig — Animation der Entwicklung des Gleisnetzes Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) betreiben mit der Straßenbahn Leipzig heute das zweitgrößte Straßenbahnnetz Deutschlands. Die Geschichte des Straßenbahnnetzes Leipzig wird in Form von Tabellen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”