Cho Seung-Hui

Cho Seung-Hui
Norris Hall, Tatort der zweiten Schießerei

Beim Amoklauf an der Virginia Tech am Morgen des 16. April 2007 auf dem Campus der Virginia Polytechnic Institute and State University (kurz: Virginia Tech) in Blacksburg, USA, wurden 32 Menschen getötet und 29 weitere verletzt. Der Täter erschoss sich anschließend selbst.[1] Es gehört neben dem Schulmassaker von Bath (1927) und dem Columbine-Massaker (1999) zu den folgenschwersten Massakern an einer Bildungseinrichtung in den Vereinigten Staaten.

Inhaltsverzeichnis

Tathergang

Lageplan

Die ersten Schüsse feuerte der Täter um 7:15 Uhr (13:15 Uhr MESZ) im Studentenwohnheim West Ambler Johnston Hall ab, wo 895 Studenten leben. Es wurden dabei zwei Menschen getötet und drei verletzt. Die Polizei untersuchte noch den ersten Tatort, als etwa zwei Stunden später (9:00–9:30 Uhr) in der ungefähr 600 Meter nördlich gelegenen Norris Hall auf dem Campus zum zweiten Mal Schüsse fielen. Dieses Mal wurden deutlich mehr Menschen ermordet. Nachdem der Täter das Gebäude betrat, verriegelte er die Ausgänge des Gebäudes mit Ketten, um die Flucht der Studenten zu verhindern. Er schoss mit zwei legal erworbenen halbautomatischen Pistolen, einer Glock 19 im Kaliber 9mm Para und einer Kleinkaliberpistole vom Typ Walther P22.[2] Unter den Toten befinden sich auch fünf Lehrkräfte:

Beim Eintreffen der Polizei nahm sich Cho selbst das Leben.

Hintergründe

Die Tat wurde von dem 23-jährigen südkoreanischen Studenten Cho Seung-hui[8] (Schreibweise Hangeul: 조승희; lebte in den USA unter der anglisierten Namensreihenfolge Seung-hui Cho) verübt, der etwa 1992 mit seinen Eltern von Südkorea nach Virginia eingewandert war und zuletzt in einem der Wohnheime der Virginia Tech lebte. Er war kein Staatsbürger der Vereinigten Staaten, sondern besaß eine permanente Aufenthaltsgenehmigung. Er studierte im vierten Jahr Anglistik als Undergraduate, nachdem er dort zunächst Wirtschaft studiert hatte.

Cho hatte zwischen den beiden Schießereien per Post ein Paket unter dem Pseudonym "A. Ishmael"[9] (siehe dazu Ismael) mit einer DVD, auf der 37 Videos und 43 Fotos waren, sowie Seiten mit einem 1800 Wörter umfassenden „Manifest“ an den US-Fernsehsender NBC geschickt. Der Zeitstempel (9:01 Uhr Ortszeit) zeigt, dass Cho das Paket am Montag nach seinen ersten Schüssen in einem am Uni-Campus angrenzenden Postamt aufgegeben hat. [10] Darin erklärte er unter anderem seinen Hass gegen Reiche und äußerte weiter, seine Tat wäre vermeidbar gewesen. Es wird außerdem berichtet, dass etliche Passagen des Textes sich gegen Christentum und Genusssucht wenden[11]. Der Sender informierte das FBI und strahlte Ausschnitte des Videos am Abend des 18. April 2007 (Ortszeit) aus. Der Täter sagte unter anderem, „Ihr habt mich in eine Ecke gedrängt. Jetzt müsst ihr damit leben, dass Blut an euren Händen klebt.“ Auf elf Fotos ist Cho mit zwei Faustfeuerwaffen zu sehen.[12]

Der Sender CNN berichtete, dass Cho 2005 von einem Sonderrichter des US-Bundesstaates Virginia für geistesgestört [13] erklärt wurde. Der Richter habe zudem festgestellt, dass Cho eine Gefahr für sich selbst darstelle. Bereits zuvor war bekannt geworden, dass sich Cho im selben Jahr in einer Psychiatrischen Klinik aufgehalten hatte.[14] Aufgrund der Tatsache, dass er die Psychiatrie freiwillig aufsuchte, konnte er legal Waffen erwerben. [15]

In der achten Klasse war selektiver Mutismus bei Cho diagnostiziert worden. Frühere Mitschüler sagten aus, dass er jahrelang ein Opfer von Mobbing in der Schule gewesen war.

