Richard Wolff (Geograph)

Richard Wolff (Geograph)

Richard Wolff (* 6. August 1957 in Erlenbach ZH, Schweiz) ist ein Schweizer Geograph und Stadtsoziologe. Er war Mitbegründer des Stadtforschungsnetzwerkes INURA, in dessen Rahmen er als freischaffender Stadtentwicklungsforscher in Zürich tätig ist. Darüber hinaus ist er Dozent für Stadtentwicklung an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Richard Wolff wurde 1957 als Sohn deutscher Eltern in Erlenbach im Kanton Zürich geboren. Der Vater, Günter Wolff, stammte aus einer Fabrikantenfamilie in Stadtoldendorf, floh aber nach der Verhaftung und Enteignung seines Vaters durch die Nationalsozialisten 1936 in die Schweiz.[1] [2] Eine Restitution nach Kriegsende scheiterte, Günter Wolff schloss in Deutschland ein Betriebswirtschafts-Studium ab, lernte seine zukünftige Frau, aus einer christlichen Beamtenfamilie stammend, kennen und zog mit dieser in die Schweiz. Seine Kindheit verbrachte Richard Wolff aufgrund mehrmaliger Jobwechsel seines Vaters, der bei diversen Grossunternehmen tätig war, in verschiedenen Gemeinden im Raum Zürich sowie für zweieinhalb Jahre in Venezuela. Dort sah er sich als Jugendlicher erstmals mit grosser Armut und sozialen Ungleichheiten konfrontiert. Neben den Erfahrungen aus Venezuela und den Medienberichten über die 68er-Unruhen sowie den Vietnam-Krieg erfuhr Wolff seine Politisierung als Jugendlicher im Zürich nach 1968: Er „merkte, dass es auch noch eine andere Welt gibt als die, die man wahrnimmt, auch dass nicht alles so geregelt und langweilig sein muss, wie das bei unseren Eltern der Fall war. Der Alltag, die materiellen Güter – alles wurde relativiert. Wenn ich in Venezuela geblieben wäre, hätte ich diesen Aufbruch trotz Salsa und Fiesta wahrscheinlich nicht erlebt. Ich hätte vielleicht in den USA studiert und nachher bei einer Firma wie IBM gearbeitet.

Nach seiner Matura studierte Wolff Geographie und Ethnologie in Zürich. Als am 30. Mai 1980 die „Opernhauskrawalle“ in Zürich ausbrachen, befand sich Wolff an einem Bob Marley-Konzert.[1] Ab dem darauffolgenden Tag nahm er jedoch an den weiteren Demonstrationen teil. Diese entzündeten sich am Beschluss des millionenschweren Ausbaus des Opernhauses, während den bereits länger bestehenden Forderungen nach einem Jugendkulturzentrum nie nachgekommen wurde. Die Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Autorität dauerten bis 1982 und mündeten in der städtisch subventionierten Gründung der Roten Fabrik, wo Wolff sich über Jahre unter anderem als Vorstandsmitglied engagierte.

An der Universität gründete Wolff währenddessen gemeinsam mit anderen Geografie-Studenten die Gruppe „SAU – Senter for Applied Urbanism“, die sich mit allen Aspekten der Stadtforschung und der Stadtentwicklung in Zürich beschäftigte. Diese diente auch als Basis für die Gründung des internationalen Netzwerks von Geografen und Stadtforschern, INURA (International Network for Urban Research and Action), im Jahr 1991.[1] Als Resultat der siebten jährlichen INURA-Konferenz erschien 1998 das Buch Possible urban worlds: urban strategies at the end of the 20th century.

1999 habilitierte Wolff an der ETH Zürich mit der Dissertation „Popular planning in King's Cross, London: kommunikative Vernunft im Stadtentwicklungsprozess“. Anschliessend verbrachte er ein Jahr als Gastdozent für Urban Sociology and Urban Planning an der University of Wisconsin in Green Bay.[3] Seit 2000 ist Wolff Dozent für Städtebau und Stadtentwicklung des Departements Architektur der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Freiberuflich leitet Wolff nebenbei gemeinsam mit Philipp Klaus das Inura Zürich Institut, das für die öffentliche Hand sowie gemeinnützige Organisationen Konzepte und Expertisen zu Stadtentwicklungsfragen erstellt, städtische Gremien in Stadtentwicklungsprozessen begleitet sowie Kongresse, Seminare, Tagungen und Studienreisen organisiert, leitet und moderiert. So leitet Wolff beispielsweise seit 1998 die „Überparteiliche Arbeitsgruppe Zürich Nord“, leitete und organisierte zwischen 2002 und 2005 im Auftrag der Stadt die Quartieraufwertungsprozesse Idaplatz und Lindenplatz und wickelte 2006/2007 die Organisation und Durchführung des Kongresses „100 Jahre gemeinnütziger Wohnungsbau“ für den Schweizerischen Verband für Wohnungswesen, die Stadt Zürich und das Bundesamt für Wohnungswesen ab.[3]

2010 wurde Wolff als Kandidat der Alternativen Liste (AL) in den Zürcher Gemeinderat gewählt.

Werke

  • Richard Wolff (Hrsg.): Possible urban worlds: urban strategies at the end of the 20th century. Birkäuser, Basel/Boston/Berlin 1998
  • Richard Wolff: Popular planning in King's Cross, London: kommunikative Vernunft im Stadtentwicklungsprozess. Dissertation, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, 1999

Einzelnachweise

  1. a b c Heinz Nigg: Zürich wurde Teil vom Rest der Welt. Porträt über Richard Wolff, WoZ – Die Wochenzeitung, 27. September 2000
  2. Die Enkel der NS-Opfer besuchen die Stadt ihrer Vorfahren. Täglicher Anzeiger, Kreis Holzminden, 21. November 2009, S. 22
  3. a b Porträt: Richard Wolff, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, abgerufen am 19. April 2010

Weblinks


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