- Restwasser (Fließgewässer)
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Begründung: Siehe Diskussion:Restwasser (Fließgewässer)#Inhalt und FormAls Restwasser oder Restabfluss wird bei einem Fließgewässer (Fluss oder Bach) der Teil des Abflusses genannt, das nach einer Entnahme (Ausleitung) oder Stauung (Rückhaltung) von Wasser flussabwärts im Gewässer verbleibt.
Inhaltsverzeichnis
Wasserentnahme und -rückhaltung
Die Entnahme von Wasser kann verschiedenen Zwecken dienen: Am gebräuchlichsten ist die Ausleitung größerer Wassermengen als Triebwasser für die Energieerzeugung in einem Wasserkraftwerk (Ausleitungskraftwerk) oder als Kühlwasser für ein thermisches Kraftwerk oder eine Industrieanlage. Auch die Überleitung zur Speisung von Wasserverkehrsbauwerken wie Schleusen oder Kanälen ist häufig anzutreffen.
Daneben findet sich aber auch die Verwendung zur Trinkwassergewinnung (Speisung eines Trinkwasserreservoirs), zur Bewässerung in der Land- und Forstwirtschaft, zur Beschneiung von Wintersportgebieten, zu Heizzwecken (Wasser/Wasser-Wärmepumpe) oder als Gebrauchswasser für sonstige industrielle oder private Zwecke (Reinigung, Spülung, Kühlung, Befeuchtung, ...).[1][2]
In der Regel erfolgt die Wasserentnahme oberhalb einer Stauanlage (Staustufe, Stauwehr Talsperre, ...), die über verstellbare Absperrelemente (Schütze, Ablässe oder ähnlich) verfügt, durch die das Verhältnis von Entnahme- und Restwassermenge reguliert werden kann.
Auch bei Stauanlagen, die der Stauregelung oder der Speicherung von Wasser dienen, wird die abfließende Wassermenge als Restwasser bezeichnet, auch wenn hier kein Wasser aus dem Gewässer entnommen wird, sondern nur zur Niveauhaltung im Oberwasser zurückgehalten wird.
Je nach Verwendung des entnommenen Wassers wird das Wasser nach der Nutzung häufig ein Stück flussabwärts von der Fassstelle dem Flusslauf wieder zugegeben. Der Flussabschnitt zwischen Fassung und der Rückspeisung, der von der Entnahme betroffen ist, wird Entnahmestrecke oder Restwasserstrecke genannt.[3]
Mindestrestwassermenge
Ökologische Bedeutung
Aus ökologischen Gründen ist es erforderlich, dass immer eine gewisse Mindest-Restwassermenge im Gewässer verbleibt. Diese Wassermenge wird benötigt, damit das Gewässer auch im Restwasserlauf unterhalb der Entnahmestelle seine vielfältige ökologische Aufgabe erfüllen kann.[1][4][3]
Diese Aufgabe besteht zum Einen in der Funktion des Gewässers - einschließlich der Ufer- und Aubereiche - als Biotop für Fauna (im und am Wasser lebende Tiere) und Flora (im und am Wasser wachsende Pflanzen und Algen) und somit zur Erhaltung der biologischen Artenvielfalt (Biotopschutz, Artenschutz).
Bei den Tieren ist insbesondere die Fischpopulationen von Bedeutung, denn für die Fortpflanzung vieler wandernder Fischarten ist die Mindestwassermenge in Verbindung mit Aufstiegshilfen an Staustufen zwingend erforderlich.
Die Restwassermenge trägt unter anderem zur Erhaltung der Temperaturpufferkapazität gegen übermäßige Erwärmung im Sommer und Zufrieren im Winter sowie zur Vermeidung übermäßiger Eutrophierung (Algen- und Bakterienwuchs) bei. Hierüber hat das Restwasser einen erheblichen Einfluss auf die Wasserqualität (Gewässergüte), die einerseits für die oben genannte Funktion als Biotop und andererseits für die Funktion der natürlichen Klärung (Abbau von Schadstoffen) wichtig ist. Eine ausreichende Menge und Qualität des Restwassers sind wiederum wichtig für die Funktion der Speisung des Grundwassers.