Reaktionen

Der Präsident der Hochschule, Charles W. Steger, sagte über die Ereignisse: „The university was struck today with a tragedy of monumental proportions.“[16] (dt. „Die Universität wurde heute von einer Tragödie ungeheuren Ausmaßes getroffen.“) Virginias Gouverneur Tim Kaine erklärte nach der Tat den Notstand.

Von einigen Studenten und Lehrkräften wurden die Hochschulleitung und vor allem die Einsatztaktik der Polizei kritisiert, die nach dem Vorfall im Studentenwohnheim von einer Einzeltat ausging. Weder wurden die Angehörigen der Universität gewarnt, noch wurde die Hochschule evakuiert.[17]

Daneben ist durch den Vorfall die Diskussion um die liberalen Waffenrechte in den Vereinigten Staaten erneut entbrannt. In Virginia kann jeder unbescholtene Bürger über 18 Jahren Handfeuerwaffen erwerben. Präsident George W. Bush betonte in einer ersten Stellungnahme sogleich, dass jeder Bürger der USA das Recht habe, eine Waffe zu tragen. Allerdings müssten sie alle Gesetze beachten.[18] Der republikanische Präsidentschaftskandidaturbewerber John McCain schloss sich dieser Einschätzung an.[19] Die Bewertungen des Amoklaufs durch die amerikanische und internationale Presse gingen stark auseinander und erzeugten ein breites Echo im Internet.[20]

Im April 2008 einigten sich die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden des Amoklaufs mit dem US-Bundesstaat Virginia auf eine Entschädigungszahlung von 11 Millionen Dollar, im Gegenzug verzichten die Betroffenen auf ihr Recht die Universität zu verklagen. [21]

Studenten und Dozenten trauern bei einer Mahnwache um die Opfer des Amoklaufs.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Spiegel online: „Amokschütze tötet Dutzende – dann sich selbst“, 16. April 2007
  2. Spiegel Online „Wie ein Einzelgänger zum Massenmörder wurde“ 18. April 2007
  3. http://filebox.vt.edu/users/cjbishop/memory39/pages/profile-bio.html
  4. (18. April 2007). Virginia Tech Massacre: The Victims auf Fox News; David Vickrey (17. April 2007). Professor of German Killed in Virginia Tech Massacre. Beitrag auf www.dialoginternational.com (engl.; abgerufen 18. April 2007)
  5. Spiegel Online „Der Held von Norris Hall“, 17. April 2007
  6. BBC: „Virginia massacre gunman is named“, 17. April 2007 (englisch);
  7. Fox News: „Virginia Tech Massacre: The Victims“, 18. April 2007 (englisch)
  8. CNN: „Police: Virginia Tech shooter an English major, 23“, 17. April 2007 (englisch)
  9. NBC: Informationen von NBC; siehe dort unter "Slide Show Manifesto Photos" (2. Photo zeigt Paket)
  10. N24: „Ihr habt entschieden, mein Blut zu vergießen“, 19. April 2007
  11. Die Presse: "Blacksburg: Kommission soll US-Massaker untersuchen"
  12. Spiegel Online: „Todesschütze schickte US-Sender zwischen den Morden Videos und Fotos“, 19. April 2007
  13. FAZ:„Ihr habt entschieden, mein Blut zu vergießen“, 19. April 2007
  14. Spiegel Online: „Amokläufer war in psychiatrischer Behandlung“, 18. April 2007
  15. Tagesschau: „Amokläufer schickte ‚Manifest‘ an Sender“
  16. Charles W. Steger: Tragedy at Virginia Tech, offizielle Statements auf der Website der Virginia Tech, abgerufen am 17. April 2007
  17. Netzeitung: „Entsetzen nach blutigstem Amoklauf in den USA“, 17. April 2007
  18. Tagesschau „Täter studierte an Virginia Tech“, 17. April 2007
  19. RP Online: USA diskutiert über schärfere Waffengesetze, 17. April 2007
  20. Der Spiegel: Pressestimmen und die unterschiedliche Reaktion europäischer und amerikanischer Internetnutzer, 18. April 2007
  21. Spiegel Online: Betroffene erhalten 11 Millionen Dollar Schmerzensgeld


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