Eine weitere Funktion nimmt das Gewässer im Landschaftsschutz zur Erhaltung der landschaftlichen Vielfalt als Landschaftselement ein. Das Restwasser trägt hier zur Erhaltung der Morphologie des Gewässers und insbesondere zur Vermeidung einer Verlandung durch Ablagerung von Schwemmsedimenten (vor allem Sand und Schlick) im Flussbett bei.
Die aus ökologischen Gründen notwendige Mindestrestwassermenge ist sehr vom Gewässertyp, dem Abflussregime, dem Charakter des Gewässers sowie der individuellen Situation an der Entnahmestelle und entlang der Restwasserstrecke abhängig. Wichtigste Kenngröße ist die Wassermenge; je weniger Wasser der Fluss im Jahresmittel führt, umso größer ist tendenziell die relative Mindestrestwassermenge. Daneben sind aber auch das Gefälle, die mittlere Fließgeschwindigkeit, Breite und Tiefe des Gewässers und die Geologie des Flussbettes und viele andere Einflussfaktoren von Bedeutung.[5]
Dotierung
Reicht bei einer Stauanlage die Mindestwassermenge, die funktions- oder bauartbedingt über das Wehr fließen muss ("Überwasser"), nicht aus, um die erforderliche Mindestwassermenge des Gewässers aufrechtzuerhalten, so muss die Wassermenge durch eine zusätzliche, künstliche Wasserzugabe ("Dotierung" oder "Dotation" genannt) gestützt werden.[3] Die Dotierung erfolgt durch das Öffnen einer regulierbaren Absperrung.
Dient die Gebrauchswasserableitung der Energieerzeugung aus Wasserkraft, so mindert die erforderliche Dotierung den Ertrag, da weniger Triebwasser zum Wasserkraftwerk geleitet wird. Um diese Verluste zu reduzieren, werden verstärkt Dotierturbinen vorgesehen. Eine Dotierturbine, manchmal auch Restwasserturbine genannt, ist eine in die Stauanlage integrierte Wasserturbine, über die die Dotierwassermenge abgeleitet und energetisch aufgenutzt wird. Hierdurch lässt sich der energetische Ausnutzungsgrad der Wasserkraftwerknutzung auf bis zu 100% steigern.
Rechnerische Abschätzung nach dem MEFI-Modell
Zur rechnerischen Abschätzung eines ökologisch fundierten Abflussminimums in Flüssen wurden im bayrischen Alpenvorland Untersuchungen der hydraulischen, morphologischen, biologischen, physikalischen und chemischen Parameter im Bereich von Ausleitungsstrecken durchgeführt und hieraus das sogenante "MEFI-Modell" entwickelt.[6][7][8][9]
Als Hauptparameter und Unterparameter für eine ökologische Zustandsbeschreibung konnten identifiziert werden:
Gemessener Parameter Enthaltene Parameter sohlnahe Fließgeschwindigkeit
unbAbfluss Gefälle Morphologie der Flussohle Bodensubstrat Kornverteilung (Bodenrauheit) Nährstoffangebot Turbulenz Bodenrauheit
hA50Gefälle Intensität der sohlnahen Turbulenz sohlnahe Fließgeschwindigkeit Habitat Angebot Maß für die Sonneneinstrahlung
IFUfervegetation Nährstoffangebot Wassertemperatur Algenwachstum Wasserchemie (z.B. Sauerstoffgehalt, pH-Wert Zur Bestimmung des Mindestwasserabflusses wurden die Fließbedingungen an Ausleitungsstrecken einer genauen Betrachtung unterzogen. Insbesondere wurden an charakteristischen Querschnitten die Höhe des Algenwachstums hA50 und die mittlere sohlnahe Fließgeschwindigkeit unb gemessen. Als Ergebnis erhält man eine Beziehung zwischen dem Abfluss Q und der sohlnahen Reynoldszahl Renb - jeweils für die betrachtete Ausleitungsstrecke.
Renb wiederum steht im Zusammenhang mit dem biologischen Parameter Taxarheo. Dieser steht stellvertretend für die biologischen Lebensbedingungen im Fließgewässer, insbesondere Organismen betreffend, die eine gute Wasserqualität, eine kiesige Sohle und eine gewisse Mindestfließgeschwindigkeit benötigen. Einen Indikator eines guten ökologischen Zustandes stellen somit die rheotypischen Organismen (z.B. Eintagsfliegen) dar. Aus Verknüpfung der beiden Beziehungen lässt sich Taxarheo. bestimmen, und folglich ein Mindestwasserabfluss, der den Ansprüchen der ökologischen Lebensgemeinschaft im Gewässer gerecht wird.
Einen weiteren negativen Effekt, bedingt durch kleine Wassertiefen, niedrige Fließgeschwindigkeiten und hohe Sonneneinstrahlung, stellt die Erwärmung des Wassers dar. Als Folge stellt sich ein verstärktes, schädliches Algenwachstum ein. Um diesen Umstand zu berücksichtigen wurde der Irradiation Factor (IF) eingeführt. Dieser führt bei steigender Sonneneinstrahlung zu einer Erhöhung des Basisabflusses QB und somit zum eigentlichen Mindestabfluss Qres.
Trotz der Berücksichtigung von nur sohlnahen Strömungsbedingungen stellt das MEFI-Modell eine Ermittlung des Mindestwasserabflusses auf ökologisch fundierter Basis, speziell bei Flüssen mit kiesiger Sohle, dar. Ebenso sei auf die allgemeine, einfache und kostengünstige Anwendbarkeit hingewiesen.[6]
Wasserrechtliche Festlegung
Die Mindestrestwassermenge ist in den meisten Staaten über das Gewässerschutz- und Wasserrecht geregelt und wird üblicherweise in der Betriebsgenehmigung der Stauanlage bzw. der Wasserentnahme festgeschrieben.[10] Die Methoden zur Berechnung und Festlegung der Menge sind dabei aber sehr unterschiedlich; während in manchen Staaten mit einfachen Kennziffern oder Formeln gearbeitet wird, wird in anderen die individuelle Situation mit allen Einflussfaktoren im Einzelfall geprüft und bewertet.[5][9]
Deutschland
Im Rechtssystem Deutschlands soll auf Bundesebene das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und darin insbesondere der mit Mindestwasserführung benannte § 33 WHG eine gesetzliche Grundlage für die Verhinderung einer (dauerhaft) zu geringen Menge von Restwasser bilden. Es muss danach genügend Wasser erhalten bleiben, um in Bezug auf das Gewässer selbst und andere hiermit verbundene Gewässer den dort benannten Zielen zu entsprechen. Diese Ziele sind die in § 6 Absatz 1 WHG benannten Ziele im Rahmen der allgemeinen Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung sowie speziell die in §§ 27 bis 31 WHG benannten der Bewirtschaftung oberirdischer Gewässer.
Österreich
Schweiz
In der Schweiz wird die erforderliche Restwassermenge durch das Gewässerschutzgesetz (GSchG, Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer, 2. Titel, 2. Kapitel) geregelt.[11][1][5][12]
Dieses 2. Kapitel Sicherung angemessener Restwassermengen normiert in Art. 29 wann eine Bewilligung benötigt wird, in Art. 30 die Voraussetzungen für die Bewilligung, in Art. 31 die Mindestrestwassermenge, in Art. 32 die Ausnahmen, also die Voraussetzungen unter denen die Kantone geringere Mindestrestwassermengen ansetzen können, in Art. 33 die Erhöhung der Mindestrestwassermenge, also die Interessen nach deren Abwägung die Behörde diese Erhöhung vornehmen kann, in Art. 34 dass für Wasserentnahmen aus Seen und Grundwasservorkommen, die die "Wasserführung eines Fliessgewässers wesentlich beeinflussen", die vohergenannten Artikel sinngemäß gelten, in Art. 35 den Entscheid der Behörde insbesondere zur Dotierwassermenge und in Art. 36 die Kontrolle der Dotierwassermenge.
Die Festlegung der Restwassermenge erfolgt nach der sogenannten Matthey-Formel (benannt nach ihrem Entwickler, dem Hydrologen François Matthey vom Service des Eaux, Sols et Assainissement (SESA) des Kantons Waadt). Diese Formel orientiert sich an der Menge Q347 des Gewässers; das ist diejenige Abflussmenge, welche an 347 Tagen im Jahr erreicht oder überschritten wird, gemittelt über 10 Jahre.
Literatur
- Viviane Uhlmann, Bernhard Wehrli: Wasserkraftnutzung und Restwasser. Standortbestimmung zum Vollzug der Restwasservorschriften. Eawag, Kastanienbaum Juni 2006 (Volltext als PDF auf ethz.ch).
- Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) (Hrsg.): Restwassermengen in Fliessgewässern. Mitteilungen zum Gewässerschutz, Nr. 24. Bern 1997 (Download als PDF auf www.bafu.admin.ch).
- Michael Hütte: Ökologie und Wasserbau: Ökologische Grundlagen von Gewässerverbauung und Wasserkraftnutzung. Vieweg + Teubner, 2003, ISBN 3528025832 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
Einzelnachweise
- ↑ a b c Restwasser. Bundesamt für Umwelt der Schweiz (BAFU), abgerufen am 6. Oktober 2011.
- ↑ Oberflächengewässer. Hinweise zur Entnahme von Gebrauchswasser. Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion, Kanton Bern, abgerufen am 7. Oktober 2011.
- ↑ a b c Ursachen für Restwasser und dessen räumliche Wirksamkeit. Universität für Bodenkultur Wien, abgerufen am 6. Oktober 2011.
- ↑ Wasserkraftwerke in der CH. Überblick und Effekte der WK-Nutzung. Eawag, 2010, abgerufen am 6. Oktober 2011.
- ↑ a b c Uhlmann 2006 (siehe Literatur)
- ↑ a b Theodor Strobl, Franz Zunic: Handbuch Wasserbau. Springer, 2006, ISBN 3540223002.
- ↑ Willi Maile, Thomas Heilmair, Theodor Strobl: Bewertung von Fliessgewässer-Biozönosen im Bereich von Ausleitungskraftwerken (Schwerpunkt Makrozoobenthos). Das MEFI-Modell: ein Verfahren zur Ermittlung ökologisch begründeter Mindestabflüsse in Ausleitungsstrecken von Wasserkraftwerken.. In: Wasserbau und Wasserwirtschaft: Berichte der Versuchsanstalt Obernach und des Lehrstuhls für Wasserbau und Wassermengenwirtschaft der Technischen Universität München. Nr. 80, Technische Universität München,, 1997, ISSN 0947-7187, S. 247-267.
- ↑ R. Estoppey et al.; Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) (Hrsg.): Angemessene Restwassermengen - Wie können sie bestimmt werden?. Wegleitung Vollzug Umwelt. Bern 2000 (Volltext auf http://www.bafu.admin.ch).
- ↑ a b Uta Mürle: Morphologie und Habitatstruktur in der Ausleitungsstrecke einer alpinen Stauhaltung (Spöl, Schweizerischer Nationalpark, Engadin). Diplomarbeit im Fach Geoökologie. Institut für Geographie und Geoökologie Universität Karlsruhe TH, Öschelbronn April 2000 (Volltext als PDF).
- ↑ Anlagenauslegung. Kleinstwasserkraft Klopp, abgerufen am 6. Oktober 2011.
- ↑ Aspekte der Bestimmung von Restwassermengen in alpinen Fliessgewässern heute und zukünftig. H&W-Forschungspreis 2009. Hintermann & Weber AG, abgerufen am 6. Oktober 2011.
- ↑ Oberflächengewässer. Wasserkraftnutzung und Restwasser. Eawag, abgerufen am 7. Oktober 2011.
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